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# taz.de -- Pläne in Brandenburg: Flüchtlinge ab ins Nirgendwo
> Brandenburgs Zentrale Erstaufnahmestelle soll wegen Überfüllung einen
> zweiten Standort bekommen: in einer abgelegenen Kaserne. CDU und AfD
> wettern dagegen.
Bild: Nicht gerade einladend: ein Gebäude der ehemaligen Lausitz-Kaserne in Do…
Brandenburgs Zentrale Erstaufnahmestelle für Asylbewerber in
Eisenhüttenstadt ist chronisch überfüllt. Das Land sucht nach einer Lösung.
Neben der AfD versucht auch die CDU, mit dem Thema Stimmung zu machen.
Seit Anfang der 1990er Jahre werden in der schrumpfenden Stahlstadt an der
Oder alle Asylbewerber untergebracht, die das Land Brandenburg aufnimmt.
Nach etwa drei Monaten sollen sie von dort auf die Landkreise verteilt
werden. Doch seit ein paar Jahren wird es auf dem Gelände, auf dem auch der
Abschiebeknast des Landes steht, immer enger für die Flüchtlinge: Für etwa
600 Menschen war die Einrichtung einst konzipiert. Mittlerweile sind meist
doppelt so viele Flüchtlinge dort untergebracht. Deshalb soll es nun eine
Außenstelle mit zusätzlichen 800 Plätzen geben.
## Zu spät informiert?
Kürzlich sickerte durch, dass das Land für die neue Außenstelle auch eine
frühere Bundeswehrkaserne im 9.000 Einwohner Städtchen Doberlug-Kirchhain
ganz im Süden des Landes im Blick hat. Schon im kommenden Jahr könnte es so
weit sein. Der Bürgermeister will davon erst aus der Presse erfahren haben.
Diesem Thema konnten konservative Landespolitiker in der Endphase des
Landtagswahlkampfs kaum widerstehen: So polterte zunächst Alexander
Gauland, Spitzenkandidat der Alternative für Deutschland (AfD), das Land
würde keine größere Erstaufnahmestelle benötigen, wenn abgelehnte
Asylbewerber konsequent abgeschoben werden würden. Und auch CDU-Chef
Michael Schierack sprach von einer Überforderung der Kleinstadt. Er wirft
dem Land vor, nicht früh genug mit den Bürgern vor Ort geredet zu haben.
Die Frage der taz, inwiefern die Flüchtlinge die Stadt, die weder für die
Unterbringung noch für die Asylverfahren zuständig wäre, überfordern
würden, beantwortete die brandenburgische CDU nicht. In der Landesregierung
wehrt man sich derweil gegen den Vorwurf, zu spät informiert zu haben.
„Sowohl der Bürgermeister als auch der Landrat wurden deutlich vor den
Medienberichten darüber informiert, dass das Land Interesse an dem Standort
Doberlug-Kirchhain hat“, sagte Wolfgang Brandt, Sprecher des
brandenburgischen Innenministeriums. Pikantes Detail: Landrat des Kreises
Elbe-Elster ist Christian Jaschinsky (CDU), der Ehemann von Schieracks
Generalsekretärin Anja Heinrich.
## Land wiegelt ab
Das Land versucht nun die Wogen zu glätten: Es sei noch gar nicht klar, ob
die Außenstelle überhaupt in Doberlug-Kirchhain eingerichtet werde, so
Brandt: „Es gibt derzeit keine konkreten Planungen für diesen Standort.“
Allerdings stehe das Land unter Zeitdruck: Man brauche ein Objekt, das sich
rasch für eine voll funktionsfähige Außenstelle herrichten lässt. Auf etwa
6.000 neue Asylbewerber stellt sich Brandenburg für das laufende Jahr ein.
Im Vorjahr waren es noch 3.300.
Das weiß auch Schierack: Er wirft dem Land vor, viel zu spät auf die
steigenden Zahlen reagiert zu haben, und schlägt vor, die neue
Erstaufnahmestelle in Potsdam einzurichten. Öffentlich mochte die
Stadtverwaltung zu den Ideen des wahlkämpfenden CDU-Chefs keine Stellung
nehmen. Allerdings versucht Potsdam als Teil des eigenen
Integrationskonzepts, die der Stadt zugeteilten Flüchtlinge in Wohnungen
unterzubringen statt Heime zu eröffnen. Eine Erstaufnahmestelle für
Hunderte Menschen dürfte das konterkarieren.
Gegen den Standort Doberlug-Kirchhain spricht sich indes auch der
Flüchtlingsrat Brandenburg aus. Die Einrichtungen sollten an städtische
Strukturen angebunden sein, so Ivana Domazet, und nicht in einer Kaserne im
Wald untergebracht werden. „Gerade in der ersten Zeit nach der Ankunft ist
der Bedarf an Beratung und medizinischer Versorgung besonders hoch“, sagt
sie. Das Land habe den Stau in Eisenhüttenstadt selbst zu verantworten,
weil es in den Kommunen nicht für ausreichend Kapazitäten gesorgt habe. „Es
fehlt an politischem Willen, nicht an Möglichkeiten“, meint Domazet.
15 Sep 2014
## AUTOREN
Marco Zschieck
## TAGS
Flüchtlinge
Eisenhüttenstadt
Kaserne
Brandenburg
Potsdam
Schwerpunkt AfD
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Schwerpunkt Rassismus
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