| # taz.de -- US-Strategie im Nahen Osten: Neuer Krieg gegen den Terror | |
| > Präsident Obama will die Milizen des „Islamischen Staats“ im Irak und in | |
| > Syrien bekämpfen. Mit einem Dreistufenplan und ohne Bodentruppen, sagt | |
| > er. | |
| Bild: Peschmerga-Kämpfer beobachten IS-Stellungen in der irakischen Stadt Duz … | |
| BERLIN taz | Noch in der vergangenen Woche hatte US-Präsident Barack Obama | |
| vor Journalisten im Weißen Haus erklärt, die US-Regierung habe „noch keine | |
| Strategie“ gegen die Milizen des „Islamischen Staates“ (IS) im Irak und in | |
| Syrien. Das hat sich offenbar geändert: Nach massiver Kritik an seinen | |
| Worten erklärte Obama am Sonntag im Interview mit dem Fernsehsender NBC, es | |
| sei jetzt an der Zeit, gegen IS in die Offensive zu gehen. An diesem | |
| Dienstag will sich Obama mit den politischen Spitzen aus Senat und | |
| Repräsentantenhaus treffen, am Mittwoch, am Vorabend des Jahrestages der | |
| Anschläge vom 11. September 2001, will er in einer Ansprache an die Nation | |
| seine Strategie darlegen. | |
| Nach einem Bericht der New York Times wird der US-Präsident dabei einen | |
| Dreiphasenplan vorstellen. Phase eins sei bereits im Gange, wird es da | |
| heißen: Dabei geht es um den Schutz ethnischer und religiöser Minderheiten | |
| und US-amerikanischen Personals. Rund 145 Luftangriffe haben die USA zu | |
| diesem Zweck bislang im Irak geflogen – zuletzt am Wochenende rund um den | |
| von IS-Einheiten bedrohten Haditha-Staudamm in der irakischen Provinz | |
| Anbar. | |
| Auch diese Angriffe waren bereits eine Ausweitung: Eigentlich wollten die | |
| USA erst in der überwiegend von Sunniten bewohnten Provinz aktiv werden, | |
| wenn in Bagdad eine neue Regierung unter Einschluss der Sunniten gebildet | |
| wäre. Doch der Streit über die Ansprüche der kurdischen Vertreter nach | |
| deren erfolgreicher Verteidigung mehrerer Provinzen gegen den IS verzögerte | |
| die Regierungsbildung. | |
| In der zweiten Phase, die mit der abgeschlossenen irakischen | |
| Regierungsbildung beginnen soll, wollen die USA die irakische Armee, | |
| kurdische Kämpfer und sunnitische Milizen gegen den IS ausbilden und | |
| bewaffnen. | |
| ## Das Assad-Regime ist nicht mehr der Hauptgegner | |
| Die dritte Phase beschreibt Obama laut New York Times als die schwierigste, | |
| die bis zu drei Jahre in Anspruch nehmen könnte: die Zerstörung von IS in | |
| Syrien. Bislang haben die USA dort keine Luftangriffe geflogen. Syriens | |
| Präsident Baschar al-Assad hatte die USA eingeladen, an seiner Seite gegen | |
| IS zu kämpfen – worauf Washington freilich nicht eingegangen war. | |
| Im NBC-Interview sagte Obama, er wolle in seiner Rede an die US-Bevölkerung | |
| eindeutig klarstellen, dass „dies nicht der Irakkrieg“ von 2003 ist. Den | |
| Einsatz US-amerikanischer Bodentruppen schließt Obama weiterhin kategorisch | |
| aus. Stattdessen ginge es darum, gegen den IS fortzusetzen, was die USA „in | |
| den letzten fünf, sechs, sieben Jahren“ erfolgreich praktizierten: der | |
| Krieg gegen Terroristen per Drohne und Luftangriff. | |
| Er gehe nicht davon aus, dass IS derzeit eine unmittelbare Bedrohung für | |
| die USA darstellten, sagte Obama, allerdings könnten etwa zurückkehrende | |
| Kämpfer mit europäischen Pässen womöglich unbehelligt in die USA einreisen | |
| und dann tatsächlich deren Sicherheit bedrohen. Er wolle, dass die | |
| US-Amerikaner die Bedrohung verstehen und der Regierung Vertrauen schenken. | |
| „Ich möchte, dass die Menschen verstehen, dass wir in den nächsten Monaten | |
| nicht nur das Momentum von IS stoppen können werden. Wir werden ihre | |
| Fähigkeiten systematisch schwächen, wir werden das von ihr kontrollierte | |
| Gebiet deutlich verkleinern. Und letztlich werden wir sie besiegen.“ | |
| Zu möglichen Allianzen – außerhalb jener Nato-Staaten, die beim Gipfel in | |
| Wales ihre Unterstützung erklärt hatten – äußerte sich Obama zunächst | |
| genauso wenig wie zu der Frage eines möglichen Friedensschlusses in Syrien. | |
| Allerdings machte Obama klar, dass nunmehr nicht mehr das Assad-Regime der | |
| Hauptgegner der USA ist: „Unsere Haltung gegenüber Assad ist nach wie vor, | |
| dass er durch seine Handlungen, durch den Einsatz von Chemiewaffen gegen | |
| das eigene Volk, durch den Abwurf von Fassbomben, die unschuldige Kinder | |
| töten, jede Legitimität verloren hat. Aber der Schwerpunkt unserer Politik | |
| und der Allianz, die wir schmieden, ist IS“, sagte Obama. Unklar ist, ob | |
| US-Militärschläge in Syrien im Einverständnis mit dem dortigen Regime | |
| durchgeführt werden sollen. Und ein Problem bleibt in jedem Fall: Angriffe | |
| auf den IS in Syrien könnten indirekt Syriens Diktator im Bürgerkrieg | |
| stützen. | |
| US-amerikanische und britische Experten gehen davon aus, dass sowohl der | |
| Iran als wichtigster Unterstützer der Regierungen in Irak und Syrien als | |
| auch Saudi-Arabien als wichtigster Unterstützer der Opposition in eine | |
| Strategie gegen IS eingebunden sein müssten. „IS als gemeinsamer Feind | |
| bietet den beiden Erzfeinden die vielleicht letzte Chance zur | |
| Zusammenarbeit“, schreibt Nahost-Expertin Jane Kinninmont vom Thinktank | |
| Chatham House im britischen Guardian. Und, ergänzt sie, der Westen müsse | |
| anfangen, die eigenen Fehler zu erkennen, die zur Entstehung des „Monsters“ | |
| IS geführt hätten. | |
| 8 Sep 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernd Pickert | |
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