# taz.de -- Alternativen zu Facebook: Diaspora schlägt Ello | |
> Scharenweise ziehen die Facebook-User um zu Ello. Dabei hat das Netzwerk | |
> selbst einen unklaren Umgang mit Nutzerdaten. Aber es gibt eine | |
> Alternative. | |
Bild: „Wo wollt ihr denn alle hin?“ – User suchen nach Alternativen zu Ma… | |
BERLIN taz | Ello ist in aller Munde. Scharenweise ziehen die User um. Das | |
zeigt zumindest, dass eine große Unzufriedenheit mit dem größten aller | |
sozialen Netzwerke besteht. Aber warum ausgerechnet zu Ello? | |
Ello sieht gut aus und die Nachricht über das neue soziale Netzwerk | |
verbreitet sich viral. Das scheint vielen auszureichen, um es sich bei Ello | |
häuslich einzurichten. Aber es werden jetzt schon [1][die ersten kritischen | |
Stimmen laut], vor allem wegen der mangelnden Funktionen zum [2][Schutz der | |
Privatsphäre]. | |
Ello kommt ohne Anzeigen aus und das soll auch so bleiben. Aber wie lange | |
geht das gut, bei einem unklaren Finanzierungskonzept? Wie wird Ello Firmen | |
davon abhalten, sich Profile zuzulegen und die Benutzer mit Spam zu | |
belästigen? Und letztendlich ändert sich nichts am Grundkonzept: Die Daten | |
der Benutzer lagern zentral auf den Ello-Servern und sind damit der Willkür | |
der Ello-Eigentümer ausgeliefert. Solche Bedenken lassen sich nicht durch | |
Sätze wie dem beseitigen, den Ellos Co-Initiator [3][Paul Budnitz von sich | |
gegeben hat]: „Wenn du ein Problem mit Ello hast, mußt du es nicht | |
benutzen.“ | |
Vielen unzufriedenen Facebook-Benutzern scheint Ello die einzige | |
Alternative zu sein. Aber es gibt mehr davon. Die größte und bekannteste | |
ist [4][Diaspora]. Ein Projekt, das allgemein für gescheitert gehalten | |
wird, weil es still darum geworden ist. Aber Diaspora ist alles andere als | |
tot. Nach einigen Schwierigkeiten in der Entwicklung der Software und dem | |
tragischen Selbstmord des Mitbegründers Ilja Zhitomirskiy im November 2011 | |
beschloss das Entwicklerteam im August 2012, das gesamte Projekt an die | |
Open-Source-Gemeinde zu übergeben. Damit begann das zweite Leben des | |
Projektes. | |
## Keine Realnamenpflicht | |
Das Bahnbrechende an Diaspora ist, dass der Benutzer selbst entscheiden | |
kann, wo er seine Daten lagert. Er kann sich einen eigenen Server | |
installieren. Wenn er nicht das nötige Know-How hat, oder sich schlicht | |
nicht die Arbeit machen will, kann er sein Profil auf einem der zahlreichen | |
öffentlichen Diaspora-Server, den [5][sogenannten Pods] anlegen; egal ob in | |
Deutschland oder in Australien. | |
Datenschutz war von Anfang an einer der wichtigsten Gesichtspunkte in der | |
Diaspora-Entwicklung. Wenn der Benutzer nicht explizit angibt, dass seine | |
Daten öffentlich sein sollen, sind sie es auch nicht. Wenn er nicht | |
gefunden werden möchte, wird er es nicht. Eine Realnamen-Pflicht gibt es | |
hier nicht. Und vor allem ist zu allen Pods eine verschlüsselte Verbindung | |
möglich. | |
In den vergangenen zwei Jahren hat die Entwicklergemeinde im stillen | |
Kämmerlein gearbeitet. Nach Aussage des Presseteams sind das eine Handvoll | |
Kernentwickler und 271 Programmierer, die sporadisch Code zu einzelnen | |
Modulen und Funktionen geliefert haben. Sie haben weite Teile des | |
chaotischen Programmcodes refakturiert, das heißt neu geschrieben. Neu ist | |
der Code für das Benutzerinterface, für die Funktionen gegen Spam und | |
Missbrauch, für die Verwendung mit Mobilgeräten, die Benachrichtigungen, | |
Umfragen und viele weitere Bereiche. | |
## New York Times und Fefe | |
Diaspora verfügt derzeit über 54.000 aktive Benutzer (von über einer | |
Millionen registrierten), Tendenz steigend. Allein den [6][größten | |
deutschen Pod Geraspora] verwenden 8.400 aktive Benutzer. Darunter sind | |
viele Nerds und Künstler, aber auch größere Medienunternehmen, wie die | |
[7][New York Times] und private Netzprominenz wie [8][Fefes Blog]. | |
Natürlich sollte man hier nicht zuviel erwarten. Die Anzahl der Angebote | |
richtet sich wie überall nach der der Nutzer. Für Leute, die nicht mehr | |
durch ihre Facebook-Timeline durchblicken, genau das Richtige. | |
Dabei funktioniert Diaspora wie eine Mischung aus Facebook und Twitter. Die | |
Implementierung von Hash-Tags ähnelt Twitter sehr. Das Finden von Bekannten | |
funktioniert, wenn sie ihren Account nicht auf demselben Pod haben, | |
manchmal nur mit Verzögerung. Hier werden die Entwickler sicher | |
nacharbeiten. | |
Diaspora funktioniert schon jetzt wesentlich besser als Ello und hat eine | |
Datenstruktur, die dem Benutzer erlaubt, selbst über seine Informationen zu | |
verfügen. Natürlich ist Diaspora nach wie vor in der Entwicklung. Aber je | |
mehr Benutzer Diaspora hat, desto mehr Entwickler gibt es und umso mehr | |
kann auf die Wünsche der Benutzer eingegangen werden - und das ist das | |
schöne an Open Source. | |
12 Oct 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.huffingtonpost.com/michael-morgenstern/ello-isnt-going-to-work-s… | |
[2] http://annalist.noblogs.org/post/2014/09/28/ello-ist-es-nicht/ | |
[3] http://mashable.com/2014/10/02/ello-paul-budnitz/ | |
[4] http://diasporafoundation.org/ | |
[5] http://podupti.me/ | |
[6] http://pod.geraspora.de/ | |
[7] http://www.nytimes.com/ | |
[8] http://blog.fefe.de/ | |
## AUTOREN | |
Ulf Schleth | |
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