# taz.de -- Serie für Amazon: Warten auf Woody | |
> Woody Allen wird für den Konzern seine erste Serie drehen. Worum es gehen | |
> wird, weiß niemand. Aber sein Name zieht eben Publicity nach sich. | |
Bild: Linksintellektuelle Prominenz: Sein Name ist alles, er weiß von nichts | |
Woody Allen geht zum Fernsehen, genauer gesagt zu Amazon, noch genauer zum | |
Video-on-Demand-Dienst. Der Mann, von dem unter anderem folgender Satz | |
überliefert ist: „Am zuverlässigsten unterscheiden sich die einzelnen | |
Fernsehprogramme noch immer durch den Wetterbericht.“ | |
Amazon Studios teilte am Dienstag in einer Pressemitteilung die Nachricht | |
mit. „The Untitled Woody Allen Project“ soll eine halbstündige Comedyserie | |
werden, und Allen wird als Regisseur und Schreiber fungieren. Worum es | |
gehen soll? Das weiß niemand, selbst Allen nicht: „Ich weiß nicht, wie ich | |
da reingeraten bin. Ich habe keine Ideen und weiß auch nicht, wo ich | |
beginnen soll.“ Das scheint nicht der beste Start zu sein, um eine neue | |
Serie zu promoten. | |
Aber der Name Woody Allen zieht eben Publicity nach sich, schließlich | |
drehte der 79-Jährige Filme, die viele Menschen angesprochen haben und | |
immer noch ansprechen – wie „Der Stadtneurotiker“, „Was Sie schon immer | |
über Sex wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten“ und „Der | |
Schläfer“. Deswegen wird auch Roy Price, der Vize-Amazon-Studios-Chef in | |
der Pressemitteilung, zitiert: „Woody Allen ist ein visionärer Künstler, | |
der einige der größten Filme aller Zeiten gemacht hat. Es ist eine Ehre, | |
mit ihm an seiner ersten Fernsehserie zu arbeiten.“ | |
Price bewilligte Woody Allen auch sofort eine ganze Staffel für die Serie | |
ohne konkreten Titel oder Inhalt, was ein recht ungewöhnliches Prozedere | |
ist. Der Name allein soll das Projekt also bereits tragen. | |
Erst am Wochenende gewann Amazon mit der von Kritik hochgelobten Serie | |
„Transparent“ zwei Golden Globes. Zum aller ersten Mal bekam damit eine | |
Show eines Streaming-Dienstes einen Golden Globe in der Kategorie „Beste | |
Fernsehserie“. Ein Erfolg für Amazon. | |
## Ein bisschen subversiv | |
Die Amazon Studios wurden 2010 gegründet „als neuer Weg, um Serien und | |
Filme zu entwickeln“ und sich so dem gängigen Fernsehprogramm | |
entgegenzusetzen. Die Idee: Alle konnten ihre Drehbücher online hochladen, | |
und Mitarbeiter von Amazon Studios würden die Einreichungen lesen und | |
bewerten. | |
Das klang mutig, das klang anders, sogar ein bisschen subversiv. | |
Drehbuchautoren konnten somit bei Amazon Studios Geschichten einreichen, | |
für die sonst im regulären Fernsehprogramm kein Platz ist. Überhaupt | |
scheinen die Video-on-Demand-Dienste wie Netflix, Hulu und eben auch Amazon | |
Studios an anderen Geschichten, an einer anderen Art der Narration | |
interessiert zu sein – und sorgten wie bei der Netflix-Serie „Orange is the | |
New Black“ für eine neue Sichtbarkeit von häufig Marginalisierten. Woody | |
Allen hingegen steht für ein Kino, das mittlerweile gerade nicht durch | |
Unkonventionalität auffällt. | |
Die Entscheidung, Allen für Amazon Studios zu verpflichten, ist auch aus | |
einem weiterem Grund nicht unkontrovers. Im Februar 2014 hatte seine | |
Adoptivtocher Dylan Farrow ihm in einem offenen Brief in der New York Times | |
erneut vorgeworfen, sie sexuell missbraucht zu haben, als sie sieben Jahre | |
alt war. Allen hat dies jederzeit und immer wieder bestritten. Zum | |
Vergleich: Bill Cosby wurden Ende 2014 alle Fernsehengagements gestrichen, | |
nachdem Vergewaltigungsvorwürfe von mehreren Frauen gegen ihn laut wurden. | |
Roy Price und Amazon Studios sind offenbar gewillt, den eventuellen Protest | |
auszuhalten, weil sie einen großen Namen für sich gewonnen haben. | |
Vielleicht möchte Woody Allen dem Serienformat auch endlich etwas Neues | |
hinzufügen, damit die Fernsehprogramme sich künftig unterscheiden. Das | |
allerdings ist schon längst passiert. | |
14 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Enrico Ippolito | |
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