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# taz.de -- Kommentar neues Dopinggesetz: Der Staat zeigt seine Muskeln
> Der Staat will gedopte Sportler künftig hart bestrafen. Es ist derselbe
> Staat, der sie in Wettkämpfe schickt, die sie nur gedopt gewinnen können.
Bild: Aufgepumpt.
Jahrelang hat sich der deutsche Staat um ein Gesetz gegen Dopingbetrug
herumgedrückt. Jetzt versucht er, das Versäumnis mithilfe eines besonders
strengen Regelwerks wettzumachen. Und sorgt sich plötzlich um das
Sportlerwohl und die Integrität des Sports.
Wehe dem, der künftig mit einer Tablettenschachtel Anabolika erwischt wird!
Sportrichter werden ihn und sie mit einem mehrjährigen Berufsverbot
belegen. Doch damit nicht genug: Ab 2015 wird auch noch der Staatsanwalt
vorstellig werden. Bis zu drei Jahren Haft stehen nun auf die Verwendung
von illegalen Mitteln zur Leistungssteigerung.
Als Richter Gnadenlos betätigt sich übrigens jener Staat, der mit Vorliebe
Medaillen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften zählt; jener
Staat, der seine Botschafter im Trainingsanzug mit bis zu 250 Millionen
Euro im Jahr alimentiert und dessen Repräsentanten sich bei
Sportereignissen so gern mit den Helden der Tartanbahn oder des
Fußballfelds ablichten lassen.
Den Verantwortlichen sollte klar sein, dass Sportler mit ihren Konkurrenten
nicht nur die natürlichen Kräfte messen. Wer heutzutage vorn sein will,
muss wissen, was er wann einnimmt, und vor allem, wie viel davon. Die
Sportler werden also wissentlich in den Wettkampf der Pillenschlucker
geschickt und dann entweder wegen schlechter Leistungen gescholten oder bei
nachgewiesenem Doping unverhältnismäßig hart bestraft, wenn sie im
Wettstreit der Leistungspusher mithalten wollen.
## Der Dopingsumpf ist tief
Bisher wurden trotz Tausender Urinproben nur lächerlich wenige Doper
erwischt. Dabei haben wissenschaftliche Studien gezeigt, dass 30 Prozent
der Leistungssportler und mehr zu unerlaubten Mitteln greifen. Haben es
sich die Sportler und ihre Hinterleute also nicht selbst zuzuschreiben,
wenn ihnen die Daumenschraube angesetzt wird? Auch. Der Dopingsumpf ist
tatsächlich tief. Alle Versuche, ihn trockenzulegen, scheiterten bisher
kläglich.
Die Kultur des Dopings, gepflegt in teilweise mafiösen Milieus, vererbt
sich von einer Sportlergeneration auf die nächste. Bisher erwies sich
Sportrecht als stumpfes Schwert.
Deswegen schwingt man jetzt die Keule der ultimativen Abschreckung.
Konsequent wäre es allerdings, die Förderung des Leistungssports gleich
ganz einzustellen und die Millionen an den Breitensport zu überweisen.
13 Nov 2014
## AUTOREN
Markus Völker
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Doping
Spitzensport
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