# taz.de -- Neues EU-Verbot gegen Stromfresser: Staub und Vorurteil | |
> Die EU verbietet Staubsauger, die Strom verschwenden. Für manche Medien | |
> ist das Anlass, gegen die Brüsseler Bürokratie zu hetzen. | |
Bild: Ab der nächsten Woche dürfen in der EU keine Staubsauger mehr verkauft … | |
Nun hat es auch der Spiegel gemerkt: „Ab September sind wattstarke | |
Staubsauger in der EU verboten“, beklagt das Hamburger Magazin in seiner | |
aktuellen Ausgabe – und schreibt weiter: „Die Gängelei geht zulasten der | |
Verbraucher.“ | |
Tatsächlich dürfen von der nächsten Woche an in der EU keine Staubsauger | |
mehr verkauft werden, die mehr als 1.600 Watt Leistung haben. Ab 2017 sind | |
dann maximal 900 Watt erlaubt. Zudem erhalten die Staubsager künftig | |
verständliche Angaben über Energieverbrauch, Reinigungsleistung und | |
Geräuschpegel – wie es etwa bei Geschirrspülern schon lange üblich ist. | |
Zehn Jahre lang ist diese Entscheidung vorbereitet worden, über deren Sinn | |
sich Umwelt- und Verbraucherschützer ausnahmsweise einmal völlig einig mit | |
der Industrie waren. Denn die zusätzliche Leistung führt nicht zu besseren | |
Saug-Ergebnissen, sondern vor allem zu mehr Lärm und Stromverbrauch. | |
Doch jetzt, wenige Tage bevor die Regelung endlich in Kraft tritt, dreht | |
nicht nur der Spiegel noch einmal richtig auf. Auch andere Medien sind | |
empört. „[1][EU bremst Staubsauger]“, schreibt der SWR auf seiner Webseite. | |
„Ab 1. September sind starke Staubsauger tabu“, warnt die Tageszeitung | |
[2][Die Welt]. „Deutschen Staubsaugern geht die Luft aus“ und „Verbotswahn | |
geht weiter“, titelt das Internet-Magazin Huffington Post. | |
## Preiswertes Gerät siegt | |
Begriffe wie „Zwangsmaßnahmen“, „Bürokratie“ und „Regulierungswut�… | |
in diesen Texten gern genutzt. Mit EU-Kritik lässt sich offenbar noch immer | |
gute Quote machen. Doch die meisten Artikel müssen am Ende einräumen, dass | |
die Reinigungsleistung der Staubsauger unter der neuen Regelung nicht | |
leiden wird – da waren sich bislang schließlich alle Experten einig. Bei | |
der strengen Stiftung Warentest siegte im Februar ein Siemens-Gerät, das | |
unter 900 Watt verbraucht und damit den Grenzwert von 2017 schon heute | |
einhält. | |
Allein der Spiegel begnügt sich nicht mit simplem Bürokratie-Bashing, für | |
das natürlich auch die längst abgeschaffte „Gurkenkrümmungsverordnung“ | |
bemüht wird. Der Spiegel-Autor schreibt zudem, dass die neue Regelung | |
„zulasten der Verbraucher“ gehen werde. Als einziger Beleg für diese | |
Unter-Überschrift wird im Text ein Halbsatz vom Hersteller Miele angeführt, | |
wonach „der Konsument ab 2017 mit Sicherheit geringe Kompromisse bezüglich | |
der Reinigungsleistung beziehungsweise Gebrauchstauglichkeit machen“ müsse. | |
Auf taz-Anfrage erklärte Miele-Sprecherin Reinhild Portmann, diese Aussage | |
habe sich nicht auf den ab 2017 geltenden 900-Watt-Grenzwert bezogen, | |
sondern auf den Wert von 250 Watt, der ab diesem Zeitpunkt gefordert ist, | |
wenn sich ein Gerät mit den besten Effizienzbewertungen A+++ oder A++ | |
schmücken will. Das liest sich in einer der Antworten des Unternehmens, die | |
der Spiegel der taz zur Verfügung stellte anders; dort werden für Geräte ab | |
2017, wie vom Spiegel berichtet, generell „geringe Kompromisse“ erwartet. | |
