# taz.de -- Hürden für Behinderte: „Ausreden sind das Problem“ | |
> Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung: Raul Krauthausen lobt | |
> die Berliner Verkehrsbetriebe und kritisiert die Ausflüchte vieler | |
> Café-Betreiber. | |
Bild: Wie, bitte, geht's da runter? | |
taz: Herr Krauthausen, Sie hatten die Idee zu Wheelmap, einer offenen | |
Onlinekarte für Barrierefreiheit. Wie viele Läden und Einrichtungen in | |
Berlin sind nicht für Rollstuhlfahrer zugänglich? | |
Raul Krauthausen: Das kann man nicht sagen. Wheelmap ist nicht | |
repräsentativ. Jeder kann dazu beitragen, und es werden vor allem Orte | |
eingetragen, die zugänglich sind. | |
Und wie ist Ihr persönlicher Eindruck, wenn Sie in der Stadt unterwegs | |
sind? | |
Das hängt vom Stadtteil ab. Ich wohne in Kreuzberg, da sind die meisten | |
Läden nicht rollstuhlgerecht, weil sie eine oder zwei Stufen am Eingang | |
haben. Das Problem sind einerseits die vielen Altbauten, aber auch die | |
Ausreden. Es ist eigentlich keine schwierige Sache, dort eine Rampe | |
hinzustellen. Aber die Betreiber sagen dann, dass sie nicht wissen, wie man | |
eine Rampe anlegen soll, oder was denn ist, wenn die Leute darüber | |
stolpern. Die Deutschen neigen dazu, immer Ausreden zu haben. Über | |
Fahrradständer kann man schließlich auch stolpern, und sie werden trotzdem | |
aufgestellt. | |
Was kostet eigentlich so eine Rampe? | |
Wir verkaufen sie für 180 Euro. Sie wird nur aufgeklappt, wenn sie | |
gebraucht wird, sonst steht sie zusammengeklappt an der Wand. Da braucht | |
sie nicht mehr Platz als ein Zeitungsständer. | |
Und wo klappt es besser als in Kreuzberg? | |
Ich habe vorher in Schöneberg gewohnt, da fand ich es besser. Die Gebäude | |
sind genauso alt, aber mehr von ihnen sind mit Rampen ausgestattet. | |
Was ist die Ursache für diesen Unterschied? | |
Ich weiß nicht. Wenn ein Laden umfunktioniert wird, zum Beispiel von einem | |
Frisör zu einem Café, dann muss er barrierefrei umgebaut werden. Vielleicht | |
werden in Schöneberg mehr Läden umfunktioniert. Oder dort wird von den | |
Behörden besser kontrolliert. | |
Und wie gut kommt man als Rollstuhlfahrer im öffentlichen Nahverkehr in | |
Berlin voran? | |
Relativ gut. Alle Busse sind rollstuhlgerecht, ein Großteil der U-Bahnen | |
und S-Bahnhöfe haben Aufzüge, aber nicht alle. Und wenn mal einer kaputt | |
ist, steht man dumm da. Aber die BVG und die S-Bahn machen eine Menge und | |
rüsten Aufzüge nach. Auch die neuen Straßenbahnen sind zugänglich. Die | |
Verkehrsunternehmen haben das Ziel, im nächsten Jahrzehnt komplett | |
barrierefrei zu werden. | |
Die Daten, die in der Wheelmap eingetragen werden, sind frei verfügbar. | |
Werden die Daten auch von anderen Anwendern genutzt? | |
Das würden wir uns wünschen. Von der Lizenz her ist es erlaubt. Aber | |
technisch ist die Verknüpfung eine Herausforderung, daran arbeiten wir | |
gerade. | |
Wie viele Menschen arbeiten an der Wheelmap mit? | |
Das kann man nicht sagen. Man muss sich nicht registrieren, um zu | |
markieren, ob ein Ort barrierefrei zugänglich ist oder nicht. Nur um ein | |
Foto oder Kommentar hinzuzufügen. muss man sich anmelden. | |
Und wie viele hauptamtliche Mitarbeiter gibt es? | |
An der Anwendung inklusive Kommunikation, Präsentation und Design arbeiten | |
vier Leute. | |
3 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
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