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# taz.de -- Biathlet über Doping: „Ich bin froh um jedes härtere Urteil“
> Biathlet Erik Lesser spricht über Doping und den Fall seiner Kollegin Evi
> Sachenbacher-Stehle. Er fordert eine lebenslange Sperre für Ersttäter.
Bild: Ein ganz besonderer Saft.
taz: Herr Lesser, wie hat sie der Dopingfall Evi Sachenbacher-Stehle seit
Sotschi als deutscher Biathlet begleitet? Und wie fühlt sich das jetzt an,
kurz vor dem Start in die neue Saison?
Erik Lesser: Ich habe mich schon damit beschäftigt, wie der Schuldspruch
zustande kam, wie es in der vorletzten Woche vor dem Cas [Internationaler
Sportgerichtshof, d. Red.] lief, wie das Urteil, wie die Länge der Sperre
aussieht. Auch bei uns herrscht ja nicht völlige Klarheit, warum und
weshalb alles so passiert ist. Da gab es einige in unserer Mannschaft, die
sich dafür interessiert haben. Aber den Sommer über war das eigentlich kein
Thema, da der Dopingfall glücklicherweise relativ selten bis gar nicht in
den Medien vertreten war. Da wurde, muss man sagen, doch eher drüber
geschwiegen.
König Fußball sei Dank.
Eine Verletzung in der Bundesliga ist halt wichtiger als ein Dopingfall im
Wintersport von Evi Sachenbacher-Stehle. Das war im Sommer oder Herbst
vielleicht gut für unsere Sportart, aber das Thema wird jetzt in der
Anfangszeit der Saison sicher wieder präsent sein. Über den Schuldspruch,
das Urteil, kann man streiten, ganz klar: Warum kriegt man bei einem
positiven Dopingfall jetzt nur sechs Monate Sperre statt der ursprünglichen
zwei Jahre? Aber da muss man in andere Sportarten auch mal reinschauen. Da
ist das leider gang und gäbe, dass man aufgrund von verschiedenen
Argumentationen darauf kommt, dass das weniger schlimm ist als ein anderer
Dopingfall.
Sie waren also zum einen erstaunt, dass die Sperre so deutlich reduziert
wurde – und finden das zweitens auch nicht gut. Richtig?
Man vergleicht es einfach mit anderen Sportarten, etwa der Leichtathletik.
Nehmen wir den 100-Meter-Sprint: Klar ist man da immer vorschnell zu sagen,
das ist eine von Doping befallene Sportart, wo es bei ziemlich vielen, die
unter zehn Sekunden laufen, nicht mit rechten Dingen zugeht. Das ist bei
uns jetzt nicht unbedingt so der Fall. Aber wenn das dann eben so
gehandhabt wird – bei Nahrungsergänzungsmitteln, die sich irgendwie
verunreinigt haben –, warum soll man die anders behandeln als
Wintersportler? Trotzdem bin ich der Meinung, dass der neue Gesetzentwurf,
der 2015 kommen soll, mit den Haftstrafen bei Besitz von Dopingmitteln,
auch deutsche Athleten ein bisschen mehr davon abhält, so etwas zu machen.
Da bin ich doch eher ein kritischer Beobachter der ganzen Szenerie – und
bin eigentlich froh um jedes härtere Urteil. Weil es der Sportart ja doch
mehr schadet als guttut.
Das Thema Nahrungsergänzungsmittel wird beim DSV inzwischen mit noch mehr
Vorsicht gehandhabt. So wurde den Athleten zum Beispiel eine Liste mit
Präparaten ausgehändigt, die man guten Gewissens bestellen kann. Gab es so
eine Liste vorher nicht?
Es gab schon eine Liste. Aber vielleicht wurde man jetzt ein bisschen
sensibilisiert, auch in puncto externe Anbieter, die sagen: Die Sachen sind
rein. Und wenn man sich unschlüssig ist, kann man es so machen, wie es
eigentlich auch die Evi, wie sie in einem Interview sagte, gemacht hat: mit
einer Laboranalyse. Und bei einer Charge hat sie es, glaube ich, nicht
machen lassen – ja, und dann ist es natürlich ärgerlich, wenn es genau die
erwischt.
Der Groll im DSV und bei den Biathlon-Verantwortlichen gegen Evi
Sachenbacher-Stehle ist, so klingt es durch, nicht gewichen. Wagen Sie eine
Prognose, ob Evi Sachenbacher-Stehle ihre Karriere fortsetzen wird?
Keine Ahnung. Ich könnte verstehen, wenn Evi ihre Karriere anders beenden
möchte, als Sotschi es zugelassen hat. Ich persönlich finde aber auch, dass
es vielleicht kein gutes Licht auf die Mannschaft werfen würde. Auf die
Damen-Mannschaft oder auf den Biathlonsport an sich. Ich bin ein Sportler,
der eine lebenslange Sperre bei einem positiven Test generell begrüßen
würde. Auch wenn ihr Fall vielleicht wirklich ein anderer ist. Zum Glück
bin ich nicht in der Situation und muss darüber nicht entscheiden.
25 Nov 2014
## AUTOREN
Andreas Morbach
## TAGS
Evi Sachenbacher-Stehle
Biathlon
Doping
Cas
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Fußball
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