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# taz.de -- Antisemitismus in der Oper: Die Romantisierung der Mörder
> In New York protestieren hunderte Juden gegen ein Musikstück, in dem ein
> Jude ermordet wird. Sie werfen den Machern die Glorifizierung von
> Terrorismus vor.
Bild: In der Oper wird ein Jude von einem Palästinenser erschossen.
NEW YORK ap | Eine Oper über die Ermordung eines Juden durch
palästinensische Terroristen erhitzt vor der Premiere in New York immer
mehr die Gemüter. Der frühere Bürgermeister Rudy Giuliani, zwei
US-Kongressabgeordnete und Hunderte jüdische Demonstranten laufen Sturm
dagegen, dass die weltbekannte Metropolitan Opera, kurz Met, das Stück „The
Death of Klinghoffer“ zeigt. Sie alle wollten bei der Premiere der Oper des
US-Komponisten John Adams am Montagabend vor der Met protestieren. Das
Stück soll bis zum 15. November zu sehen sein.
Es basiert auf dem Mord an dem behinderten Reisenden Leon Klinghoffer,
einem Juden. Er wurde 1985 auf dem italienischen Kreuzfahrtschiff „Achille
Lauro“ von vier Mitgliedern der Palästinensischen Befreiungsfront getötet,
nachdem sie das Schiff entführt hatten. Die Terroristen erschossen den
69-Jährigen aus New York in seinem Rollstuhl und schoben ihn anschließend
über Bord.
Seine Uraufführung hatte „The Death of Klinghoffer“ 1991 in Brüssel. Dama…
gab es kaum Kontroversen darum. Das Stück wurde später in mehreren
europäischen Städten gezeigt, auch in New York war es an der Brooklyn
Academy of Music zu sehen. Dort wurde es mit Lob und Ablehnung empfangen -
vor allem von Klinghoffers beiden Töchtern. Die Organisatoren der jetzigen
Demonstrationen gegen die Aufführung planen, 100 Rollstühle zum Protest vor
dem Lincoln Center for Performing Arts in Manhattan mitzubringen, an dem
sich auch die Met befindet.
Die Met sagte bereits die für November geplanten Kino- und
Radioübertragungen des umstrittenen Adams-Werks ab. Jüdische Organisationen
hatten das Opernhaus dazu gedrängt, vor allem die in New York ansässige
Antidiffamierungsliga. Deren Mitglieder bemängelten, die Musik romantisiere
die Tat von Klinghoffers Mördern, etwa mit der Eröffnung, dem „Chor der
verbannten Palästinenser“.
## „Propaganda verkleidet als Kunst“
Met-Chef Peter Gelb warnte, die Übertragungen könnten im Ausland
verstärkten Antisemitismus hervorrufen. Opernexperte Fred Plotkin sagt
dagegen, die Arbeit stelle die Familie Klinghoffer als besonders moralisch
dar. „Zeigt diese Oper die Mörder in einem vorteilhaften Licht? Nein.“ Die
Klinghoffers seien gar die sympathischsten Charaktere des Stückes, sagt
Plotkin.
Die Oper steht seit ihrer Ansetzung im Februar in der Kritik. Die Welle der
Entrüstung erreicht nun ihren Siedepunkt, es gehen gar Gerüchte von einer
Störung der Premiere um, die die Demonstranten planten. Schon am 22.
September - der Saisoneröffnung der Met - gab es Proteste: Aktivisten
trugen Schilder, auf denen „Klinghoffer-Oper/Propaganda verkleidet als
Kunst“ oder „Die Met glorifiziert Terrorismus“ zu lesen war. Besucher der
Met wurden von den Protestierenden verhöhnt.
Plotkin, der Opernexperte, hält entgegen, dass viele der Demonstranten das
Klinghoffer-Stück niemals gesehen hätten. Ganz ähnlich wirbt auch die Met -
ihr Slogan: „Sieh es. Dann entscheide.“
20 Oct 2014
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