# taz.de -- Erfurts OB über Wahl in Thüringen: „Die CDU ist grenzenlos flex… | |
> Erfurts SPD-Oberbürgermeister Andreas Bausewein über seine Partei in | |
> Thüringen, eine mögliche rot-rote Koalition und kaputtgesparte Kommunen. | |
Bild: Es werde gerne vergessen, „dass die DDR-CDU keine Oppositionspartei war… | |
taz: Herr Bausewein, wie ist die Stimmung an der SPD-Basis: für Bodo | |
Ramelow oder eher für Christine Lieberknecht? | |
Andreas Bausewein: Das schwankt. Die SPD-Basis ist da genauso gespalten wie | |
unsere Wählerschaft. Die städtischen Kreisverbände tendieren mehr Richtung | |
Linkspartei, die ländlichen eher nicht. Allerdings sind auch viele Gegner | |
von Rot-Rot in der Partei nach fünf Jahren Großer Koalition etwas | |
desillusioniert, was die CDU angeht. | |
Einige Exbürgerrechtler und Mitbegründer der Ostsozialdemokraten | |
protestierten gegen Rot-Rot. Was halten Sie davon? | |
Nicht viel. Sächsische Sozialdemokraten wie Herr Weißgerber hätten besser | |
mehr dafür getan, die SPD bei den Sachsen-Wahlen zu stärken, anstatt uns | |
Ratschläge zu geben. Außerdem wird gerne vergessen, dass die DDR-CDU keine | |
Oppositionspartei war. Marion Walsmann, bis vor einem Jahr CDU-Ministerin | |
in Erfurt und noch immer Landtagsabgeordnete, hat 1989 als | |
Volkskammerabgeordnete den chinesischen Genossen gratuliert, die auf dem | |
Tiananmen ein Massaker angerichtet hatten. Das wird einfach ausgeblendet. | |
Die CDU scheint 1989 aus dem Nichts entstanden zu sein. Ich plädiere dafür, | |
zu schauen, wie die Einzelnen zu ihrer Geschichte stehen. CDU-Leute tun | |
meistens so, als hätte es sie vor Wende nicht gegeben. Das ist bei der | |
Linkspartei – gezwungenermaßen – anders. | |
Frank Kuschel und Ina Leukefeld waren IM und sind in der Linksfraktion in | |
Thüringen. Ist das nicht problematisch? | |
Doch, natürlich ist das ein Problem. Es muss klar sein, dass die beiden | |
nicht der Landesregierung angehören, falls es Rot-Rot gibt. Aber: Wir | |
können anderen Parteien nicht vorschreiben, wen sie für den Landtag | |
aufstellen. Und wir können Wählern nicht vorschreiben, wen sie zu wählen | |
haben. Frau Leukefeld hat 2009 ihr Mandat in Suhl mit großem Abstand direkt | |
gewonnen. Und: Das Beispiel Sachsen zeigt, wohin es führt, wenn sich die | |
SPD von der Linkspartei scharf abgrenzt – jedenfalls nicht zu rauschenden | |
Wahlerfolgen. | |
Die SPD-Politikerin Sabine Doht will aus der SPD austreten, wenn es zu | |
Rot-Rot kommt … | |
Das ist untypisch für die SPD in Thüringen. Vor zehn, fünfzehn Jahren hätte | |
es fünfzig Sozialdemokraten gegeben, die Ähnliches gesagt hätten. 2014 | |
müssen Medien schon sehr lange suchen, um solche Stimmen zu finden. | |
Also alles normal? | |
Das zeigt, dass das Verhältnis der SPD zur Linkspartei unverkrampfter | |
geworden ist. Die Debatte wird nicht mehr so scharf und prinzipiell | |
geführt, eher pragmatisch. In den Kommunen arbeiten SPD und Linkspartei | |
sowieso gut zusammen. In der Stadt Erfurt ist Rot-Rot-Grün wiedergewählt | |
worden, zum Teil mit Stimmenzuwachs. | |
Was passiert nach der Wahl am Sonntag? Was macht die CDU? | |
Wenn es um die Macht geht, ist die CDU grenzenlos flexibel. Sie wird viel | |
aufgeben, um weiterzuregieren. Ich bin sicher, dass auch die Gebietsreform, | |
gegen die sich die CDU sträubt, am Montag ganz anders gesehen wird. Wir | |
haben Landkreise und kreisfreie Städte mit weniger als 40.000 Einwohnern. | |
Es gibt in Thüringen 900 Gemeinden, in Sachsen 450, obwohl Sachsen doppelt | |
so viele Einwohner hat. Das ist auf Dauer nicht zu finanzieren. Und das | |
wird auch die CDU verstehen, wenn sie nur so an der Macht bleiben kann. | |
Geht inhaltlich mit der Linkspartei mehr als mit der CDU? | |
In der Sozialpolitik, etwa bei der kostenfreien Kita, werden wir uns | |
schneller mit Linkspartei und Grünen einigen. Das gilt auch für die | |
Kommunalfinanzen. Der derzeitige CDU-Finanzminister saniert den | |
Landeshaushalt, indem die Kommunen kaputtgespart werden: Ein Drittel der | |
Gemeinden in Thüringen hat 2014 noch keinen Haushalt verabschiedet. Auch da | |
erhoffe ich von einer neuen Regierung Besserung. | |
Also Rot-Rot? | |
Ich lege mich nicht fest. Aber: Es gab nur zwei Große Koalitionen, in denen | |
die Sozialdemokraten Juniorpartner waren und danach Wahlen gewonnen haben: | |
Geführt von Willy Brandt 1969 und in Mecklenburg-Vorpommern 1998, als | |
Landtags- und Bundestagwahl auf einen Tag fielen und Bundeskanzler Helmut | |
Kohl abgewählt wurde. Sonst haben wir in dieser Rolle immer verloren. Das | |
heißt aber nicht, dass es uns als Juniorpartner in einer von der | |
Linkspartei geführten Regierung automatisch besser gehen würde. | |
14 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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