| # taz.de -- Nach Amoklauf an US-Schule: Nur zwei Tote? Versendet sich! | |
| > Ein 14-Jähriger schießt in seiner Schule um sich. Das wirkt nicht mehr | |
| > länger nach als ein, zwei Tage. Amerika hat sich in einen Alltag mit | |
| > Waffen gefügt. | |
| Bild: Die Kameras sind weg: Eingang der Marysville Pilchuck High School am Sams… | |
| War was? Am Wochenende in den USA? Eine Schießerei an einer Schule? Ach | |
| richtig, ein 14-jähriger Junge hat in der Kantine seiner High School in | |
| Marysville im US-Bundesstaat Washington um sich geschossen. Mit einer | |
| Pistole, Kaliber 40, legal erworben. Er hat zwei Mädchen und sich selbst | |
| getötet, drei weitere Schüler verletzt. Hätte man drei Tage später schon | |
| fast vergessen können, wäre die zweite Schülerin nicht erst gestern ihren | |
| Verletzungen erlegen. | |
| Das Opfer schafft es noch einmal in die internationalen | |
| Nachrichtenschleifen, in den USA springen die Fernsehsender auf, die 24 | |
| Stunden lang Nachrichtenprogramm produzieren müssen. In allen größeren | |
| Medien Amerikas jedoch ist das kaum noch mehr als eine Kurzmeldung. | |
| Ein Amoklauf in einer US-Schule wirkt nicht mehr länger nach als ein oder | |
| zwei Tage. Denn sterben nicht genug Kinder und Jugendliche, werden | |
| Schießereien mittlerweile eher als Alltag anstatt als etwas | |
| Außergewöhnliches wahrgenommen. Tragisch, aber Normalität. So wie die | |
| jährlich wiederkehrenden Naturkatastrophen mit Hurrikans und Schneestürmen | |
| oder die Wahlkampfzyklen mit Rededuellen und Skandalen. Waffengewalt in | |
| Schulen, Kinos oder Shoppingcentern ist zu einem bloßen Schulterzucken | |
| verkommen, solange nicht Dutzende Menschen sterben. Und das gilt | |
| gleichermaßen für Politiker, Bürger, Journalisten. Was soll man auch | |
| machen?, scheint die Frage hinter diesem Resignieren zu sein, nichts wird | |
| sich jemals ändern. | |
| Natürlich spielen sich kurz nach einer Tat die immer gleichen Reflexe ab: | |
| Die Bilder der Trauer, die Rufe nach besseren Waffenkontrollen und mehr | |
| Gesetzen. Aber bei zwei Toten tritt nicht einmal US-Präsident Barack Obama | |
| vor die Kameras, der Präsident wird „auf dem Laufenden gehalten“ und dann | |
| gibt es schriftlich nachgereichte Betroffenheitsfloskeln. | |
| ## Neuer Aktionismus wäre lächerlich | |
| Tatsächlich würde er sich mit neuem Aktionismus lächerlich machen, | |
| striktere Waffengesetze hat es unter seiner Präsidentschaft noch nicht | |
| einmal gegeben, nachdem im Dezember vor zwei Jahren 20 Grundschulkinder von | |
| einem Amokläufer erschossen wurden. Wieso sollten zwei tote Kinder und ein | |
| 14-jähriger Schütze daran jetzt etwas ändern? Da reicht die Ebolapanik im | |
| Land gerade sehr viel weiter als die Panik vor Waffengewalt. | |
| Amerika hat sich gefügt in einen Alltag mit Waffen und damit in einen | |
| Alltag der Gewalt. Die laute Debatte wird nicht darüber geführt, wie die | |
| Unmengen von geschätzten 300 Millionen Waffen in Privathand reduziert | |
| werden können, sondern darüber, wie man die Waffen mit noch mehr Waffen | |
| bekämpfen kann. In Texas hält man es an immer mehr Schulen für eine gute | |
| Idee, die Lehrer mit Waffen auszustatten. Damit, so die Argumentation, | |
| könne ein potenzieller Amokläufer gestoppt und Kinder könnten gerettet | |
| werden. | |
| Ob ein Mathelehrer und eine Geschichtslehrerin von Haus aus eine sichere | |
| Eingreiftruppe darstellen oder womöglich nur für noch mehr Opfer sorgen, | |
| wird wohl erst der nächste Amoklauf zeigen. Sind es nicht die Lehrer, | |
| glauben die Konservativen und Waffenbefürworter an den aufrechten Bürger, | |
