| # taz.de -- "Wilder Streik" bei Daimler: Der große Kampf | |
| > Mercedes-ArbeiterInnen protestieren weiter gegen Lohndumping. Mit einer | |
| > Soli-Aktion wenden sie sich heute gegen 761 Abmahnungen wegen eines | |
| > „wilden Streiks“. | |
| Bild: Letzte Woche in Bremen: Warnstreiks bei Mercedes für 5,5 Prozent mehr Lo… | |
| BREMEN taz | Während die IG Metall stolz verkündet, dass in Niedersachsen | |
| und Mecklenburg-Vorpommern insgesamt etwa 1.000 Beschäftigte an einem | |
| Warnstreik zu den laufenden Tarifverhandlungen teilnahmen, braut sich im | |
| Bremer Mercedes-Werkes etwas zusammen – oder vielmehr: Es brodelt weiter. | |
| Dort hatten sich im Dezember allein 1.300 ArbeiterInnen einer Nachtschicht | |
| an einem „wilden Streik“ gegen die Ausweitung von Leiharbeit und | |
| Werkverträgen beteiligt. Die Werksleitung hatte daraufhin insgesamt 761 | |
| Abmahnungen verschickt. Dagegen wehrt sich nun die Belegschaft. Dass ein | |
| Streik auch ohne Tarif-Verhandlungen und Gewerkschaft möglich sein soll – | |
| dafür wollen die ArbeiterInnen nun sogar juristisch kämpfen: sie planen | |
| nicht weniger als das Streikrecht zu renovieren. Am Mittwoch nun ist eine | |
| Solidaritäts-Aktion geplant. | |
| „Es gibt eine ziemliche Wut der Kollegen“, sagt der Gewerkschafter Gerhard | |
| Kupfer. Die Nachtschicht sei stolz auf ihre Aktion, „aber die Abmahnungen | |
| waren schon ein Warnschuss“, sagt er. Doch: „Ruhe wird es nicht geben.“ | |
| „Die Solidarität ist riesig, sagt Kupfer. „Uns haben rund 60 Schreiben von | |
| Gewerkschaftern aus aller Welt erreicht.“ Ferner seien 5.000 Unterschriften | |
| gegen die Abmahnungen gesammelt worden, die heute der Werksleitung | |
| übergeben werden sollen. GewerkschafterInnen, linke Bremer Professoren und | |
| auch der Fernsehschauspieler und Ver.di-Funktionär Rolf Becker aus Hamburg | |
| wollen dabei sein und mit vor dem Tor stehen. | |
| Kupfer war im Betriebsrat, ist aber mittlerweile in Rente. Dass er die | |
| Aktionen mit koordiniert, soll auch den Druck von den aktiven Betriebsräten | |
| nehmen. Die Konzernleitung wirft Teilen von ihnen vor, zu der illegalen | |
| Arbeitsniederlegung aufgerufen zu haben. | |
| Die Betriebsräte aber sagen, sie hätten nur eine erlaubte | |
| „Informationsveranstaltung“ abgehalten. Die wurde dann vom 11. auf den 12. | |
| Dezember von der Nachtschicht ausgedehnt. Anlass des Protests war der Plan | |
| der Werksleitung, die Arbeit von 140 Beschäftigten aus der Logistik-Branche | |
| fremdzuvergeben. Auch sollen im nächsten Jahr 92 Sonderschichten geplant | |
| sein. Insgesamt 5.000 der rund 12.300 Beschäftigen des Werkes sollen sich | |
| an dieser und anderen Aktionen beteiligt haben. | |
| Bei Leiharbeit und Werkverträgen gehe es um einen gesellschaftlichen | |
| Skandal, so der Gewerkschafter Kupfer: „Fast alle Kollegen haben Kinder, | |
| die in irgendwelchen prekären Beschäftigungen arbeiten.“ In den aktuellen | |
| Tarifverhandlungen will die IG Metall 5,5 Prozent mehr Lohn, aber in Sachen | |
| Leiharbeit werde nichts gefordert. | |
| Der Bremer IG-Metall-Geschäftsführer Volker Stahmann war scharf kritisiert | |
| worden, weil er die Aktionen der Daimler-Beschäftigten nicht unterstütze. | |
| Gegenüber der taz wollte Stahmann dies nicht kommentieren. | |
| Die abgemahnten Mercedes-ArbeiterInnen wollen nun auf ihr Recht auf Streik | |
| klagen – auch ohne Gewerkschaft. Das ist bislang nicht erlaubt, oder | |
| zumindest umstritten. Der Hamburger Arbeitsrechtler Rolf Geffken allerdings | |
| meint, dass ein Streik in diesem Fall sehr wohl ein rechtens sei, „gerade | |
| deshalb, weil die IG Metall nichts unternimmt“, so Geffken zur taz. „Die | |
| Forderung, dass in diesem konkreten Unternehmen Schluss sein soll mit | |
| Leiharbeit und Werkverträgen, ist ein legitimes Anliegen“, so Geffken. Das | |
| sei noch kein politischer Streik, wie er in Deutschland verboten ist. | |
| „Ohnehin sind zahlreiche der Abmahnungen fehlerhaft“, so Geffken. „Viele | |
| waren am Streik gar nicht beteiligt.“ | |
| Eine Sprecherin der Daimler AG hingegen erklärte, jeder Verstoß gegen einen | |
| Arbeitsvertrag werde geahndet: „Das ist ein normaler Vorgang. Der Prozess | |
| ist somit abgeschlossen und die Abmahnungen werden nicht zurückgenommen.“ | |
| ## 21 Uhr, Tor 7 des Mercedes-Werkes, Hermann-Koenen-Straße | |
| 4 Feb 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Jean-Philipp Baeck | |
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