# taz.de -- Kommentar CDU-Parteitag: Die Kuschel-Kanzlerin | |
> Nur nicht anecken. Das scheint bei Merkel Programm zu sein. Dabei wäre | |
> jetzt eine klare Positionierung zu den islamfeindlichen Demonstrationen | |
> notwendig. | |
Bild: Klare Worte fehlen: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem Parteitag… | |
Deutschland geht es gut. Wir müssen uns anstrengen, damit das so bleibt. | |
Demografie ist eine Herausforderung. Die Digitalisierung verlangt Mut von | |
uns. Man muss kein regelmäßiger Zuhörer von Angela Merkels Parteitagsreden | |
sein, damit das irgendwie vertraut klingt. | |
Die CDU-Vorsitzende arbeitet mit einer übersichtlichen Zahl von | |
Textbausteinen, die allesamt eine ähnliche Botschaft haben: Es läuft rund. | |
Die Kanzlerin macht das schon. | |
All das hat mittlerweile eine Anmutung von Konrad Adenauer, der auch zu | |
schlichten Sätzen und Wiederholungsschleifen neigte. Und wie Adenauer | |
scheint auch Merkel einem tief sitzenden Bedürfnis nach Harmonie | |
entgegenzukommen. In der Partei und in der Gesellschaft. | |
Die CDU-Vorsitzende hat die Kunst perfektioniert, das Strittige einfach | |
weiträumig auszulassen. Mit der AfD formiert sich am rechten Rand der Union | |
erstmals bundesweite Konkurrenz. Was sagt Merkel in Köln auf dem | |
CDU-Parteitag dazu? Nichts. Sie äußert nur tapfer die Hoffnung auf eine | |
Wiederauferstehung der FDP. | |
In der Republik gehen obskure Bündnisse von Rechtsextremen und | |
verängstigten Bürgern auf die Straße, um im Namen des christlichen | |
Abendlandes gegen Flüchtlinge zu protestieren. Was sagt Merkel? Sie lobt, | |
dass Deutschland christliche Flüchtlinge aufnimmt. Mehr nicht. | |
Bloß nicht anecken. Es gab, das muss man fairerweise sagen, Ausnahmen. | |
Sarrazins krude Migrantenfeindschaft nannte die Kanzlerin 2010 schlicht | |
dumm. Warum diese Zögerlichkeit jetzt? Offenbar gibt es doch viele in der | |
CDU-Klientel, die Antiflüchtlingsdemos nicht so übel finden. Und nicht | |
verstehen, warum die Union nicht mit der AfD koaliert. | |
Die CSU ist gerade mit einem besonders dümmlichen Versuch in | |
Rechtspopulismus gescheitert – der Idee, dass Migranten zu Hause deutsch zu | |
reden haben. Merkel hat dazu im ARD-Interview erklärt: „Gute | |
Deutschkenntnis ist das A und O, und wie man sie gewinnt, darüber kann man | |
viele Möglichkeiten sich ins Auge fassen.“ Ein Satz mit recht freihändiger | |
Grammatik. | |
Wäre Helmut Kohl oder Roland Koch so etwas passiert, halb Deutschland hätte | |
vor Lachen unter dem Sofa gelegen. Bei Merkel nichts dergleichen. Die | |
Kanzlerin scheint gegen Spott immun zu sein. | |
Sie behelligt uns nicht mit allzu schwierigen Problemen. Dafür sind wir | |
nett zu ihr. Solange dieser stillschweigende Vertrag gilt, bleibt Merkel | |
Kanzlerin. | |
9 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
## TAGS | |
Schwerpunkt AfD | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
Rechtspopulismus | |
CDU-Parteitag | |
CSU | |
CSU-Parteitag | |
Schwerpunkt AfD | |
CDU | |
CDU-Parteitag | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Abschluss der CSU-Parteitages: Seehofer statt Meinungsaustausch | |
Eine Diskussion über strittige Themen wurde beim Parteitag der CSU | |
unvermittelt abgebrochen. Horst Seehofer lobte die selbsternannte | |
„Mitmachpartei“ dennoch als „bärenstark“. | |
CSU-Parteitag in Nürnberg: Kämpfen gegen die „linke Republik“ | |
Die Kritik am Deutschgebot für Zuwanderer möchte Horst Seehofer schnell | |
vergessen machen. Vom Parteitag will er ein Zeichen der Stärke senden – | |
auch nach Berlin. | |
Abschluss CDU-Parteitag in Köln: AfD-Flirt steht unter Strafe | |
Der Kurs gegen Islamisten wird härter, das Internet schneller ausgebaut. | |
Und der Thüringer Landespolitiker Mike Mohring fällt durch. | |
Parteitag der CDU in Köln: Spannung erst am Schluss | |
Die CDU hat die Gremienplätze neu verteilt. Bei der Präsidiumswahl zog am | |
Ende ein Promi zurück, damit zwei Frauen im Präsidium bleiben können. | |
CDU-Parteitag in Köln: Ein wohlbekanntes Schweigen | |
Trotz Antiislamdemonstrationen sagt die Bundeskanzlerin kaum etwas über das | |
Verhältnis ihrer Partei zu Muslimen und Verfolgten. |