# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Trügerische Sicherheit am Stadtrand | |
> Online-Chefs, Mohammed-Karikaturen und mangelnde Solidarität. Da ist es | |
> wichtig, dass man seinen Humor nicht verliert. | |
Bild: Der „Spiegel“ bringt ab und zu ein Heft raus, das Leute sauer machen … | |
Hallo taz-Medienredaktion! Ich bin so froh, dass du so gebildet bist wie | |
Claus Kleber. Und natürlich weißt, wer Otto Julius Bierbaum war. Bierbaum | |
war der Journalist und Schriftsteller, der den hübschen Satz geprägt hat: | |
„Humor ist, wenn man trotzdem lacht.“ Und das scheint mir das Wichtigste zu | |
sein, das nach letzter Woche helfen mag. Den Humor wiederzufinden. Sonst | |
müsste ich mich sofort erschießen. | |
Besonders einfach wird das, wenn man sich die Reaktion von bild.de-Chef | |
Julian Reichelt anschaut, der die irre Behauptung aufstellt, Edward Snowden | |
sei verantwortlich für die Anschläge. Da brüll ich doch schon mal vor | |
Lachen! Richtig flach lege ich mich dann beim nächsten Onlinechef, dem von | |
zeit.de. Jochen Wegner hat geschrieben, es sei beruhigend zu wissen, dass | |
nun „Ordnungshüter … mit Maschinenpistolen und Panzerwesten vor unserem | |
Haus in Stellung gehen.“ | |
Äh, wer redet da? Ach ja, stimmt, der Chef dieses unglaublich mutigen | |
Enthüllungsportals, dem „kleinen Sturmgeschütz“ (Wegner), dessen | |
JournalistInnen mit ihrer Knallhart-wie-Kruppstahl-Recherche täglich, ach, | |
was sage ich!, im Minutentakt ihren Kopf für die Freiheit aus dem | |
Onlinefenster halten. | |
Der freut sich jetzt über Bewaffnete vor seinem gläsernen und ebenerdigen | |
Redaktionsflur in Berlin, als wenn in Paris der Polizist vor der Tür nicht | |
über den Haufen geschossen wurde. Auch sehnt sich Wegner an den Stadtrand, | |
an den aktuell aus Sparmaßnahmen etliche Redaktionen verlegt werden. Was | |
dann aber doch etwas kurz gedacht ist, denn die Zeit hat ja Leser mit | |
Abitur. Also auch Attentäter mit Abitur, und die werden ja wohl in der Lage | |
sein, den U-Bahn-Fahrplan zu lesen, um den entsprechenden Zug in die | |
Walachei zu nehmen. | |
## Der „Mopo“-Brandanschlag | |
Aber das passt ins Bild der Zukurzgekommenen: Solange Online die ungeliebte | |
Halbschwester von Print bleibt, werden die Macher sich als schwarze Schafe | |
fühlen und auf wichtig machen. Großartig lustig war auch die Meldung: | |
„Hamburger Verlagshäuser erhöhen die Sicherheitsmaßnahmen“. | |
Wer bitte? Springer produziert hier gerade noch Bild Hamburg, Gruner & Jahr | |
hat sich auf Hefte wie Couch oder Potatoe verlegt und einen irrelevanten | |
Stern und Bauer macht Frauen dumm. Die Zeit punktet mit dicken Kindern und | |
Homöopathie. Allein der Spiegel bringt noch ab und zu ein Heft raus, das | |
Leute sauer machen kann. Gemeint ist nicht die Textqualität. | |
Einzig die Mopo tat nach dem Abdruck der Charlie-Hebdo-Karikaturen gut | |
daran, sich um ihre Sicherheit zu sorgen. Vor einem Brandanschlag geschützt | |
hat das nicht. Und so, wie es vor allem der Boulevard war, der den Mut | |
hatte, Karikaturen zu drucken, so hat mich erschrocken, bei der | |
Solidaritätszusammenkunft in der „Medienstadt Hamburg“ am Tag des Attentats | |
unter den rund 80 Personen gerade mal zwei KollegInnen zu entdecken. | |
Eine Journalistin von stern.de und einen Fotografen. Komisch, bei | |
Preisverleihungen sind sie immer alle da. Aber ich nehme an, die | |
Verteidiger der Demokratie wollten im Büro warten, bis die bewaffneten | |
Beschützer vor der Tür stehen. | |
Damit die Schwachmaten zum Büro kommen, um einem wehzutun, muss man sich | |
übrigens nicht über Mohammed lustig machen. Es reicht schon zu schreiben, | |
wie dämlich die Bayern in ihren Latzhosen aussehen. Ich nehme nicht an, | |
dass die Leute, die mir damals „die Fresse zertreten“ und mich „tot sehen… | |
wollten, von der bayerischen Isis sind. Das sind ganz „normale“ Bayern. | |
Christen eben. In deren Namen kämpfe ich als Journalistin doch jetzt erst | |
recht gern für „unsere Werte“. Und damit zurück nach Berlin. | |
14 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Silke Burmester | |
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