| # taz.de -- Kolumne Die eine Frage: Der Antichrist der Linksliberalen | |
| > Der Silicon-Valley-Milliardär Peter Thiel treibt die libertaristische | |
| > Idee ins Extreme. Er will die entwickelte Welt weiterentwickeln. | |
| Bild: Die Zukunft liegt in neuen Investitionen – zum Beispiel in die Raumfah… | |
| Das kann nicht jeder wissen, aber wenn man eine richtig geniale Idee hat, | |
| schauen einen die Leute an wie einen Vollidioten. Mit einem Schlag sind | |
| alle im Konferenzraum wach und erklären engagiert, warum das auf keinen | |
| Fall geht. Irgendwann sagen sie: „Am besten eröffnen wir doch ein | |
| Restaurant.“ Die Geschäftsidee Restaurant ist Peter Thiels Topbeispiel für | |
| die konformistische Trostlosigkeit zeitgenössischen Denkens und die | |
| garantierte Erfolglosigkeit von neuen unternehmerischen Projekten. | |
| Thiel, 47, aus Frankfurt am Main wurde zum Silicon-Valley-Milliardär durch | |
| Umsetzung von oder Investition in ungewöhnliche Ideen. Er gehört zu den | |
| Gründern von PayPal. Er war ein früher Investor von Facebook. Er ist der | |
| Intellektuelle unter den Valley-Jungs. Ein Libertärer. | |
| Radikalindividualist, der den Staat nicht kritisiert, weil er ungenügend | |
| umverteilt, sondern ihn abschaffen würde, damit Individuum und Wirtschaft | |
| sich endlich mal richtig entfalten können. Reden wir nicht drum herum: Er | |
| ist der Antichrist der säkularen Linksliberalen. Da hilft auch seine | |
| Homosexualität nicht mehr. | |
| An einem Wochentag steht er auf einer Bühne in Berlin-Mitte. Überraschend | |
| klein, volles Haar, Business-Suit. 700 Leute drängeln sich im Raum. | |
| Rockkonzertstimmung. Im Grunde referiert er sein unlängst erschienenes Buch | |
| „Zero to One“, in dem er erklärt, was wirkliche Innovationen sind und wie | |
| dringend sie gebraucht werden in unserer Imitations- und | |
| Konformismuskultur. | |
| Für seine Chiffre „Restaurant“ kann man im Grunde alles nehmen, was es | |
| schon gibt und wo der Jungunternehmer dann sagt: „Ja, aber es ist ein ganz | |
| ungewöhnliches Restaurant!“ Logisch. Eine total ungewöhnliche | |
| News-Plattform. Ein besonderer Schuhladen. Noch eine sozialdemokratische | |
| Partei, aber ganz anders. Ein wirklich ungewöhnliches Restaurant ist eines, | |
| bei dem die Insolvenz länger als drei Jahre braucht, weshalb ein Investor | |
| wie Thiel niemals dafür Geld geben würde. | |
| ## Etwas Neues in die Welt holen | |
| Imitation funktioniert dann, wenn man einen neuen Markt hat. Die | |
| Samwer-Jungs (Zalando) tun das, Springer versucht das. Und China, Indien, | |
| Brasilien usw.: Die sich entwickelnde Welt kopiert die entwickelte Welt | |
| (und deren die Gesellschaften zerstörendes Geschäftsmodell des Verbrennens | |
| fossiler Stoffe). Aber Thiels Frage lautet: Wie die entwickelte Welt | |
| weiterentwickeln? Nicht indem man etwas kopiert, auch nicht etwas, was die | |
| Gesellschaft als moralisch gut ansieht, aber darüber nicht hinausgeht. | |
| Man muss etwas Neues in die Welt holen, eine „einzigartige Mission“ haben. | |
| Was einen nicht in eine „verrückte Konkurrenz“ bringt mit anderen | |
| Restaurants, sondern in eine Monopolstellung. Also: Facebook, Google. | |
| Lieber in einem Monopol arbeiten als in einem Restaurant, sagt Thiel. | |
| Ist der Mann gefährlich? Ich fragte den Ostküsten-Linksliberalen George | |
| Packer, in dessen Bestseller „Die Abwicklung“ Thiel ein Protagonist ist. | |
| „Nein. Thiel überrascht einen immer wieder, etwa wie weit ins Extreme er | |
| die libertaristische Idee treibt“, sagte Packer, „aber wenn, dann sind Jeff | |
| Bezos and Mark Zuckerberg mit ihren Unternehmen gefährlicher als Peter.“ | |
| Wie sehr man auch politisch anders orientiert sein mag als Thiel oder die | |
| Weltrettungsbehauptung der IT-Konzerne bezweifelt: Eine Stunde mit ihm ist | |
| deshalb ein echter Schock, weil sie einem die Begrenztheit des eigenen | |
| Denkens und Handelns klarmacht. Thiels Freund Elon Musk dagegen arbeitet am | |
| ersten Mars-Flug. Was für ein Irrsinn? „Ich kenne Elon“, sagt Thiel, „er | |
| wird so viel investieren, bis er auf dem Mars ist.“ Und jetzt kommst du. | |
| 8 Feb 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Peter Unfried | |
| ## TAGS | |
| Peter Thiel | |
| Schwerpunkt Meta | |
| Silicon Valley | |
| Liberalismus | |
| taz.gazete | |
| Bündnis 90/Die Grünen | |
| Schwerpunkt Pegida | |
| Islamismus | |
| Weihnachten | |
| CDU | |
| Parteitag | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kolumne Die eine Frage: Tischtennis statt Sex | |
| Was braucht der Mensch außer Fernsehabenden mit der Partnerin und Pingpong | |
| mit Freunden? Eine Begegnung mit dem Autor Frank Schulz. | |
| Kolumne Macht: Er mag Titten gar nicht | |
| Der Fall Katja Suding, FDP Hamburg, und Jörg Rupp: Dürfen Grüne | |
| umgangsprachliche Wörter für die weibliche Brust benutzen? | |
| Kolumne Die eine Frage: Nicht nur reaktionäre Ossis | |
| Soll man Pegida-Demonstranten ein Gesprächsangebot machen oder sie | |
| verdammen? Ein Anruf beim Dresdner Politologen Werner Patzelt. | |
| Kolumne Die eine Frage: Agenten des Paranoia-Wachstums | |
| Eine Frage nach dem Mordanschlag auf die Redaktion der Satirezeitschrift | |
| „Charlie Hebdo“ in Paris: Helfen „westliche Werte“? | |
| Kolumne Die eine Frage: Jesus weint schon | |
| Wie feiert man selbstbestimmt Weihnachten – ohne Kinderaugen, Ironie oder | |
| Larmoyanz? Die Antwort heißt: Erdmöbel. | |
| Kolumne Die eine Frage: Tuttlingen gegen Heilbronn | |
| Die CDU und die unfassbarste Frage des Jahres: Wie kann man Winfried | |
| Kretschmann in Baden-Württemberg schlagen? | |
| Kolumne Die eine Frage: Stillstand made in Germany | |
| Wird der kommende Parteitag der Grünen ein Durchbruch – oder wieder nur ein | |
| egotherapeutischer Murmeltiertag? Es geht ums Regieren. |