# taz.de -- Erdogan ist 12. Präsident der Türkei: Vereidigt und umstritten | |
> Er hat's geschafft: Erdogan ist offiziell Präsident der Türkei. | |
> Abgeordnete der Opposition verließen vor der Vereidigung den Saal. | |
> Westliche Staatschefs blieben fern. | |
Bild: Habe „bewusst und willentlich gegen die Verfassung verstoßen“, sagt … | |
ANKARA dpa | Nach mehr als elf Jahren als Ministerpräsident ist der | |
islamisch-konservative Politiker Recep Tayyip Erdogan als erstes vom Volk | |
gewähltes Staatsoberhaupt der Türkei vereidigt worden. Erdogan leistete | |
seinen Amtseid am Donnerstag im Parlament in Ankara, das zu einer | |
Sondersitzung zusammenkam. | |
Der 60-Jährige ist das zwölfte Staatsoberhaupt der im Jahr 1923 gegründeten | |
Republik. Bei der Wahl am 10. August hatte er knapp 52 Prozent der Stimmen | |
gewonnen. Erdogan war seit März 2003 Ministerpräsident des Landes. | |
Abgeordnete der größten Oppositionspartei CHP verließen vor Erdogans | |
Vereidigung demonstrativ den Saal. Als Ministerpräsident und Vorsitzender | |
der islamisch-konservativen Partei AKP folgt Erdogan der bisherige | |
Außenminister Ahmet Davutoglu nach. Der Vorsitzende der nationalistischen | |
Oppositionspartei MHP nannte Davutoglu einen | |
„Marionetten-Ministerpräsidenten“. | |
Mit seinem Amtseid schwor Erdogan am Donnerstag unter anderem, sich an die | |
Verfassung zu halten, die Neutralität des Amtes zu achten sowie die | |
Demokratie und die Prinzipien der säkularen Republik zu wahren. Nach seinem | |
Amtseid besuchte Erdogan das Mausoleum von Republikgründer Mustafa Kemal | |
Atatürk in Ankara. | |
Weiterhin kündigte Erdogan an, sich verstärkt für einen Beitritt seines | |
Landes zur Europäischen Union einzusetzen. „Der Pfad der Türkei zur EU, der | |
ein strategisches Ziel ist, wird entschiedener fortgesetzt“, sagte er. Zu | |
den weiteren Schwerpunkten seiner Politik gehörten demokratische Reformen | |
und der Friedensprozesses im Konflikt mit den Kurden. | |
Der Chef der sozialdemokratisch-kemalistischen CHP, Kemal Kilicdaroglu, | |
warf Erdogan vor dessen Vereidigung Verfassungsbruch vor. „Recep Tayyip | |
Erdogan hat bewusst und willentlich gegen die Verfassung verstoßen“, sagte | |
er nach Angaben der Nachrichtenagentur Dogan in Istanbul. Erdogan lege | |
seinen Amtseid auf „Lügen“ ab. | |
## Militärische Ehren im Präsidentenpalast | |
Erdogan war am 10. August bereits im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit | |
in einer Direktwahl zum Präsidenten gewählt worden. Nach Ansicht der | |
Opposition hätte Erdogan mit der Verkündung des amtlichen Endergebnisses | |
durch die Wahlkommission am 15. August seine Ämter als Ministerpräsident | |
und Parteichef der AKP abgeben müssen. | |
Die Verfassung besagt, dass bereits der designierte Präsident keine | |
Verbindungen zu Parteien haben darf und sein Parlamentsmandat niederlegen | |
muss. Die Regierung verzögerte allerdings die Bekanntgabe des Wahlsiegers | |
im Amtsanzeiger bis Donnerstag. Sie argumentierte, bis dahin dürfe Erdogan | |
seine alten Posten weiter innehaben. | |
Der bisherige Präsident Abdullah Gül empfing seinen Nachfolger am Abend mit | |
militärischen Ehren im Präsidentenpalast in Ankara. Erdogans Fahrzeug wurde | |
von einer Reiterstaffel hineingeleitet. Gül – der wie Erdogan zu den | |
AKP-Mitgründern gehört – hatte sich vor allem auf zeremonielle Aufgaben | |
beschränkt. Gül hat angekündigt, nach seinem Ausscheiden aus dem Amt zur | |
AKP zurückzukehren. | |
Zur Amtseinführung Erdogans waren nach Berichten regierungsnaher türkischer | |
Medien mehr als 25 Staats- und Regierungschefs erwartet worden, die meisten | |
davon aus Osteuropa, Afrika oder Zentralasien. Westliche Staats- und | |
Regierungschefs reisten nicht an. Der ukrainische Präsident Petro | |
Poroschenko sagte seine Teilnahme wegen des Konflikts mit Russland ab. | |
Deutschland wurde durch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) | |
vertreten. | |
28 Aug 2014 | |
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