# taz.de -- „Wir haben es satt“-Demo in Berlin: Tausende fordern Agrarwende | |
> Pünktlich zur grünen Woche fand auch in diem Jahr die Gegendemo statt. | |
> Aufbegehrt wurde gegen Gentechnik, Massentierhaltung und TTIP. | |
Bild: Animalfarm: Aktivisten beim Protestzug in der Hauptstadt. | |
BERLIN dpa | Gegen Massentierhaltung, Gentechnik und das geplante | |
Freihandelsabkommen mit den USA sind Tausende Menschen in Berlin auf die | |
Straße gegangen. Zu der Demonstration anlässlich der Agrarmesse Grüne Woche | |
kamen am Samstag nach Darstellung der Veranstalter 50.000 Teilnehmer. | |
Aufgerufen zu dem Protestzug zum Kanzleramt mit mehreren Traktoren hatten | |
80 Verbände, darunter Bauern-, Verbraucher-, sowie Tier- und | |
Umweltschutz-Organisationen. Auch Grüne und SPD verlangten ein Eindämmen | |
des Antibiotika-Einsatzes in den Ställen. Während der Grünen Woche berieten | |
internationale Experten und Agrarminister über die Welternährung und eine | |
stärkere Nutzung nachwachsender Rohstoffe. | |
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) sagte am Rande der | |
Messe, auf der Demonstration würden Themen angesprochen, bei denen man sich | |
fragen müsse, ob etwas zu ändern sei. Mit dem Motto „Wir haben es satt“ | |
werde aber die Mehrheit der Landwirte in eine Ecke gestellt. „Deswegen | |
empfehle ich, aus den Ecken und aus der Selbstgewissheit herauszukommen und | |
miteinander zu reden.“ | |
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte ein Umdenken vor | |
allem in der Fleischproduktion. Pro Tier müsse es eine bestimmte Fläche | |
geben, Antibiotika dürften nicht mehr zum Einsatz kommen. | |
SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi erklärte, Lebensmittel von hoher | |
Qualität müssten dennoch für alle erschwinglich sein. „Gesunde Ernährung | |
darf keine Frage des Geldbeutels sein.“ | |
EU-Agrarkommissar Phil Hogan betonte, eine neue europäische Richtlinie | |
solle den Schutz vor Täuschungen bei Bio-Lebensmittel verbessern. „Wo bio | |
draufsteht, muss bio drin sein“, sagte er der Passauer Neuen Presse. | |
Schmidt verteidigte die Freihandels-Verhandlungen mit den USA. Damit biete | |
sich auch die Chance, europäische und deutsche Standards sogar zu globalen | |
Standards zu machen. Bei der Lebensmittelsicherheit solle nicht so getan | |
werden, als würde in den USA alles gegessen, „was kreucht und fleucht“ und | |
sich auf der Straße bewege. „Es ist arrogant von uns Europäern, den | |
amerikanischen Verbrauchern zu unterstellen, sie würde das überhaupt einen | |
Scheißdreck kümmern.“ Der Minister unterstrich, für Verbraucher müsse zum | |
Beispiel sofort erkennbar sein, ob bei einem Produkt genverändertes Futter | |
verwendet wurde. | |
Aus Sicht der Welternährungsorganisation kommt es beim Kampf gegen den | |
Hunger auf gute Qualität der Lebensmittel an. „Wir müssen uns mit gesunder | |
Nahrung befassen, nicht mit irgendwelcher Nahrung“, sagte Generaldirektor | |
José Graziano da Silva am Rande der Grünen Woche. Schmidt sagte, | |
Hauptaufgabe der Landwirtschaft müsse die Erzeugung von Lebensmitteln | |
bleiben. Daneben sei aber durchaus Platz für eine stärkere Nutzung | |
nachwachsender Rohstoffe für andere Zwecke. Dies war auch Thema eines | |
Agrarministertreffens mit Regierungsvertretern aus rund 70 Staaten am | |
Samstag am Rande der Messe in Berlin. | |
17 Jan 2015 | |
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