# taz.de -- Kolumne Die eine Frage: Tuttlingen gegen Heilbronn | |
> Die CDU und die unfassbarste Frage des Jahres: Wie kann man Winfried | |
> Kretschmann in Baden-Württemberg schlagen? | |
Bild: Zwei Ministerpräsidentenkandidatenkandidaten von der CDU: Guido Wolf (li… | |
Es ist eine der unfassbarsten oder je nach Weltsicht wunderbarsten | |
Entwicklungen dieses Landes, dass eine große Frage der Gegenwart lautet: | |
Wie kann man Kretschmann schlagen? Und wir sprechen hier nicht von einem | |
innergrünen Zwergenaufstand. Wir sprechen von der richtigen Welt. Wir | |
sprechen von der CDU Baden-Württemberg, dem traditionell erfolgreichsten | |
Landesverband der Christdemokraten, der ein Jahrhundertabo auf den | |
Ministerpräsidentenjob hatte. Genauer: zu haben glaubte. Bis Kretschmann | |
kam. | |
Heute müssen sich die Männer der CDU – die Frauen sind zu Hause, wo sie in | |
einer freiheitlichen Partei auch sein dürfen, wenn sie das unbedingt | |
wünschen – in Sporthallen treffen, um beim gemeinsamen Absingen der | |
deutschen Nationalhymne Mut zu fassen für ihren Wahlkampf 2016 gegen den | |
Grünen Ministerpräsidenten, dessen Politik 70 Prozent im Land schätzen. Sie | |
müssen eine Mitgliederwahl zwischen zwei | |
Ministerpräsidentenkandidatenkandidaten erfinden, um von der Öffentlichkeit | |
und sich selbst wieder wahrgenommen zu werden. | |
Ministerpräsidentenkandidat Nummer 1 heißt Guido Wolf, sieht aus wie der | |
Landrat von Tuttlingen, war Landrat von Tuttlingen und gilt in Tuttlingen | |
als Humorkanone. „Mir wellat die Leit a bisle onderhalda“, sagt er. | |
Übersetzung: Er will die Zuhörer der Regionalkonferenzen mit den Mitteln | |
der Unterhaltung aus der Leichenstarre kitzeln. Gleichzeitig fürchtet er | |
seine Wirkung, weshalb er hinzufügt, er wolle keinesfalls ein | |
„Schbruchbeidel“ sein, also keiner, der großspurig daherredet und nichts | |
einlöst. | |
Ministerpräsidentenkandidat Nummer 2 sieht aus wie ein republikanischer | |
Präsidentschaftskandidat. Silberner Scheitel, Big Dauer-Smile. Sein Schmiss | |
leuchtet im Scheinwerferlicht. Das könnte jetzt auch New Hampshire sein. | |
Obacht, er spricht ein Mitglied direkt an. „Liebär Härr Klingele“, sagt e… | |
Jetzt ist es eindeutig Biberach. | |
Es handelt sich um Thomas Strobl, Bundestagsabgeordneter von Heilbronn und | |
Landeschef, der Superbeziehungen nach Berlin und als CDU-Bundesvize sogar | |
zur Kanzlerin hat. Der Exlandrat offenbar nicht, da Strobl doch häufiger | |
erwähnt, wie wichtig diese Kontakte seien. Dafür kennt der Exlandrat sich | |
(logischerweise) auf dem Land aus. Er will zudem einen „Neuanfang“ | |
verkörpern, weil: Er war früher nicht der Hiwi des schlimmen Mappus. Strobl | |
schon, aber der meint, man habe ja nach der Niederlage 2011 schon eine | |
mutige „Erneuerung“ gemacht (also Mappus weg) und dabei gleichzeitig am | |
„Bewährten“ festgehalten (also an ihm). | |
Beide Ministerpräsidentenkandidatenkandidaten sagen zu Grün-Rot: „Ha, des | |
kann’s ja iberhaupt net sein.“ Es müsse wieder so werden wie früher (nur | |
ohne Mappus). Beide sind der Bewahrung der Schöpfung, den Floskeln, dem | |
Ba-Wü-Chauvinismus und dem christlichen Menschenbild verpflichtet, weshalb | |
Strobl auch betont, dass man „offene Herzen und offene Arme“ für | |
Flüchtlinge habe. Allerdings nur für berechtigte Flüchtlinge. Er selbst hat | |
den Asylkompromiss im Kanzleramt ausverhandelt, also in Berlin. Wolf redet | |
gleich von einer „Asylflut“ bei ihm auf dem Land, und dann machen sie | |
Stimmung mit dem Satz, man müsse „aufpassen, dass die Stimmung nicht | |
kippt“. Fazit der CDU: Die CDU kann stolz sein auf zwei solche | |
Spitzenkandidaten. | |
Versteht mich nicht falsch, aber wer wirklich meint, die Kretschmann-Grünen | |
seien von der CDU ja nicht mehr zu unterscheiden, der könnte sich die | |
Alternative sicherheitshalber vorher mal anschauen. | |
30 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Peter Unfried | |
## TAGS | |
CDU | |
Baden-Württemberg | |
Winfried Kretschmann | |
Thomas Strobl | |
Guido Wolf | |
Ministerpräsident | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |