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# taz.de -- Parteichefposten bei der CSU: Die Thronfolge bleibt weiter offen
> Horst Seehofer will 2018 abtreten. Eine Nachfolgedebatte wünscht er
> nicht. Doch eine friedliche Machtübergabe gab es bei der CSU noch nie.
Bild: Neue Spekulationen über seine Nachfolge verbittet er sich.
WILDBAD KREUTH taz | Wie auf Bestellung schiebt sich am Mittwoch die Sonne
hinter den Wolken hervor, als Horst Seehofer zur Winterklausur der
CSU-Landesgruppe in Wildbad Kreuth vorfährt. Kein Zufall sei das, legt sein
Generalsekretär Andreas Scheuer vor Journalisten nahe. Schließlich habe die
CSU auch höchstselbst dafür gesorgt, dass Wildbad Kreuth an diesem Tag
idyllisch in weichen Schneemassen erstrahlt.
Solch halb ironischer Größenwahn gehört traditionell zu Kreuth wie
Weißwurst und Butterbrezen zu Bayern. Horst Seehofer erinnert in dieser
Szenerie daher auch eher an einen König, wie er zwischen glitzerndem Schnee
und weißen Baumwipfeln aus seinem Auto aussteigt und auf den Pulk von
Journalisten zuschreitet, als an einen gewählten Politiker, rechts und
links von seinen Paladinen, CSU-Landesgruppen-Chefin Gerda Hasselfeldt und
Generalsekretär Andreas Scheuer, flankiert.
„Und wo ist der Thronfolger?“, fragt ein Journalist. Seehofer lacht
genüsslich. Er hatte diese Frage erwartet: Just zu Beginn der Winterklausur
erklärte er in einem Interview, 2018 nicht mehr als Ministerpräsident zu
kandidieren. Gerade erst war die Nachfolgedebatte um seinen Posten
verklungen, da heizt er selbst sie wieder an. Hat er nun also das Rennen um
seine Thronfolge offiziell eröffnet? Seehofer winkt ab. Neue Spekulationen
über seine Nachfolge verbittet er sich. Die Aufregung kann er nicht
verstehen. „Der Neuigkeitswert ist gleich null“, sagt er.
Das kann man auch anders sehen. Erst vor ein paar Monaten erklärte er, er
strebe zwar einen „geordneten Generationenübergang“ an, aber er fügte auch
unmissverständlich hinzu: „Aber ich wüsste auch, was ich zu tun hätte, wenn
kein ordentlicher Übergang gewährleistet wäre.“ Im Klartext lautete die
unverhüllte Drohung: Dann trete ich eben erneut an.
## Lieber Inhalt ernten
Kurz zuvor hatte Finanzminister Markus Söder wieder einmal gestichelt und
deutlich gemacht, dass er lieber heute als morgen Ministerpräsident wäre.
Mit der Drohung, das Zepter noch lange nicht aus der Hand zu geben, zeigte
Seehofer ihm, wer in der CSU das Sagen hat. Er erreichte sein Ziel: Söder
schwieg. Doch Seehofer zahlte ein hohes Schweigegeld, denn nicht wenige in
der Fraktion waren verärgert über seinen Sinneswandel, eventuell doch der
ewige König von Bayern sein zu wollen. Viele hatten ihm geglaubt, wirklich
2018 gehen zu wollen, wie er es immer beteuert hatte. Schließlich hatte
Seehofer selbst erlebt wie es Edmund Stoiber erging, als der auch nach 14
Jahren noch an seinem Ministerpräsidentenstuhl klebte. Just in Kreuth wurde
sein Sturz ausgeklüngelt und vorbereitet.
Es war sein Versprechen, 2018 zu gehen, mit dem sich Seehofer die
Zustimmung seiner Partei erkauft hatte, nachdem die CSU bei den
Europawahlen im Mai ihre größte Niederlage erlebte. „Wenn er das nicht
getan hätte, wäre schon nach den EU-Wahlen das Murren losgegangen“, sagt
ein Parteimitglied. Seehofers überraschende Ankündigung, doch
weiterzumachen, sei in der CSU „nicht gut angekommen“, heißt es aus der
Fraktion.
