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# taz.de -- Die Wahrheit: Ein Volk im Backwahn
> Skandal bei der BBC: Diana Beard soll vorigen Mittwoch beim „Great
> British Bake Off“ einen Konkurrenten sabotiert haben.
Bild: Auf dem Weg zur Unabhängigkeit lassen sich die Schotten auch von plumpen…
Die BBC ist nicht zu retten. Nach den Kindesmissbrauchsfällen beim
britischen Fernsehen mit ständig neuen Enthüllungen hat die Skandalwelle
nun auch eine bislang über jeden Verdacht erhabene Hochburg der Tradition
erreicht: das BBC-Wettbacken. Ein schwerer Zwischenfall hat die backende
Nation in die Krise gestürzt, denn das englische Grundgesetz des Fair Play
ist mit Füßen getreten worden. Nichts hasste der Engländer mehr als
Schwalben beim Fußball, doch jetzt richtet sich der Zorn gegen eine
70-jährige Hobby-Bäckerin aus der Grafschaft Shropshire. Diana Beard soll
vorigen Mittwoch beim „Great British Bake Off“ einen Konkurrenten sabotiert
haben. Bei dieser Sendung können die Zuschauer jede Woche einen Kandidaten
aus der Backstube hinauswerfen.
Vorigen Mittwoch saß die Nation gebannt vor dem Fernseher, denn es war
durchgesickert, etwas sei vorgefallen, das nach den Worten der
Preisrichterin Mary Berry „irgendwie inakzeptabel“ gewesen sei. Ein Volk,
das dem Backwahn verfallen ist, wollte natürlich wissen, um welche
Schurkerei es bei der hausbackenen Sendung ging. Die Zuschauer wurden nicht
enttäuscht.
Der rotbärtige Iain Watters aus Nordirland hatte für seinen
Wettbewerbsbeitrag ein „gebackenes Alaska“ gewählt – eine schwarze
Sesam-Eiscreme. Während die im Gefrierschrank ruhte, bereitete der
31-Jährige das Schaumgebäck zu. Doch dann zeigte die Kamera, wie Beard das
gebackene Alaska aus dem Gefrierschrank entfernte und ihren eigenen
Nachtisch hineinstellte. Als Watters seine Kreation präsentieren wollte,
war sie geschmolzen. Berry schaute die Brühe mitleidig an und fragte: „Was
ist das denn? Champignon-Suppe?“ Berry ist 79 und kennt nur die Zutaten,
die in „Mrs. Beeton’s Book of Household Management“ aus dem Jahr 1861
aufgelistet sind. Sesam gehört nicht dazu.
## Der Wettbackfan lebt auf dem Land
Watters warf sein Alaska erbost in die Mülltonne, rannte aus der Backstube
und wurde daraufhin vom Wettbewerb ausgeschlossen. Auf Twitter brach ein
Sturm der Entrüstung los, was ein wenig überrascht, denn der
durchschnittliche Wettbackfan ist 70 Jahre alt, lebt auf dem Land und hat
an technischen Errungenschaften neben dem Fernseher höchstens ein
Bakelit-Telefon mit Wählscheibe.
„Sie ist böse“, twitterte es dennoch, „steinigt sie!“ Andere forderten
„Gerechtigkeit für Iain“. Beard ist inzwischen ebenfalls aus dem Wettbewerb
ausgestiegen. Sie sei in einem Restaurant ohnmächtig geworden und mit dem
Kopf gegen eine Wand geschlagen, erklärte sie. Daraufhin habe sie ihren
Geruchs- und Geschmackssinn verloren. Für den Lynchmob ein klares
Eingeständnis ihrer Schuld. Die weist Beard von sich. „Es war eindeutig
mein Gefrierregal“, behauptet sie. „Ich habe keine Ahnung, warum er sein
gebackenes Alaska dort hingestellt hat. Ich hatte keine böse Absicht und
war selbst überrascht, dass seine Eiscreme so flüssig war.“
Die BBC will die Teilnehmer künftig auf Senftuben, Chili-Flaschen und
andere Waffen durchsuchen lassen, mit denen man die Süßspeisen der
Konkurrenz ruinieren könnte.
1 Sep 2014
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
BBC
Fernsehshow
Schottland
Irland
Verbraucher
Alkohol
Irland
England
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