# taz.de -- Lauschangriff auf die Türkei: Die große Empörung bleibt aus | |
> Deutschland verhält sich im Streit über die Spionage in der Türkei wie | |
> Washington zu Berlin. Abhören unter Freunden erscheint den Türken als | |
> normal. | |
Bild: Der neue Präsident: Erdogan | |
ISTANBUL taz | Es liest sich wie ein Déjà-vu. Genauso, wie die USA | |
Deutschland vor einigen Monaten abfertigten, reagiert nun Berlin auf | |
Beschwerden und Anfragen aus Ankara. Glaubt man der türkischen Tageszeitung | |
Hürriyet, wurde deren Korrespondent von einem deutschen, nicht genannten | |
Minister gesagt, man werde sich für die Spionage des BND in der Türkei | |
nicht entschuldigen. | |
Deutschland würde auch nicht daran denken, mit der Türkei ein | |
No-Spy-Abkommen abzuschließen. Im Übrigen, soll der Minister gesagt haben, | |
mache der türkische Geheimdienst MIT in Deutschland doch wahrscheinlich | |
dasselbe wie der BND in der Türkei. | |
Die Hürriyet-Zitate sind nicht offiziell, aber es stimmt wohl, was die | |
Zeitung berichtet. Vor einer Woche war der deutsche Innenminister Thomas de | |
Maizière zur Amtseinführung von Präsident Tayyip Erdogan in Ankara und | |
sprach anschließend mit seinem türkischen Kollegen Efkan Ala. Von einer | |
Entschuldigung wurde nichts bekannt, stattdessen trafen anschließend – wie | |
auch im Fall Deutschland/USA – die Chefs der beiden Geheimdienste zusammen. | |
Noch mauer sind die Reaktionen der USA auf die Spiegel-Enthüllungen von | |
dieser Woche, nach denen die NSA jahrelang die türkische Führung abgehört | |
hat. Die Sprecher des Weißen Hauses verweigern jeden Kommentar dazu und das | |
Außenministerium in Ankara konnte noch nicht einmal den amerikanischen | |
Botschafter einbestellen, weil es zurzeit in der Türkei keinen gibt. | |
Stattdessen musste sich dann der Geschäftsträger der US-Botschaft die | |
Beschwerde anhören. | |
## Bekannte Unsitte | |
So richtig empört ist man in Ankara zumindest nach außen hin nicht. | |
Präsident Erdogan sagte vor Journalisten, er werde auf dem Nato-Gipfel in | |
Wales sowohl mit der deutschen Kanzlerin als auch mit US-Präsident Obama | |
über die Spionagetätigkeit im Nato-Partnerland reden. Er dämpfte allerdings | |
die Erwartungen und meinte, es sei wohl heutzutage normal, dass alle großen | |
Staaten mit entsprechenden Geheimdiensten diese überall einsetzen würden. | |
Ein Angehöriger des Geheimdienstes MIT meinte, auch in der Türkei sei | |
Abhören eine bekannte Unsitte, durch die man aber nichts Wichtiges mehr | |
erfahren könne. | |
Dass die Empörung sich in Ankara in Grenzen hält, hat sicher auch mit den | |
Entwicklungen in Syrien und im Irak zu tun. Ein Bereich, für den sich | |
sowohl der BND wie auch die NSA und die CIA interessiert haben dürften, ist | |
die verdeckte Unterstützung radikaler Gruppen – bis hin zur Terrormiliz | |
„Islamischen Staat“ (IS) – durch den türkischen Dienst. | |
Die Kritik daran war in den letzten Monaten immer lauter geworden. | |
Angesichts des IS-Terrors wird die Türkei von ihren Nato-Verbündeten jetzt | |
massiv bedrängt, ihre Haltung zu ändern und sich dem Kampf gegen die | |
Dschihadisten im Irak und Syrien anzuschließen. Nach dem Nato-Gipfel wird | |
jedenfalls US-Verteidigungsminister Hagel in Ankara erwartet. | |
3 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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