# taz.de -- Schottisches Unabhängigkeitsreferendum: Separatisten holen mächti… | |
> Neue Umfrageergebnisse deuten auf eine Wende bei der Abstimmung am 18. | |
> September hin. Der Wahlkampf wird mit harten Bandagen geführt. | |
Bild: Wer in diesen Schottenröcken steckt, will bestimmt die Loslösung von Lo… | |
DUBLIN taz | Die Sache wird spannend. Am 18. September stimmen die Schotten | |
über ihren Austritt aus dem Vereinigten Königreich ab, und die Befürworter | |
der Unabhängigkeit holen rapide auf. Nach der neuesten Umfrage des | |
Instituts YouGov, das bisher stets höhere Zahlen als andere | |
Umfrageinstitute für die Nein-Seite ermittelt hatte, wollen 47 Prozent der | |
SchottInnen mit Ja und 53 Prozent mit Nein stimmen. | |
Noch Anfang August hatte der Vorsprung der Unabhängigkeitsgegner 22 | |
Prozentpunkte betragen, Mitte des Monats waren es immerhin noch 14 | |
Prozentpunkte. Das Wahlverhalten unterscheidet sich nach Geschlecht, Alter | |
und Einkommen: Männer, junge Leute und Menschen aus der Arbeiterklasse | |
tendieren zu einem Ja. | |
Die Nein-Sager haben das Momentum verloren. Viele Wähler finden ihre | |
„Kampagne der Angst vor dem Ungewissen“ ermüdend. Welchen Vorteil es hätt… | |
im Vereinigten Königreich zu bleiben, können sie nicht benennen. | |
Symptomatisch war der Zwischenruf eines Studiogastes bei der zweiten | |
Fernsehdebatte zwischen dem Premierminister und Chef der Scottish National | |
Party (SNP), Alex Salmond, und dem früheren Labour-Minister Alistair | |
Darling. „Wenn es uns als Teil des Vereinigten Königreichs besser geht, | |
warum geht es uns dann nicht jetzt schon besser?“ Darauf hatte Darling, der | |
die von Labour, Tories und Liberaldemokraten gemeinsam geführte Kampagne | |
„Better Together“ leitet, keine Antwort. | |
Ebenso wenig konnte er das Versprechen konkretisieren, dass dem | |
schottischen Parlament im Falle eines Nein weitere Rechte übertragen werden | |
sollen, denn da sind sich die drei Parteien uneinig. | |
Die Befürworter der Unabhängigkeit haben es geschafft, zahlreiche | |
Labour-Wähler auf ihre Seite zu ziehen. Es gibt inzwischen eine Gruppe, die | |
sich „Labour für Unabhängigkeit“ nennt und am Wahlkampf auf der Ja-Seite | |
teilnimmt, ebenso wie viele Parteilose und sogar einige Tories für die | |
Unabhängigkeit eintreten. | |
Wie stark diese Gruppe ist, weiß man spätestens am 18. September, denn sie | |
sind der Schlüssel für einen Sieg der Separatisten. Die wichtigste Rolle | |
bei der Entscheidung der Wähler spielen natürlich wirtschaftliche Punkte | |
wie die Währungsfrage und die EU-Mitgliedschaft. | |
## Ein Mob singt „Rule Britannia“ | |
Schon 1707, als das schottische Parlament aufgelöst und Schottland mit | |
England vereinigt wurde, ging es zwar teils um strategische, aber vor allem | |
um ökonomische Fragen. Die Engländer befürchteten, dass ein unabhängiges | |
Schottland die Allianz mit Frankreich wieder aufleben lassen und sich gegen | |
England stellen könnte. Die schottischen Politiker stimmten der Union zu, | |
weil ihr Land faktisch pleite war. Darüber hinaus wurden zahlreiche | |
schottische Abgeordnete bestochen. Das Volk hingegen lehnte die Union | |
mehrheitlich ab. Als das Land am Rand eines Bürgerkrieges stand, rief das | |
Parlament das Kriegsrecht aus. | |
So weit ist es diesmal zwar nicht, doch die Umgangsformen werden rüder. Der | |
frühere britische Schottland-Minister Jim Murphy unterbrach seine Tournee | |
„100 Städte in 100 Tagen“, nachdem er in Kirkcaldy von Separatisten mit | |
Eiern beworfen wurde. In Glasgow wurde eine Schwangere von Gegnern der | |
Unabhängigkeit attackiert, weil sie für ein Ja argumentierte. Ein | |
55-Jähriger wurde deshalb festgenommen. Und vor dem Fußballstadion der | |
Hearts of Midlothian in Edinburgh wurden am Wochenende die „Hearts-Anhänger | |
für Unabhängigkeit“ von einem Mob eingekesselt, der „Rule Britannia“ sa… | |
Der stellvertretende schottische Polizeichef Bernard Higgins erwartet, dass | |
solche Zwischenfälle in den verbleibenden 14 Tagen zunehmen werden. „Die | |
Polizei ist auf das Referendum aber gut vorbereitet“, sagte er. „Die | |
Sicherheit der Öffentlichkeit hat für uns Priorität.“ Auf beiden Seiten | |
gibt es Stimmen, die vor gewaltsamen Konfrontationen warnen: Man müsse ja | |
nach dem 18. September weiterhin zusammen leben und arbeiten, egal wie das | |
Referendum ausgehe. | |
2 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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