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# taz.de -- Die Wahrheit: Rebensaftwunder und Kobold-Kompensatoren
> Auf der britischen Insel gibt es äußerst findige Nachfolger des
> legendären Daniel Düsentrieb. Selbst Wasser machen sie zu Wein.
Im nächsten Leben werde ich Erfinder. Das hatte ich schon als Kind
beschlossen, weil mich der irre Daniel Düsentrieb damals mehr beeindruckte
als die Strebermaus Micky. Was der alles Interessantes erfunden hat, zum
Beispiel Intelligenzstrahlen, den Luftroller und den Kobold-Kompensator!
Eine Weile hatte ich Düsentrieb dann aus den Augen verloren, denn als
Jugendlicher hat man andere Interessen. Doch inzwischen ist meine
Begeisterung wieder geweckt, denn es gibt reihenweise Düsentriebs im
richtigen Leben. Der britische Geschäftsmann Philip „Jesus“ James zum
Beispiel hat eine „Miracle Machine“ erfunden, die Wasser in Wein
verwandelt.
Zugegeben, die Idee ist nicht neu, jemand hat den Trick bereits zu Beginn
unserer Zeitrechnung bei der Hochzeit von Kana angewendet. Und er war nicht
der Erste, sechs Jahrhunderte zuvor gab es das Weinwunder des Dionysos.
Merkwürdigerweise ereigneten sich beide Wunder am 6. Januar, dem
Epiphanias-Tag.
Damals hatten sie aber keine „Miracle Machine“. Der Preis für das Gerät
liegt bei 299 Pfund, die sich im Handumdrehen rebtiert haben. Die
Herstellung einer Flasche Wein kostet nämlich nur 1,20 Pfund, und das
Gesöff soll so gut sein wie ein Luxustropfen. Man muss das Wasser und ein
Tütchen mit Ingredenzien in die Maschine stellen, und binnen drei Tagen
vollbringen die elektrischen Sensoren, Wandler, Heizkörper und Pumpen ihr
Wunder in der Gärungskammer. Natürlich gibt es eine App, mit der man den
Prozess verfolgen kann.
Für Engländer ist die Erfindung ein Geschenk des Himmels. Über die Hälfte
der Nation gibt nicht mehr als 6 Pfund für eine Flasche Wein aus. Das
meiste davon sind Steuern, Transport- und Verpackungskosten, sodass der
Preis des unedlen Tropfens wohl auch bei 1,20 Pfund liegen dürfte. Ein
Weinlieferant sagte: „Großbritannien ist ein beschissener Markt für Wein.
Wenn du aber Reste verkaufen oder das Lager räumen willst, schick das Zeug
auf die Insel. Die saugen die billige Plörre auf.“
Aber in England verkaufen sie auch eine Erfindung, mit der man Wein kosten
kann, ohne die Flasche zu entkorken. Das Gerät kostet 285 Pfund, also fast
so viel wie die „Miracle Machine“. Doch ein Wunder vollbringt sie nicht:
Man steckt eine hohle Nadel durch den Korken. Dann pumpt die Maschine Argon
in die Flasche. Durch den Druck wird der Wein durch die Nadel gedrückt, und
man kann sich ein Gläschen abfüllen. Danach zieht man die Nadel heraus, das
Argon bleibt in der Flasche und verhindert die Oxidierung, und der Korken
heilt wie eine Fleischwunde von selbst. Das Gerät ist für Menschen gedacht,
die einen teuren Wein testen wollen, ohne die ganze Flasche zu opfern.
Vielleicht sollte ich danach streben, als Wein-Connaisseur statt als
Erfinder wiedergeboren zu werden. Bei meinem tödlichen Händchen für
elektronische Geräte wäre ich im nächsten Leben ohnehin nicht Daniel
Düsentrieb, sondern höchstens sein Helferlein, jenes elf Zentimeter kleine
Männchen aus Draht und Dichtungsringen mit einer Glühbirne als Kopf.
10 Aug 2014
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
England
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