| der im McDonald’s oder Gap das Böse mit einer Waffe stoppen kann. | |
| Gegen diese Stimmen kommen zwei lächerliche Tote nicht an, zu viele | |
| Menschen sterben jeden Tag in den USA durch Waffengewalt. Die Amerikaner | |
| stehen vor der zentralen Frage, wie sie dieser Gewalt begegnen wollen. | |
| Amokläufe, das zeigt eine aktuelle Studie des FBI, nehmen immer weiter zu. | |
| Die öffentliche Auseinandersetzung darüber wird geringer. Das dient vor | |
| allem den Waffenbefürwortern im Land und ihrem Szenario: dem Showdown | |
| zwischen Amokläufer und bewaffnetem Familienvater im Supermarkt. Das wäre | |
| dann aber endlich wieder eine Schlagzeile. | |
| 27 Oct 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Rieke Havertz | |
| ## TAGS | |
| USA | |
| Waffen | |
| Schule | |
| Amoklauf | |
| Schwerpunkt Waffen in den USA | |
| USA | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| Schwerpunkt Waffen in den USA | |
| Amoklauf | |
| USA | |
| USA | |
| USA | |
| USA | |
| Waffen | |
| USA | |
| Waffen | |
| USA | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Letzter Waffenshop in San Francisco: Der finale Kaufrausch | |
| Im liberalen San Francisco macht der letzte verbliebene Waffenladen dicht. | |
| Die Betreiber kapitulieren vor der staatlichen Regulierung. | |
| Attentat in South Carolina: Terror in der Kirche | |
| Ein weißer Attentäter hat mehrere Menschen einer schwarzen Gemeindekirche | |
| getötet. Die Polizei spricht von einem Verbrechen aus Hass. | |
| Neues Waffengesetz in Texas: Mit der Waffe im Hörsaal | |
| Bald dürfen in Texas StudentInnen und ProfessorInnen verdeckt Schusswaffen | |
| tragen. Sie sollen die Universitäten sicherer machen. | |
| Bluttat in den USA: Amokläufer erschießt sechs Menschen | |
| Ein 35-Jähriger zieht durch die Vororte von Philadelphia und bringt mehrere | |
| Menschen aus der Familie seiner Ex-Frau um, ehe er auch diese tötet. Dann | |
| verschwindet er. | |
| Waffen-Eldorado USA: Mit Gott und der Glock | |
| Schweine werden vom Helikopter aus getötet, die 9mm-Pistole liegt in der | |
| Bibel und Gewehre werden offen getragen: eine Reise durch Texas. | |
| Waffengewalt in den USA: Kein Platz für Superheldenträume | |
| Fast jede Nacht gibt es in Chicagos South Side Schießereien. Zurück bleiben | |
| junge Mütter – mit ihren Kindern, ohne Perspektive. | |
| Waffenlobby vor der US-Wahl: Alles mit Gewehr | |
| Mit der Pistole ins Café: Viele Amerikaner betrachten das als Grundrecht. | |
| Politikerin Robin Kelly will das ändern. Ein Lobbyist versucht deshalb, sie | |
| loszuwerden. | |
| Kongresswahlen in den USA: Obama, das Wahlkampfhindernis | |
| Demokratische Kandidaten wollen nichts vom Präsidenten wissen. Sein Image | |
| ist zu schlecht. Die Mehrheit im mächtigen Senat steht auf der Kippe. | |
| „Smart Guns“ in Amerika: Diese Pistole rettet Leben | |
| Eine „Smart Gun“ lässt sich nur in der Hand ihres Besitzers abfeuern. In | |
| den USA könnte sie verkauft werden. Doch der mächtigen Waffenlobby passt | |
| das nicht. | |
| Schießerei an US-Schule: Obama beschämt über lasche Gesetze | |
| In Oregon wird ein Schüler erschossen. Auch der Schütze stirbt. Der | |
| US-Präsident reagiert und kritisiert die öffentliche Meinung, die gegen | |
| schärfere Gesetze sei. | |
| Waffenkampf in den USA: Durchgeladen | |
| Kein Thema spaltet Amerika so wie das Recht auf eine Waffe. In | |
| Wahlkampfzeiten verschenken Politiker auch schon mal Knarren an ihre | |
| Unterstützer. | |
| Schießerei auf US-Militärbasis: Soldat tötet Kameraden | |
| Bei einem Amoklauf auf dem US-Stützpunkt Fort Hood in Texas sind drei | |
| Menschen erschossen worden, mehrere wurden verletzt. Der Täter hatte im | |
| Irak gedient. |