| # taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: An den Pfahl der Bedeutung pinkeln | |
| > Bei den Lobreden zum „Journalist des Jahres“ labern vor allem die Männer. | |
| > Und ein Auslandskorrespondent wird beim Rauchen erwischt. | |
| Bild: Dürfte den ARD-Oberen gar nicht geschmeckt haben: Korrespondent mit Flup… | |
| Hallo taz-Medienredaktion! Nächste Woche Montag, wenn du schon im Bettchen | |
| liegst, werden vom Medium Magazin die Auszeichnungen zum „Journalist des | |
| Jahres“ verliehen. Das ist immer – vor allem in Bezug auf die Weine – eine | |
| sehr leckere Veranstaltung. Und lustig ist es auch. Vor allem hinterher. | |
| Weniger lustig sind allerdings zwei Dinge, die in Zusammenhang stehen: a) | |
| die Anzahl der Frauen unter den Preisträgern und Laudatoren b) die Länge | |
| der Lobesreden. Die Anzahl der Laudatorinnen wurde dieses Jahr von zwei auf | |
| fünf erhöht, allerdings gibt es auch mehr Kategorien. Das Problem ist | |
| folgendes: Die Redezeit für jeden Jubelredner liegt bei drei Minuten. Und | |
| nun kommt’s: Außer mir hat sich 2014 nur ein Mann dran gehalten. Alle | |
| anderen haben geredet und geredet und geredet. | |
| Anstatt den Auszuzeichnenden eine Freude zu machen, machen die Herren sich | |
| die Freude: „Ich stehe hier vor Hundert Leuten, und jetzt zeig ich denen | |
| mal, wie lang mein Brusthaar ist. Ich, Journalist der großen Güte, nutze | |
| die Gelegenheit, verbal volle Pulle an den Pfahl der Bedeutung zu pinkeln. | |
| Redezeit, was bist du außer einer schnellen, billigen Nummer, an die ich | |
| mich dank meinem Alphaglanz nicht zu halten habe?! Ich, der Elite edler | |
| Vertreter!“ | |
| Ja, Medienredaktion, so ist das. Und ich hätte das gern anders. Kurz, | |
| knackig, auf den Punkt. Man sollte annehmen, Journalisten könnten das. Aber | |
| nein … Ich glaube, ich nehme eine Klingel mit. So eine große, alte | |
| Fahrradklingel. Und wenn es zu lang wird, wird’s laut. Das ist eine Freude | |
| nach meinem Geschmack! | |
| ## Auslandsberichterstatter? Einen im Tee | |
| Gar nicht so gut dürfte den ARD-Oberen geschmeckt haben, dass während des | |
| „Brennpunkts“ am Donnerstag zum Korrespondenten geschaltet wurde und der – | |
| die Schalte wohl später erwartend – [1][mit einer Kippe in der Hand] vor | |
| der Kamera stand. Das erinnert mich nicht nur an die Schalte während des | |
| Jugoslawienkriegs zu Friedhelm Brebeck, der mit einer Pulle Hochprozentigem | |
| im Bild erschien, sondern bringt mich zu dem Punkt, dass man oft genug bei | |
| den Beiträgen der Auslandsberichterstatter den Eindruck bekommt, da hat | |
| einer ordentlich einen im Tee. | |
| Über Wochen und Monate hätten sie mitunter 50 bis 60 Stundenwochen, sagte | |
| Sonja Mikich neulich auf dem Podium des Grimme-Instituts. Und wer – vom | |
| bequemen Sofa aus die Beiträge sehend – eine Ahnung hat, was es heißt, aus | |
| Kriegsgebieten zu berichten, welch Gräuel und Elend die KollegInnen dort | |
| sehen, nie wissend, ob sie nicht zwischen die Fronten oder in einen | |
| Hinterhalt geraten, immer auf Abruf und Stunden um Stunden, womöglich unter | |
| Beschuss und in Kälte, auf eine Leitung ins Studio wartend, der wundert | |
| sich nicht, dass einige auch so aussehen, als ob sie ständig einen im Tee | |
| hätten. | |
| Die Begründung, mit der Reinhold Beckmann kürzlich eine Moderation absagte, | |
| nachdem er aus dem Irak zurückgekommen war, liest sich wie eine | |
| Posttraumatische Belastungsstörung. Beckmann war gerade mal zweieinhalb | |
| Wochen dort. | |
| Auch etwas benebelt scheinen mir die Studierten, die bei der FAS arbeiten. | |
| „Deutsche Ärzte und Krankenschwestern überrollen die Schweiz“ lautete am | |
| Sonntag eine Überschrift des Frankfurter Fachblatts. Dachte ich, die | |
| Zeiten, in denen Deutsche Nachbarländer überrollen, seien vorbei, frage ich | |
| mich, wie die das wohl tun. Kommen die auf Skates? Oder mit dem Rollkoffer? | |
| Und wenn Letzteres, sitzen sie darauf oder sitzen sie darin? Und Ärzte und | |
| Schwestern gemeinsam? Hand in Hand? Oder haben die Schwestern Rollen an | |
| Händen und Füßen und die Ärzte sitzen drauf? Fragen, die die FAS nicht | |
| klärt, womit ich betrübt nach Berlin zurückgebe! | |
| 18 Feb 2015 | |
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| [1] http://www.facebook.com/video.php?v=10152755310768918 | |
| ## AUTOREN | |
| Silke Burmester | |
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