# taz.de -- Kolumne Kulturbeutel: Trauriger Joggermarsch für Olympia | |
> Hamburg und Berlin leuchten für Olympia. Die Lichtinstallationen sind | |
> eher peinlich. Ebenso ein kläglicher Lauf-Event in der Hauptstadt. | |
Bild: Wer ist „WIR“? | |
Berlin leuchtet wieder einmal. Das Brandenburger Tor ist nun schon zum | |
dritten Mal innerhalb weniger Monate Kulisse für eine Lichtinstallation. An | |
die Ballons, die zum 25. Jahrestag des Mauerfalls im November eine | |
Lichtgrenze markiert haben, werden sich noch viele freiheits- und einfach | |
nur so besoffene Geschichtstouristen voller Enttäuschung erinnern. | |
Gerne hätten sie die illuminierten Ballons gen Himmel fliegen sehen und mit | |
ihren Smartphones die Einheitsinszenierung festgehalten. Doch die Ballons | |
hörten zu leuchten auf, als sie von der Verankerung gelöst wurden. Ein | |
trauriges Spektakel, das als Sinnbild für die deutsche Einheit vielleicht | |
stimmig, aber von den Machern gewiss nicht so gewollt war. | |
Kurz davor hatte Regisseur Wolfram Lenssen das Brandenburger Tor zu | |
Feuerwerk und „Ode an die Freude“ in ein knallbuntes Kitschobjekt mit roten | |
Blümchen, güldenen Sternen und lieblichen Herzchen verwandelt. Und nun | |
strahlt das Berliner Wahrzeichen schon wieder. Mit einer Lichtinstallation | |
will Berlin seine Einwohnerschaft für eine Olympiabewerbung der Stadt | |
begeistern. | |
Rot, blau, grün und lila leuchtet das Tor nun und gibt den Berlinern schon | |
einmal einen Vorgeschmack darauf, wie die Stadt durchdesignt werden könnte, | |
sollte Berlin die Spiele 2024 oder 2028 tatsächlich austragen. „City | |
Dressing“ nennt man das Outfit, das einem Austragungsort von Spielen | |
verpasst wird. Die Stadt wird zur Werbefläche für den Sportkonzern IOC. | |
## Ohne künstlerischen Wert | |
Und nichts anderes als eine Werbefläche ist in diesen Tagen das | |
Brandenburger Tor. „Wir wollen die Spiele. Berlin für Olympia“ ist in | |
großen Lettern auf die Sandsteine unter der Quadriga projiziert. Wer das | |
sieht, wird nicht lange über den künstlerischen Wert dieser | |
Lichtinstallation nachdenken. Sie hat keinen. | |
Dass das Brandenburger Tor nur bedingt geeignet ist, um die Berliner heiß | |
auf Olympia zu machen, haben die Spielewerber im Senat immerhin erkannt. | |
Und damit man nicht allein Touristen erreicht, strahlt nun auch der | |
Fernsehturm am Alexanderplatz in den von der Stadt neu definierten | |
Olympiafarben. Mit einem Volkslauf wurde am Wochenende das Licht vom Tor | |
zum Turm getragen. | |
Um die Hundert Teilnehmer sollen an diesem wohl besser als Völkchenlauf zu | |
bezeichnenden Event mitgewirkt haben. Die Olympiagegner in der Stadt gossen | |
eimerweise Häme über den traurigen Joggermarsch aus. Tenor: Das war’s wohl | |
mit Olympia in Berlin. Die ersten Glückwünsche wurden nach Hamburg | |
geschickt, wo man sich ebenfalls bemüht, zur deutschen Kandidatenstadt für | |
2024 zu werden. | |
## Weiße Strahlen am Himmel | |
Ende Februar sollen Meinungsumfragen an Elbe und Spree die | |
Olympiabegeisterung messen, bevor am 21. März die Mitgliederversammlung des | |
Deutschen Olympischen Sportbundes entscheiden wird, welche deutsche Stadt | |
man ins Rennen um die Spiele schicken wird. | |
Auch in der Hansestadt wirbt man mit einer Lichtinstallation für | |
Olympiabegeisterung. „Skylights“ nennt sich die und hat – warum auch immer | |
– das Motto: „Olympia zum Greifen nah“. Vor der Kunsthalle, von den | |
Bezirksämtern Altona und Bergedorf sowie von den Dächern diverser | |
Einkaufszentren schicken riesige Scheinwerfer Strahlen in den Farben der | |
olympischen Ringe in den Nachthimmel: Blau, Gelb, Grün, Rot und Weiß. | |
Weiß? Weil man einen schwarzen Strahl nicht so recht sehen würde in der | |
Nacht, hat man sich wohl für Weiß entschieden. Wer unbedingt will, darf das | |
als künstlerische Freiheit bezeichnen. | |
5 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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