# taz.de -- Neue Regierung im Irak: Al-Abadi wartet auf Minister | |
> Die Bildung einer Regierung ist gelungen, auch wenn noch wichtige | |
> Ressorts vakant sind. Probleme machen aber die Kurden. | |
Bild: Noch nicht komplett: das Kabinett von al-Abadi | |
ISTANBUL taz | In Washington herrscht Erleichterung. Mehr als vier Monate | |
nach den Parlamentswahlen und mitten im zähen Kampf gegen die Extremisten | |
des Islamischen Staats (IS) hat der Irak endlich eine neue Regierung. In | |
einer teils stürmischen Sitzung sprachen die Abgeordneten dem Kabinett von | |
Ministerpräsident Haider al-Abadi am späten Montagabend das Vertrauen aus. | |
Als einer der ersten gratulierte der amerikanische Präsident Barack Obama | |
Abadi zu der „breit abgestützten Regierung“. Obama und Abadi seien sich | |
einig, dass die neue Regierung schnell konkrete Schritte unternehmen müsse, | |
um dem legitimen Unmut der Iraker zu begegnen, teilte das Weiße Haus mit. | |
Zudem habe Obama erklärt, dass er seine Bemühungen um eine Koalition gegen | |
den (IS) fortsetzen werde. | |
Außenminister John Kerry, der dazu Dienstag in den Nahen Osten reiste, | |
lobte die neue Regierung ebenfalls. Die Amerikaner, die seit Anfang August | |
IS-Stellungen im Irak bombardieren, hatten eine Ausweitung der | |
militärischen Unterstützung von einer Einbindung aller religiösen und | |
ethnischen Gruppen, allen voran der Sunniten, in die Regierung abhängig | |
gemacht. | |
Dieses Ziel hat Abadi zumindest formal erreicht. Seinem Kabinett gehören | |
neben Schiiten, Sunniten und Kurden auch ein Christ und ein Turkmene an. | |
Dass die Regierung allerdings breiter abgestützt ist als die von Abadis | |
Vorgänger und Parteikollege Nuri al-Maliki, ist ein Trugschluss. Maliki ist | |
jetzt einer von drei Vizepräsidenten; die anderen beiden sind der ehemalige | |
Parlamentspräsident Osama Nujeifi, ein Sunnit, und der säkulare Schiit Ajad | |
Alawi. Aber Maliki ist für viele Sunniten ein rotes Tuch. | |
## Los der Besetzung | |
Als stellvertretender Ministerpräsident ist Saleh Mutlak wie bisher der | |
einzige Sunnit, der einen einflussreichen Posten hält. Wie schwierig es | |
ist, einen Kompromiss zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden zu finden, | |
zeigt die Besetzung des Verteidigungs- und Innenressorts. Die beiden Posten | |
bleiben vorerst vakant. Offenbar in letzter Minute zog Abadi die Ernennung | |
von Haider al-Ameri, dem Chef der von Sunniten gefürchteten schiitischen | |
Badr-Miliz, zum Innenminister zurück. | |
Im Gegenzug ernannte Abadi freilich keinen Sunniten zum | |
Verteidigungsminister. Abadi gab den Fraktionen eine Woche Zeit, neue | |
Kandidaten zu benennen. Abadi müsse nun seine Glaubwürdigkeit und guten | |
Absichten beweisen, sagte der prominente sunnitische Abgeordnete Hamid | |
Mutlak am Dienstag. | |
## Richtigen Ton getroffen | |
Um eine Haar wäre die Regierungsbildung freilich nicht an den Sunniten, | |
sondern an den Kurden gescheitert. Sie hatten die Lösung der seit Jahren | |
strittigen Fragen zur Bedingung für ihre Regierungsbeteiligung gemacht: | |
eigenständige Ölverkäufe, Status der Peschmerga, Budgetzahlungen und die | |
Kontrolle über die umstrittenen Gebiete um Kirkuk und Mossul. Ihre | |
Zustimmung zum Kabinett machten sie jedoch davon abhängig, dass Abadi | |
binnen drei Monaten ihre Forderungen erfüllt. Immerhin fand der 62-jährige | |
Schiit den richtigen Ton, indem er die Peschmerga als Helden pries. Den | |
ehemaligen Außenminister Hoshyar Zebari ernannte er zu einem seiner drei | |
Stellvertreter, und mit Rosch Nuri Schaweys erhalten die Kurden das | |
Finanzministerium. | |
Der Löwenanteil der Ministerien ging jedoch an Schiiten, aber auch im | |
eigenen Lager provozierte Abadi Unmut. Insofern wird er viel | |
Fingerspitzengefühl und Verhandlungsgeschick brauchen, um seine Koalition | |
zusammenzuhalten. Für den Kampf gegen den IS ist die Regierung allenfalls | |
ein erster, wenn auch wichtiger Schritt. | |
9 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Inga Rogg | |
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