# taz.de -- Sterbehilfe in Europa: Polen zwingt zum Leben | |
> EU-Staaten haben unterschiedliche Regelungen: Belgien erlaubt Sterbehilfe | |
> sogar für Kinder, Polen verbietet sie prinzipiell. | |
Bild: Passive Sterbehilfe mit Betäubungsmittel – nicht überall erlaubt. | |
BERLIN taz/epd | Innerhalb der Europäischen Union ist die Sterbehilfe | |
keineswegs einheitlich geregelt. So ist die Tötung auf Verlangen nur in den | |
Niederlanden, Belgien und Luxemburg erlaubt. In Deutschland steht eine | |
solche aktive Sterbehilfe derzeit allerdings gar nicht zur | |
parlamentarischen Debatte. | |
Der Bundestag beschäftigt sich lediglich mit der Frage, ob die hierzulande | |
bislang straffreie Beihilfe zur Selbsttötung, also etwa das Überlassen | |
eines Medikaments, das der Sterbewillige dann selbst einnimmt, künftig | |
gesetzlich geregelt werden soll – und möglicherweise unter bestimmten | |
Bedingungen und für bestimmte Personengruppen unter Strafe gestellt wird. | |
Die Niederlande haben 2001 als erstes Land der Welt ein Gesetz erlassen, | |
das die aktive Sterbehilfe („Tötung auf Verlangen“) erlaubt. Es sieht vor, | |
dass ein Arzt eine tödliche Dosis eines Medikaments verabreichen darf, wenn | |
der Patient „freiwillig, wohlüberlegt und wiederholt“ diesen Wunsch äuße… | |
Der Arzt muss sich vergewissert haben, dass das Leiden des Patienten | |
unerträglich und unheilbar ist. Er muss sich mit mindestens einem Kollegen | |
beraten haben. Unter diesen Voraussetzungen bleibt die aktive Sterbehilfe | |
straffrei. | |
## Belgien erlaubt Sterbehilfe ohne Altersbegrenzung | |
Als zweites EU-Land ermöglichte Belgien 2002 die aktive Sterbehilfe. Die | |
belgischen Gesetze sind in den Augen von Experten noch liberaler als die | |
niederländischen: Aktive Sterbehilfe ist hier auch bei unheilbar kranken | |
Patienten möglich, die nicht in absehbarer Zeit sterben werden. Auch | |
Menschen mit psychischen Leiden können sie in Anspruch nehmen. Seit Februar | |
2014 ist in Belgien aktive Sterbehilfe auch für Minderjährige per Gesetz | |
erlaubt. Belgien ist damit das erste Land weltweit, in dem es keine | |
Altersbegrenzung für die aktiven Sterbehilfe gibt. | |
Im März 2009 hat Luxemburg hat als drittes EU-Land die aktive Sterbehilfe | |
zugelassen. Dem Gesetz zufolge dürfen Ärzte bei unheilbar Kranken, die | |
stark leiden, unter bestimmten Voraussetzungen aktive Sterbehilfe leisten. | |
Der Suizidwunsch muss schriftlich festgehalten sein. Einen gewissen | |
Spielraum haben auch Ärzte in der Schweiz: Hier ist die sogenannte Beihilfe | |
zum Suizid erlaubt. Die Ärzte dürfen unheilbar Kranken eine tödliche Dosis | |
eines Medikaments verschreiben. Das Mittel muss der Patient jedoch | |
eigenhändig einnehmen. Tötung auf Verlangen ist dagegen auch in der Schweiz | |
strafbar. | |
Mehrere Staaten Europas, unter anderem Österreich und Frankreich, erlauben | |
unter Auflagen die sogenannte passive Sterbehilfe, das heißt den Verzicht | |
auf lebensverlängernde Maßnahmen bei Schwerkranken im Endstadium. | |
In Österreich, wie etlichen anderen europäischen Ländern, dürfen Ärzte | |
schmerzlindernde oder beruhigende Medikamente einsetzen, auch wenn sie | |
nicht ausschließen können, dass diese den Sterbeprozess beschleunigen. | |
Voraussetzung ist der Patientenwille. Der Tod darf dabei nicht bewusst | |
herbeigeführt werden, sondern wird nur zugelassen. Beihilfe zum Suizid | |
dagegen wird in Österreich mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. | |
In Polen ist Sterbehilfe prinzipiell verboten: In dem katholisch geprägtem | |
Land ist aktive wie passive Sterbehilfe strafbar. Auch die Beihilfe zur | |
Selbsttötung wird bestraft. | |
Auch in Skandinavien sind die Regelungen vergleichsweise streng: In | |
Norwegen und Dänemark ist selbst die Beihilfe zur Selbsttötung verboten, in | |
Schweden ist sie nur dann legal, wenn der Helfer eine Privatperson ist. | |
14 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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