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# taz.de -- Woody Allens neuer Film: Wenn der Kopf vibriert
> Woody Allens neue Liebeskomödie „Magic in the Moonlight“ kommt in die
> Kinos. Ein Illusionskünstler lässt sich an der französischen Riviera
> verzaubern.
Bild: Geister bitte klopfen: Sophie Baker (Emma Stone) hat ihr Publikum fest im…
Man schreibt das Jahr 1928. In Berlin macht gerade der große chinesische
Zauberkünstler Wei Ling Su Station. Das Publikum ist begeistert, in einer
seiner erfolgreichsten Nummern lässt er sich in einen Sarkophag sperren, um
im nächsten Moment in einem Drehsessel daneben wieder aufzutauchen.
Sobald er jedoch in der Garderobe seine Glatzenmaske und den Fu-Manchu-Bart
abgelegt hat, gibt er sich als Brite von echtem Schrot und Korn zu erkennen
– angewachsene steife Oberlippe inklusive. Als Stanley Crawford, gespielt
von Colin Firth, wird er fortan mit arroganter Skepsis durch den Film
„Magic in the Moonlight“ schreiten, Woody Allens Regiebeitrag für das Jahr
2014. Wieder einmal dient Europa als Kulisse, diesmal fiel die Wahl auf die
französische Riviera mit ihren spektakulären Küsten.
Bei einer reichen Familie an der Côte d’Azur hat sich nämlich eine junge
Frau eingefunden, die als Medium für Aufsehen sorgt. Stanley wird von einem
befreundeten Kollegen gebeten, ihn dorthin zu begleiten, um den Schwindel
aufzudecken. In seiner ersten Begegnung mit dem „Medium“ Sophie Baker (Emma
Stone), einer US-Amerikanerin aus einfachen Verhältnissen, bleibt Stanley
zunächst seiner arroganten Haltung treu: Auf die Auskunft, Sophie empfange
immer diese „geistigen Vibrationen“, entgegnet er spöttisch: „Ach, ihr K…
vibriert?“
## Common-sense-Standhaftigkeit
Wie es die Konstellation so will, ist es allerdings Stanleys Kopf, der bald
zu schwirren beginnt. Er schafft es trotz aller
Common-sense-Standhaftigkeit nicht, Sophie auf die Schliche zu kommen. In
ihren Séancen scheinen tatsächlich Kerzen zu schweben und Personen aus dem
Jenseits mit Klopfzeichen zu kommunizieren. Schließlich gerät er immer mehr
ins Schwärmen für ihre „Gabe“.
Bis Stanley den eigentlichen Grund seiner Begeisterung für Sophie erkennt,
führt er mit ihr tapfer Debatten im Geiste von Friedrich Nietzsche über den
Tod Gottes einerseits und die Notwendigkeit von Illusionen andererseits.
Woody Allen baut diese Dialoge leider etwas versatzstückartig in seine
romantische Ausstattungskinokomödie ein. Nietzsches Atheismus ist dabei
nicht das einzige Motiv, das Allen recycelt.
Allein mit kleinen Details am Rande bewahrt er das Drehbuch vor der
völligen Erstarrung. Hamish Linklater insbesondere macht als wohlhabender
Verehrer Sophie Bakers eine überzeugende Figur, wenn er ihr seine mühsam
einstudierten Ständchen mit Ukulele und wackligem Gesang darbringt.
Ansonsten geht Woody Allen eben sehr auf Nummer sicher, unterlegt seine
sepiagetönten Bilder mit Jazz-Standards von Cole Porter bis Bix
Beiderbecke. Stimmt irgendwie alles, bleibt aber – wie Sophie Bakers
Hellseherei – am Ende doch eher fauler Zauber.
4 Dec 2014
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
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Woody Allen
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