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# taz.de -- Auswirkung von Studiengebühren: Gebühren schrecken doch ab
> Über 60.000 Abiturienten aus Nicht-Akademikerfamilien entscheiden sich
> gegen ein Studium. Das zeigt eine neue Untersuchung.
Bild: 500 Euro zu Semesterbeginn? Zu viel für viele Menschen aus Nicht-Akademi…
BERLIN taz | Für die Befürworter von Studiengebühren war es ein Fest, die
Gegner rieben sich die Augen: Vor drei Jahren veröffentlichte das
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) die Ergebnisse einer
Studie darüber, welche Auswirkungen Studiengebühren auf die Studierneigung
haben. Nämlich gar keine.
Nun legt eine neue, noch unveröffentlichte Sonderauswertung aus dem
gleichen Haus das Gegenteil nahe. Demnach schrecken Studiengebühren vor
allem Studienberechtigte aus Nicht-Akademiker-Familien ab. Jeder siebte
Studienberechtigte aus diesem Milieu hat der Untersuchung zufolge aufgrund
von Gebühren auf ein Studium verzichtet. In den Jahren 2005 bis 2008 waren
das etwa 64.000 Akademiker in spe, die nach Einführung von Gebühren von
einer akademischen Ausbildung Abstand nahmen.
Diese ersten Befunde ihrer Dissertation präsentierte Anna Kroth,
Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am WZB, auf einer
Veranstaltung des Zentrums mit Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU)
am Dienstagabend.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil 2005 Gebühren
grundsätzlich für zulässig erklärte, hatten sieben Bundesländer
Studiengebühren in Höhe von 500 Euro pro Semester eingeführt.
Kroth untersuchte für den Zeitraum von vier Jahren, wer ein halbes Jahr
nach Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung tatsächlich ein Studium
aufgenommen hatte. Dabei verglich sie Länder mit und ohne Studiengebühren.
Nach der Ankündigung von Studiengebühren im Jahr 2005 sank die Studienquote
in Gebührenländern für Studienberechtigte bildungsferner Herkunft demnach
um sechs Prozentpunkte relativ zu der für Abiturienten aus
Akademikerhaushalten.
## Keine Korrektur notwendig
In Bundesländern ohne Gebühren blieben ohnehin bestehende Unterschiede
hingegen stabil. „Ein kausaler Effekt von Studiengebühren auf die
Studienaufnahme liegt nahe“, heißt es in einer Vorveröffentlichung der
Studie, die in einer Regierungsbroschüre zu aktuellen Forschungsvorhaben im
März diesen Jahres erschienen ist. Kroth, die übrigens auch an der
Gebührenstudie vor drei Jahren beteiligt war, möchte sich erst nach der
endgültigen Fertigstellung der Dissertation, die für Ende des Jahres
geplant ist, ausführlich äußern.
Muss sich das WZB dann korrigieren? Nein, sagt Marcel Helbig, einer der
beiden AutorInnen der Gebührenstudie von vor drei Jahren. Während er damals
alle Studienberechtigten quer durch alle Elternhäuser daraufhin
untersuchte, ob sie ein Studium aufgenommen hatten oder dies
beabsichtigten, konzentrierte sich seine Kollegin Kroth nun ausschließlich
auf jene, die zu diesem Zeitpunkt bereits studierten.
Helbig gibt zu bedenken, dass ein halbes Jahr nach Erwerb der
Hochschulzugangsberechtigung ohnehin nur etwa 30 Prozent aller
Studienberechtigten ein Studium aufgenommen hätten. Vier Jahre später wären
es dann schon 80 Prozent. "Um sicher zu sein, dass Gebühren abschrecken,
müsste man eigentlich einen größeren Zeitraum untersuchen", sagt Helbig,
der einst selbst gegen Studiengebühren auf die Straße ging.
Mittlerweile haben zwar alle Bundesländer allgemeine Studiengebühren wieder
aus den Hochschulgesetzen gestrichen, doch das Thema bleibt aktuell. Erst
im September, als er die [1][OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“]
vorstellte, empfahl der Leiter des Berliner OECD-Zentrums, Heino von Meyer,
den deutschen Bildungspolitikern Studienbeiträge doch wieder einzuführen.
Keine Einwände erhob damals die neben ihm sitzende Wanka, einst
Wissenschaftsministerin von Niedersachsen, wo man erstmals in diesem Herbst
wieder gebührenfrei studiert. „Wenn schon Gebühren, dann empfehle ich
dringend, Studierende aus unteren sozialen Schichten davon freizustellen“,
appellierte Kroth dann auch in dieser Woche an die
Bundesbildungsministerin.
13 Oct 2014
## LINKS
[1] http://www.oecd.org/berlin/publikationen/bildung-auf-einen-blick.htm
## AUTOREN
Anna Lehmann
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