# taz.de -- Mehr Atommüll als gedacht: Endlager reichen nicht | |
> Die Bundesregierung räumt ein: Statt 300.000 gibt es 600.000 Kubikmeter | |
> radiokativen Abfall. Schacht Konrad ist zu klein dafür. | |
Bild: Doppelt so viel Atomschrott für den Schacht Konrad. | |
BERLIN taz | Umweltverbände hatten schon lange darauf hingewiesen, dass der | |
in Deutschland anfallende Atommüll keinesfalls in die bisher geplanten | |
Endlager passen wird. Auch im zuständigen Bundesamt für Strahlenschutz | |
wurde intern schon länger mit deutlich höheren Zahlen gerechnet als jenen | |
300.000 Kubikmetern, die bisher die offizielle Planungsgrundlage sind. | |
Nun räumt auch die Bundesregierung offiziell ein, dass die tatsächliche | |
Menge doppelt so hoch sein wird: Im Entwurf des „Nationalen | |
Entsorgungsprogramms“ ist von 600.000 Kubikmetern leicht und | |
mittelradioaktivem Müll die Rede. Das Programm, das das | |
Bundesumweltministerium auf Anforderung der EU bis zum nächsten Sommer | |
vorlegen muss, wird derzeit zwischen Bund und Ländern erarbeitet. Zuerst | |
hatte die Süddeutsche Zeitung daraus zitiert. | |
Ein Teil der zusätzlichen Menge wurde schon länger kommuniziert: Rund | |
200.000 Kubikmeter entfallen auf jene Abfälle, die aus dem havarierten | |
Endlager Asse geborgen werden sollen, weil dieses nicht sicher ist. Neu | |
ist, dass das Bundesumweltministerium die Abfälle aus der Uranfabrik im | |
nordrhein-westfälischen Gronau zum Atommüll zählt. Das dort entstehende | |
abgereicherte Uran gilt offiziell als „Wirtschaftsgut“, das | |
weiterverarbeitet werden kann. | |
Darum wurde der Stoff bis 2009 auch nach Russland exportiert. Noch Anfang | |
November, als das Umweltministerium in der Endlager-Kommission eine | |
Prognose über die künftigen Atomabfälle vorstellte, tauchten die Reststoffe | |
aus der Urananreicherung in Gronau darin nicht auf. Im neuen | |
Entsorgungsprogramm heißt es nun, sie würden „vorsorglich“ bei der | |
Endlagerplanung berücksichtigt. | |
## Wertstoff oder Abfall? | |
Unmittelbare praktische Konsequenzen hat das nicht. Der Betreiber Urenco | |
definiert das abgereicherte Uran weiterhin als „Wertstoff“. Damit die | |
genannte Menge von 100.000 Kubikmetern Abfall entsteht, müsste die Fabrik | |
„bis weit in die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts“ laufen, sagte | |
Urenco-Sprecher Chris Breuer. | |
Das will das örtliche Aktionsbündis Münsterland gegen Atomanlagen auf jeden | |
Fall verhindern. Sprecher Matthias Eickhoff forderte, als Konsequenz aus | |
der Neubewertung durch das Umweltministerium dürfe eine neue Lagerhalle für | |
das Uran nicht genehmigt werden. Stattdessen solle die | |
Brennstoff-Produktion in Gronau eingestellt werden. Auch die Grünen und die | |
Linken im Bundestag sprachen sich für ein Ende der Produktion in Gronau | |
aus. | |
Die rot-grüne Landesregierung sieht hingegen derzeit keine | |
Handlungsmöglichkeit. Die Genehmigung für die Halle könne nicht befristet | |
werden, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Eine Beseitigung der Stoffe | |
als Atommüll sei nur vorgesehen, wenn eine „Verwertung nicht absehbar“ sei. | |
Wo der zusätzliche Atommüll am Ende bleiben könnte, ist offen. Das im Bau | |
befindliche Endlager Schacht Konrad ist dafür nicht nur zu klein, es ist | |
auch nicht für diese Art von Abfällen ausgelegt. Über eine mögliche | |
Erweiterung solle erst nach der für 2022 vorgesehen Inbetriebnahme | |
entschieden werden, heißt es im Bericht. | |
18 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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