# taz.de -- Kommentar Wirtschaftsnobelpreis: Langweilig! | |
> Bloß kein Risiko. Jean Tirole ist ein grundsolider Forscher, der zu einem | |
> relevanten Thema arbeitet. Der Nobelpreis für ihn aber setzt ein falsches | |
> Signal. | |
Bild: Für die Erforschung der Oligopole ausgezeichnet: Der französische Ökon… | |
Die Jury für den Wirtschaftsnobelpreis hatte offenbar nur ein Ziel: Bloß | |
kein Risiko eingehen! Also vergab sie die Auszeichnung an den Franzosen | |
Jean Tirole. Langweiliger hätte es nicht kommen können. | |
Tirole ist ein grundsolider Forscher, der wichtige Arbeiten über die Frage | |
publiziert hat, wie man Oligopole regulieren sollte – wie man also | |
verhindert, dass wenige Großkonzerne ihre Marktmacht ausnützen und | |
überhöhte Preise durchsetzen. Dieses Thema ist durchaus relevant, wie eine | |
einzige Zahl vom Statistischen Bundesamt zeigt: In Deutschland | |
kontrollieren ein Prozent der Unternehmen bereits 65 Prozent des Umsatzes. | |
Es ist nicht völlig abwegig, einen Forscher auszuzeichnen, der sich | |
lebenslang mit dieser Marktmacht beschäftigt hat. | |
Dennoch bleibt ein Unbehagen – sowohl methodisch wie inhaltlich. Tirole ist | |
ausgebildeter Ingenieur und Mathematiker, der dann am MIT eine ökonomische | |
Promotion angehängt hat. Und wie ein Mathematiker geht er vor: In Modellen | |
simuliert er die optimalen Handlungsoptionen. Menschliches Verhalten kommt | |
zwar auch vor, aber nur in „Reinform“, als mathematische Spieltheorie. | |
Erneut wird ein Ansatz prämiert, der die Ökonomie wie eine | |
Naturwissenschaft betreibt – obwohl sie ein soziales Phänomen ist. | |
Zudem wird ein Thema aus der sogenannten Mikroökonomik ausgezeichnet, die | |
um die einzelnen Wirtschaftsakteure wie Unternehmen oder Kunden kreist. | |
Dabei gerät das große Ganze, die Makroökonomik, meist aus dem Blick. Es | |
sind jedoch die makroökonomischen Probleme, die die Welt derzeit | |
beschäftigen – von der Devisenspekulation bis zur Eurokrise. | |
Das Signal aus Stockholm ist: Die Jury wollte sich aus der politischen | |
Schusslinie nehmen, indem sie ein harmloses Thema und eine harmlose Methode | |
prämierte. Langweilig. | |
13 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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