Allerdings schrieb Miele an den Spiegel auch andere Sätze: „Die Begrenzung | |
auf 900 Watt ab 1. September 2017 ist prinzipiell ein Schritt in die | |
richtige Richtung“, heißt es etwa. Und: „Auch mit 700 Watt lassen sich | |
hervorragende Reinigungsergebnisse erzielen.“ Diese Aussagen, die der These | |
des Autors widersprechen, werden nicht zitiert. Denn schließlich geht es um | |
das hohe Gut der Freiheit. Und dazu gehört für manche offenbar auch die | |
Freiheit von Unternehmen, Verbrauchern weiterhin Geräte unterjubeln zu | |
dürfen, die deren Geldbeutel und das Klima gleichermaßen belasten, ohne | |
irgendeinen zusätzlichen Nutzen zu bieten. | |
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, | |
der Spiegel habe mit dem verkürzten Miele-Zitat „Fehlinformationen“ | |
verbreitet. Dies ist nicht richtig, wie die Original-Mail des Unternehmens | |
zeigt. Der Spiegel hat die Aussagen von Miele zwar selektiv, aber korrekt | |
wiedergegeben. Wir bitten um Entschuldigung. | |
27 Aug 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.swr.de/landesschau-aktuell/eu-bremst-staubsauger-stromsparen-sta… | |
[2] http://www.welt.de/print/welt_kompakt/print_wirtschaft/article131202792/Ab-… | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
## TAGS | |
Verbot | |
Strompreis | |
EU-Verordnung | |
Staubsauger | |
Stromverbrauch | |
Siemens | |
Ritter Sport | |
Staubsauger | |
EU | |
Bienensterben | |
Zigaretten | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Siemens kauft US-Turbinenbauer: Münchner Fracking-Fans | |
Siemens übernimmt für sechs Milliarden Euro den US-Turbinenbauer | |
Dresser-Rand. Mit dem Zukauf will man vom Schiefergasboom in den USA | |
profiteren. | |
Streit um Schoko-Test: Voll auf die Nuss | |
Die Stiftung Warentest räumt nach der Niederlage gegen Ritter Sport ihren | |
Fehler ein. Doch die meisten ihrer Untersuchungen sind grundsolide. | |
Warentester über EU-Staubsaugerregel: „Diese Watt-Protzerei ist Unsinn“ | |
Ab Montag dürfen nur noch Staubsauger mit weniger als 1.600 Watt Leistung | |
verkauft werden. Kein Problem für die Kunden, sagt Werner Hinzpeter von der | |
Stiftung Warentest. | |
Gipfeltreffen in Brüssel: Mogherini und Tusk neue EU-Spitze | |
Es ist entschieden: Der polnische Premier Donald Tusk wird | |
EU-Ratspräsident, die italienische Außenministerin Federica Mogherini neue | |
Außenbeauftragte der Union. | |
EU verbietet Pestizid: Schutz für die Nektarsuche | |
Fipronil wird für das Bienensterben mitverantwortlich gemacht. Die EU hat | |
das Pestizid verboten. Der Einsatz in geschlossenen Gewächshäusern bleibt | |
erlaubt. | |
Pläne der EU-Kommission: Verderben auf Kippenschachteln | |
Rauchen soll unattraktiver werden. Deshalb will die EU-Kommission | |
Menthol-Zigaretten verbieten und fordert mehr Platz für Schockfotos. | |
Geplantes EU-Verbot von Cadmium: Gift in Solarzellen | |
Experten wollen Cadmium verbieten. Das schädliche Schwermetall wird in 15 | |
Prozent aller Solarmodule eingebaut. Heute entscheidet das EU-Parlament | |
darüber. | |
Nach dem Glühbirnenverbot: Händler horten Lampen | |
Wer Glühbirnen will, kann sie auch nach dem EU-Verbot noch haben. Weil sie | |
auf das Extra-Geschäft hoffen, horten viele Händler im Moment die | |
ineffizienten Lichtspender. |