Will Seehofer mit seiner erneuerten Bekundung, 2018 nun also doch wirklich
zu gehen, es also wiedergutmachen? Glaubt er mit der Ankündigung eines
geregelten Machtübergangs, die Spekulationen über seine Nachfolge
wenigstens für das Jahr 2015 aus den Schlagzeilen halten zu können? Das ist
zumindest das Ziel, das Seehofer an diesem Mittwoch in Kreuth für die
Klausurtagung ausgab. Das Jahr 2015 müsse frei sein von Personaldebatten,
sagte er. Vielmehr müsse die CSU jetzt das inhaltliche Fundament legen für
die Bundestagswahlen 2017. Politische Fehler könnten im Wahlkampf nicht
mehr korrigiert werden. „Wir müssen jetzt aussäen, um 2017 ernten zu
können“, sagte er. Noch halten sich alle in der CSU an seine Devise: Inhalt
statt Personaldebatten.
## Söder als das Gesicht Bayerns
Für seine Wunschnachfolge will Seehofer deshalb keine Namen nennen.
Verkehrsminister Dobrindt genießt zwar das volle Vertrauen des CSU-Chefs.
Doch im Bayerischen Landtag hat er wenig Rückhalt, außerdem muss er mit der
für nächstes Jahr geplanten Pkw-Maut erst noch sein Meisterstück abliefern.
Von den beiden anderen potenziellen bayerischen Thronfolgern Markus Söder
und Ilse Aigner konnte in der Landespolitik bisher keiner so punkten, dass
es für die Favoritenrolle reicht. Söder erscheint tatkräftiger, dafür aber
in seinem Ehrgeiz zu verbissen, und lässt kaum eine Gelegenheit aus, um
sich als neuer Ministerpräsident zu profilieren.
Es ist kein Geheimnis, dass er und Seehofer nicht gerade die besten Freunde
sind. Er versteht es, sich in Talkshows als das Gesicht Bayerns zu
präsentieren. Ohne es mit Seehofer abzusprechen, präsentiert er seine
eigenen Konzepte in der Presse und wirbt um Anhänger innerhalb der
Fraktion. Und das mit Erfolg. Viele der jungen Abgeordneten schätzen ihn
noch aus seinen Zeiten als Vorsitzender der Jungen Union.
Seine Konkurrentin Ilse Aigner wiederum kann bei der Umsetzung der
Energiewende in Bayern bislang nicht überzeugen, genießt aber mehr
Sympathien bei der Bevölkerung. Weil sie wie ein kleines Mädchen an
Seehofers Rockzipfel hängt, verliert sie aber gerade an Ansehen. Trotzdem
scheint sie immer noch Seehofers Liebling zu sein.
## Niemand will eine Personaldebatte
Und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt? Am Mittwoch steht sie in
leuchtend blauem Mantel in der weißen Wintertraumlandschaft, aus ihr
sprechen die Worte des großen Parteivorsitzenden Seehofer:
„Personalentscheidungen und Spekulationen haben keinen Platz in Kreuth.“
Sie knetet ihre gefalteten Hände, streicht mit dem Daumen über den goldenen
Ring am Finger, als sie sagt: „Es belastet mich in keinster Weise, das
müssen Sie mir abnehmen.“
Auch Generalsekretär Scheuer bügelt die Fragen, wer denn nun das Rennen
machen wird ,mit einem Scherz ab. „Was sollen wir machen? Einen
Langlaufwettbewerb oder ein Schlittenrennen?“
Niemand in der Partei will eine offene Personaldebatte. Ein Parteimitglied
formuliert es so: „Hauptsache, wir tun lange genug so, als glauben wir
dran, dass ein geordneter Übergang möglich ist.“ Es geht nun darum, das
Hauen und Stechen, das spätestens 2016 beginnen wird, möglichst lange
hinauszuzögern, denn eine friedliche Machtübergabe gab es in der Geschichte
der CSU noch nie.
7 Jan 2015
## AUTOREN
Lisa Schnell
## TAGS
Parteichef
Nachfolge
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Horst Seehofer
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Flüchtlinge
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