# taz.de -- Liberale wollen neue Partei gründen: Hamburger FDP spaltet sich | |
> Bei der Hamburger FDP, die schon seit Jahren für ihre Zerstrittenheit | |
> berüchtigt ist, formiert sich eine Initiative für eine neue Partei. | |
Bild: Arme FDP: Wolfgang Kubicki glaubt, dass die Zukunft der FDP die Wahl in H… | |
HAMBURG taz | Hamburger Liberale wollen eine neue Partei gründen. Eine | |
Gruppe von Politikern um den kürzlich zurückgetretenen stellvertretenden | |
Landesvorsitzenden Najib Karim und den ehemaligen Zweiten Bürgermeister | |
Dieter Biallas will noch in diesem Monat zu einer Art | |
Vor-Gründungsversammlung einladen. Die Gruppe wolle an die sozialliberale | |
Phase der FDP vor 1982 anknüpfen, sagte Biallas. | |
Die Initiative fällt in eine kritische Zeit: Mitte Februar muss sich die | |
Hamburger FDP bei einer Bürgerschaftswahl behaupten – schafft sie es nicht, | |
könnte das Totenglöckchen für die heutigen Liberalen läuten. „Entscheidend | |
für die Zukunft der FDP ist die Wahl in Hamburg im kommenden Februar“, | |
sagte der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki mit Blick | |
auf den fatalen Wahlausgang in Sachsen. | |
Biallas und seine Mitstreiter wollen bundesweit eine Alternative zu dem aus | |
ihrer Sicht verkommenen und auf eine neoliberale Wirtschaftspolitik | |
fixierten Liberalismus der FDP schaffen. „Mit dem Wechsel von der | |
sozialliberalen zur christlich-liberalen Koalition hat der Liberalismus, | |
soweit er von der FDP vertreten wurde, durch das oft kritiklose Aufgreifen | |
rein wirtschaftlicher Wunschvorstellungen zu einer Perversion des | |
Liberalismus geführt und Besitzstandsdenken über die Ermöglichung von | |
Chancen gestellt“, heißt es im Aufruf der Initiative. | |
Dass sie von Hamburg ausgeht, ist schlüssig, denn der hiesige Landesverband | |
bietet ein seltenes Bild der Zerstrittenheit. 13 Parteivorsitzende hat er | |
in den vergangenen 25 Jahren verschlissen. 2001 verhalf er unter Rudolf | |
Lange der Schill-Partei zur Macht. Der Konteradmiral kenterte als | |
Schulsenator aus fachlichen Gründen und solchen des Führungsstils. 2004 | |
flog seine Partei nach einer Legislaturperiode wieder aus der Bürgerschaft. | |
Die Landesvorsitzenden gaben sich die Klinke in die Hand. 2007 warf der | |
Zahnarzt und Rechtsanwalt Wieland Schinnenburg von einem Augenblick auf den | |
andern den Bettel hin: Seine Partei drehe sich nur noch um sich selbst und | |
die persönlichen Animositäten ihrer Funktionäre. | |
## Zuviel persönliche Animositäten | |
Auf Schinnenburg folgte Hinnerk Fock, ehemaliger Protokollchef des Senats | |
und Bezirksamtsleiter. Nur ein Jahr später versucht ihn der damalige | |
Bundestagsabgeordnete Burkhardt Müller-Sönksen vom Thron zu stoßen. Er | |
scheitert, statt seiner wird Rolf Salo gewählt, ein ehemaliger | |
stellvertretender Landesvorsitzender, der wiederum mit Fock nicht gekonnt | |
hatte und deshalb zurückgetreten war. | |
Heute knirscht es zwischen der Fraktionsvorsitzenden Katja Suding und der | |
Landesvorsitzenden Sylvia Canel. Die Hoffnungsträgerin Suding, die mit | |
ihrer medialen Wirkung wesentlich dazu beigetragen hatte, die FDP in die | |
Bürgerschaft zu hieven, bestand darauf, dass nur sie, nicht aber Canel auf | |
der Landesliste kandidieren dürfe. Bei der Landesvertreterversammlung | |
räumte Suding ein, dass es zwischen ihr und Canel nur um persönliche Dinge | |
gehe. „Es gibt keine politischen Differenzen“, sagte sie. | |
Partei-Gründer in spe Biallas ist das ein Beispiel dafür, dass sich die FDP | |
nie homogenisiert habe. Stets sei es um Personal und Pöstchen gegangen. Dem | |
FDP-Bundesvorsitzenden Christian Lindner nimmt er übel, dass dieser in dem | |
Streit zwischen Suding und Canel Partei ergriffen und ihn damit verschärft | |
habe. Das sei ein Fehler gewesen. | |
Vier Jahrzehnte lang habe er mit wachsendem Unbehagen die Entwicklung | |
seiner Partei verfolgt, sagt Biallas. Jetzt sei es genug: „Seit der letzten | |
Bundestagswahl bin ich zum Ergebnis gekommen, dass man diesen Kadaver nicht | |
mehr beleben kann.“ Er sei zwar selbst schon 78, wolle aber, dass Politik | |
für seine Kinder und Enkel gemacht werde – etwa mit Blick auf die Folgen | |
der Alterung der Gesellschaft. Davor drücke sich auch die Bundesregierung. | |
Die FDP müsse sich ihrer rechtsstaatlichen Tradition besinnen und wieder | |
mehr werden als eine Standesvertretung des Bürgertums. | |
1 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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