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# taz.de -- Schottische Unabhängigkeit: Noch nicht ausgeträumt
> Schottland hat eine neue Premierministerin. Nicola Sturgeon plant mit
> ihrer Partei SNP ein weiteres Referendum. Sie darf optimistisch sein.
Bild: „Die Frage ist nicht, ob Schottland unabhängig wird, sondern wann.“
DUBLIN taz | Die neue schottische Premierministerin heißt Nicola Sturgeon.
Die 44-Jährige wurde auf dem Parteitag der Scottish National Party (SNP) in
Perth als Nachfolgerin von Alex Salmond, der nach dem verlorenen Referendum
über Schottlands Unabhängigkeit Mitte September seinen Rückzug erklärt
hatte, zur neuen Parteichefin gekürt. Da die SNP mit absoluter Mehrheit im
Regionalparlament in Edinburgh regiert, ist Sturgeon zugleich „Erste
Ministerin“, wie die Amtsbezeichnung für die Regierungschefin offiziell
lautet.
Die Debatte über die Unabhängigkeit ist längst nicht vom Tisch – im
Gegenteil. Salmond, der nächsten Monat 60 wird, ist fest davon überzeugt,
dass er sie noch erleben wird. Neueste Umfragen stützen diese Ansicht. Mehr
als die Hälfte wünscht sich den Volksentscheid unmittelbar nach den
britischen Wahlen, sollten die Tories gewinnen. Würde morgen gewählt,
stimmten 52 Prozent für die Unabhängigkeit. Selbst 43 Prozent der
Labour-Wähler wären dafür.
Davon gibt es in Schottland nicht mehr viele. Bei den britischen
Unterhauswahlen im Mai wird die Partei wohl nur eine Handvoll der 59
schottischen Unterhausmandate ergattern. Die SNP käme auf 54 Sitze,
Liberaldemokraten und Tories würden leer ausgehen. Die schottische Labour
Party ist in einem desolaten Zustand. Parteichef Johann Lamont ist vorigen
Monat zurückgetreten. Er warf dem Labour-Chef Ed Miliband vor, er würde
Labour in Schottland als bloße Zweigstelle behandeln.
Salmond hatte bereits nach dem Referendum prophezeit, dass die Labour Party
in Schottland den Preis dafür zahlen werde, Seite an Seite mit den Tories
gekämpft zu haben. „Es wird weder vergessen noch vergeben, dass sie
gemeinsame Sache gemacht haben“, sagte Salmond damals. Bei Labour macht man
sich nun Gedanken.
## Die englische Frage müsse geklärt werden
Man müsse sich wieder auf die „sozialistischen Prinzipien“ besinnen, sagte
Margaret Curran, Schottland-Ministerin im Labour-Schattenkabinett. Manche
fordern gar, die Partei in „Independent Labour Party“ umzubenennen, um sich
von der Londoner Hauptstelle zu distanzieren. Sie wollen dem schottischen
Parlament die volle Kontrolle über Einkommensteuer und Sozialleistungen
gewähren.
Das wollen aber weder die Regierungskoaliton aus Tories und
Liberaldemokraten noch die Labour-Politiker in London. Gordon Brown, der
frühere britische Premierminister, der eine gewichtige Rolle bei der
Ablehnung des Referendums spielte, sagte, die Kontrolle über die
Einkommensteuer würde zu einer „konstitutionellen Krise“ führen, weil sie
ein „trojanisches Pferd für die Unabhängigkeit“ wäre.
Was aber ist mit der Übertragung weiterer Rechte auf das Parlament in
Edinburgh, wie man den Schotten vor dem Volksentscheid versprochen hatte?
Der britische Premierminister David Cameron hatte gleich nach dem
Referendum einen Rückzieher gemacht: Wollen die Schotten mehr
Entscheidungsbefugnisse, müsse zunächst die englische Frage geklärt werden.
So sollen schottische Unterhaus-Abgeordneten nicht mehr bei englischen
Angelegenheiten mitstimmen dürfen. Wenn es nach Cameron geht, dürfte
außerdem kein Schotte mehr britischer Premierminister werden. Seit dem
Zweiten Weltkrieg gab es allein vier, darunter Tony Blair und Gordon Brown.
Ein Gremium, in dem neben Labour, Tories, Liberalen und der SNP auch die
schottischen Grünen sitzen, soll einen Kompromiss herbeiführen.
## Optimistisch für neues Referendum
Die SNP hat seit dem Referendum erheblichen Zulauf, allein im Oktober
traten 56.000 neue Mitglieder ein. „Die Frage ist nicht, ob Schottland
unabhängig wird, sondern wann“, sagt Nicola Sturgeon optimistisch. Sie
stammt aus Ayrshire im Süden Schottlands und wuchs in Prestwick bei Glasgow
auf.
An der University of Glasgow studierte sie Jura und arbeitete nach ihrem
Abschluss 1992 als Rechtsanwältin in Stirling. Zuvor hatte sie sich in der
Campaign for Nuclear Disarmament (CND) engagiert und war mit 16 in die SNP
eingetreten. 2007 wurde sie ins Regionalparlament gewählt, Salmond machte
sie zur Stellvertreterin.
Setzt sich Salmond nun zur Ruhe? Wohl eher nicht. Er ist ein Spieler, und
er hat angedeutet, dass er vielleicht bei den britischen Parlamentswahlen
im Frühjahr kandidieren werde. Es ist gut möglich, dass die SNP bei einem
erneuten Patt zwischen Labour und Tories das Zünglein an der Waage sein
wird. Dann wird Salmond die Koalitionsverhandlungen mit Labour führen, und
dabei wird es sicherlich auch um ein neues Referendum über die
Unabhängigkeit gehen.
16 Nov 2014
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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