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# taz.de -- Die Wahrheit: Primaten ins Weltall schießen
> Manche Menschen gehen viel zu spät in Rente. Besonders unangenehm, wenn
> sie, wie der irische Kardinal Seán Brady, Kindesmissbrauch vertuscht
> haben.
Am Samstag ist er 75 Jahre alt geworden und hat seine Rente beantragt. Ein
Anlass zum Feiern ist das keineswegs. Kardinal Seán Bradys Pensionierung
kommt 40 Jahre zu spät. Brady ist Primat der katholischen Kirche in Irland,
obwohl dieser Titel einer Schmähung der Primaten gleichkommt.
Wenn man die Worte „Kardinal Brady Bastard“ bei Google eingibt, kommt man
auf knapp 350.000 Treffer. Brady war Pfarrer und Kirchennotar, als ihm
Kinder 1975 berichteten, sie seien von Bradys Pfaffenkollegen Brendan Smyth
vergewaltigt worden. Brady ließ die Kinder nicht nur ein Papier
unterzeichnen, sondern auch auf die Bibel schwören, dass sie niemandem
davon erzählen würden.
Die Kinder hatten ihm außerdem die Namen von weiteren Opfern des
pädokriminellen Pfarrers genannt, doch Brady informierte weder Eltern noch
Polizei. Smyth wurde versetzt und konnte weitere 20 Jahre sein Unwesen
treiben. Erst 1994 wurde ihm das Handwerk gelegt.
Als 2009 herauskam, dass der Bischof von Limerick, Donal Murray, ebenfalls
Missbrauchsfälle vertuscht hatte, schwang Brady sogleich die Keule des
Gerechten. „Wenn ich in der Situation wäre“, sagte er, „dass durch mein
Versagen andere Kinder missbraucht wurden, würde ich zurücktreten.“ Ein
Jahr später war er in der Situation, aber er trat nicht zurück. Es sei
keine leichte Entscheidung gewesen, salbaderte er, aber die meisten
Menschen, mit denen er gesprochen habe, wollten, dass er bleibe. Vermutlich
waren das alles Mitglieder der Klerusbande, die Omertà geschworen hatten.
Niemand traute sich, Brady als Mittäter hinter Gitter zu bringen.
Wenn er wenigstens die Klappe halten würde. Aber er sondert nach wie vor
seinen verbalen Dünnpfiff ab. Neulich durfte er im irischen Fernsehen RTÉ
zu Themen wie Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehen seinen Finger
erheben, als ob er irgendwelche Ahnung davon habe. Das ist eigentlich ein
Grund, die Rundfunkgebühren zurückzuverlangen. Welcher Teufel ritt den
zuständigen Redakteur, dem Repräsentanten einer Institution, der jedwede
moralische Autorität abhanden gekommen ist, die Gelegenheit zu geben,
seinen Senf zu solchen Themen hinzuzugeben? Jede Taxifahrerin und jeder
Krankenpfleger wären weiß Gott besser dafür qualifiziert.
Dass er nun seinen Rücktritt eingereicht hat, der vom Papst noch abgesegnet
werden muss, liegt nicht etwa an später Einsicht. Nach Kirchenrecht muss
ein Kardinal mit 75 in Rente geschickt werden. Nur der Papst darf
weitermachen, bis er tot umfällt.
Nichts sei stärker als der Gestank der Verlogenheit, hatte Tennessee
Williams geschrieben: Er rieche nach Tod. Brady aber lebt noch, und so muss
man eine Atemschutzmaske tragen, wenn das Unglück einen in die Nähe des
Noch-Primaten führt. Früher hat man Primaten in der Raumfahrt eingesetzt.
Der erste war Gordo, ein Totenkopfaffe, der 1958 an Bord einer
Redstone-Rakete ins All befördert wurde. Diese Tradition sollte man wieder
aufleben lassen. Schießt Brady in den Weltraum.
17 Aug 2014
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Irland
Pädophilie
Missbrauchsopfer
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Irland
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