Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hamburg-Wahl: linke Spitze: Die resolute Rektorin
> Dora Heyenn ist das Gesicht der Linken in Hamburg. Sie wird ihre Partei
> erneut in die Bürgerschaft führen, aber nie mit Olaf Scholz koalieren.
Bild: Großplakate mit Gesicht wurden von der Linkspartei bisher abgelehnt: Bei…
HAMBURG taz | Ihre Lehrerinnensozialisation wird Dora Heyenn wahrscheinlich
nie mehr ablegen können. Wenn sie in der Bürgerschaft mit strengem Blick
über ihre Rektorinnen-Lesebrille dem Bürgermeister ein auf jeder Silbe
betontes „So geht das nicht!“ entgegenruft, macht selbst Olaf Scholz
zuweilen den Eindruck eines Viertklässlers, der seine Hausaufgaben
vergessen hat. Heyenn ist in der Hamburger Politik eine allseits
respektierte Größe.
Und deshalb kommt es auf die 65-Jährige an, ihre Linkspartei wieder über
die Fünfprozenthürde zu hieven und zum dritten Mal ins Landesparlament zu
führen. In Umfragen liegt die Partei stabil bei acht bis neun Prozent. „Das
entspannt“, sagt Heyenn, „aber wir dürfen nicht nachlassen.“ Und die AfD
müsse bekämpft werden, sagt Heyenn, die an keiner Podiumsdiskussion
teilnimmt, zu der AfD-Vertreter eingeladen wurden: „Das geht für mich gar
nicht.“
Weil auch die Strategen in der Partei wissen, dass Heyenn in der
Öffentlichkeit das beste Argument der Linken in Hamburg ist, setzen sie im
aktuellen Wahlkampf auf etwas, was bislang als „Personenkult“ abgelehnt
wurde:
Heyenn wirbt auf Großplakaten mit ihrem Gesicht für „Mehr Menschlichkeit,
das muss schon drin sein.“ Was beinahe selbstironisch erscheint angesichts
der mitunter rauen parteiinternen Umgangsformen.
Bei ihrer Kür als Spitzenkandidatin vor drei Monaten erhielt die vor einem
halben Jahr pensionierte Bio- und Chemielehrerin auf einem Parteitag
lediglich 55,4 Prozent. Und musste von Vertrauten dazu überredet werden,
die Wahl überhaupt anzunehmen: „Ich stelle mich meiner Verantwortung für
diese Partei“, erklärte eine sichtlich angefressene Heyenn mit
versteinerter Miene.
Heute sagt sie, das sei wohl „ein reinigendes Gewitter“ gewesen. Jetzt im
Wahlkampf zögen alle mit wie noch nie: „Die hängen sich voll rein. Die
wissen, dass sie was gutzumachen haben.“ Die Linke in Hamburg ist eine
Partei, die ihre Identität noch immer nicht gefunden hat, manchen ist
Heyenn zu autoritär, andere betrachten sie weiterhin als
sozialdemokratische Reala. „Everybody’s Darling ist Everybody’s Depp“,
kommentiert Heyenn: „Das war ich noch nie.“
Die tatsächlichen Themen gibt die Fraktion vor, für eine humane
Flüchtlingspolitik und gegen die soziale Spaltung der Stadt. Die
Schuldenbremse lehnt sie ab, weil diese nur die Ausgaben reduziere, aber
nicht das Grundproblem löse: die sich immer weiter öffnende Schere zwischen
Arm und Reich in Hamburg.
„Wir müssen die Einnahmen erhöhen“, sagt Heyenn. Hamburg ist die deutsche
Stadt mit der höchsten Dichte an Millionären, die müssten zur Kasse gebeten
werden. Und zwar vom Finanzamt. Jeder zusätzliche Steuerprüfer sorge für
eine zusätzliche Million Euros im Jahr, glaubt Heyenn, „also her damit“!
Von einer Koalition mit der SPD sind die Linke und die ehemalige
schleswig-holsteinische SPD-Landtagsabgeordnete Heyenn vor allem deshalb
weit entfernt, weil Bürgermeister Scholz „zu keinem Politikwechsel bereit
ist und wir nicht bereit sind, uns als Feigenblatt und Steigbügelhalter
herzugeben“, so Heyenn.
„Zudem ist für uns eine Koalition mit Olaf Scholz, dem Architekten der
Agenda 2010, nicht vorstellbar.“ Es sei denn, Scholz würde sich dafür
entschuldigen. „Aber das wird wohl nicht passieren“, vermutet Heyenn.
Da wird sie wohl Recht haben.
11 Feb 2015
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Spitzenkandidaten
Spitzenkandidaten
Wahlkampf
Bürgerschaftswahl
Hamburg
Doppelspitze
Die Linke
Fraktion
Hamburg
Hamburg
Schwerpunkt Landtagswahlen
Verkehrspolitik
Bürgerschaftswahl 2015
FDP
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neue Hamburger Linksfraktion: „Ich bin keine Kronprinzessin“
Sie wäre lieber in der zweiten Reihe gestartet, sagt die neue
Linke-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus.
Heyenn-Abwahl bei Hamburgs Linken: „Das war Absicht“
Nach harscher Kritik an der Hamburger Linken geht jetzt die gekippte
Fraktionschefin selbst auf Konfrontationskurs: „Da fällt mir wirklich alles
aus dem Gesicht.“
Nach der Wahl in Hamburg: Linke stehen am Pranger
Nach dem Fraktionsaustritt von Dora Heyenn steht die Hamburger
Linken–Fraktion unter Beschuss. Im Netz kursieren „Verräter“-Listen.
Krise in der Nord-Linken: Der Leidensweg der Linkenspitzen
In Hamburg bekommt Fraktionsvorsitzende Dora Heyenn Gegenwind und
Ex-Niedersachsenchef Manfred Sohn flüchtet aus der Partei.
Nach Erfolg bei der Bürgerschaftswahl: "Kein Machtkampf" bei Hamburgs Linken
Die Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft debattiert die Einführung
einer Doppelspitze. Die Macht der Spitzenfrau Dora Heyenn würde so
beschnitten, ein Putsch soll das aber nicht sein.
Hamburg vor der Wahl: Die schönste Stadt der Welt?
Hamburg hat es geschafft, den Eindruck großer Dynamik zu vermitteln. Die
Wirklichkeit sieht aber anderes aus. Die Hansestadt im Realitätscheck.
Hamburgs Bürgermeister über die Wahl: „Wir verbieten nicht das Autofahren“
Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz verteidigt seine Flüchtlings-, Umwelt-
und Verkehrspolitik. Falls nötig möchte er mit den Grünen koalieren.
Porträt des CDU-Spitzenkandidaten: Der Herausforderer
Dietrich Wersich will SPD-Bürgermeister Scholz ablösen, doch die Umfragen
sind düster: Der Spagat zwischen rechts und linksliberal fällt der CDU
schwer.
Porträt der Grünen Katharina Fegebank: Ungeduldiges Wahlkampftier
Katharina Fegebank soll die Hamburger Grünen in eine Koalition mit der SPD
führen. Eigentlich zieht es sie aber aufs internationale Parkett.
Hoffnungsträgerin der Hamburger FDP: Der beste Mann
Katja Suding ist die personifizierte Hamburger FDP: Parteivorsitzende,
Fraktionschefin, Spitzenkandidatin. Ohne sie geht hier gar nichts – mit ihr
vielleicht alles.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.