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# taz.de -- Wahlkampf in Hamburg: Rotstift-Protest gekauft?
> Bündnis verzichtet auf Pressemeldung gegen Kürzungen bei Suchtberatung,
> weil Behörde Verhandlungsbereitschaft gezeigt habe. Diese dementiert
> Zusagen
Bild: Damit muss Schluss sein, findet das "Bündnis gegen Rotstift": Streichlis…
Der Text lässt es an Deutlichkeit nicht fehlen. „Gesundheitsbehörde spart
Tarifanwender kaputt“, lautet der Titel des Entwurfs einer Pressemitteilung
des „Bündnisses gegen Rotstift“, die am 3. Februar zur Abstimmung in dessen
Mailverteiler gegeben wurde. Erste Einrichtungen stünden kurz vor dem Aus.
Weil die Behörde tarifliche Gehaltssteigerungen nicht refinanziere, führe
dies „zum langsamen Tod von vielen Projekten und Initiativen im
Gesundheitsbereich“.
Es blieb beim Entwurf, die Pressemeldung ging nicht raus. Das wurde den
Bündnispartnern am 5. Februar von der Arbeitsgemeinschaft der freien
Wohlfahrtspflege (AGFW) mitgeteilt: Die Behörde signalisiere
Verhandlungsbereitschaft. Zehn Tage vor der Hamburg-Wahl kam offenbar
Bewegung in den seit 2012 schwelenden Konflikt. Auch ein Protestbrief an
Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) wurde nicht wie geplant übergeben.
„Die Pressemitteilung ist nicht rausgegangen, weil wir da ein Stück
weitergekommen sind“, erläutert AGFW-Geschäftsführer Jens Stappenbeck auf
Nachfrage. 2015 dürften die Einrichtungen mit einer Refinanzierung von
Tarifsteigerungen rechnen. Dies sei bislang mit dem Hinweis auf die
Schuldenbremse nicht möglich gewesen. Da sei man „auf Beton gestoßen“. Nun
habe sich da was getan.
Es geht um die Beratungsstellen und Hilfsprojekte für den Bereich Sucht,
Drogen und Aids. Der taz liegt eine Modellrechnung eines Trägers vom August
2012 vor, wonach bis Ende 2020 von ursprünglich 301 Stellen für die
Suchthilfe der 1,7-Millionen-Einwohner-Stadt nur noch 218 übrig wären, wenn
es bei der Etat-Deckelung bleibt.
Den gleichen Konflikt gab es um sieben bezirkliche Sozialberatungsstellen
für Wohnungslose. Hier warnte die AGFW schon im November vor
Liquiditätsengpässen und Stellensperren, weil die Kostensteigerungen nicht
ausgeglichen wurden. „Wir mussten öfter mal die Tür zu machen und etwa 200
Menschen wieder wegschicken“, berichtete eine Mitarbeiterin der Ambulanten
Hilfe Altona.
Doch für diese Träger ist nicht die Gesundheits- sondern die Sozialbehörde
zuständig. Und die signalisierte schon einige Wochen vor der heißen
Wahlkampfphase, dass sie bereit sei, eine Refinanzierung von Tarifen
hinzubekommen.
Solche Zugeständnisse kurz vor der Wahl haben einen schalen Beigeschmack.
Sieht es doch so aus, als würde der Protest gekauft, um die
Wohlfühlstimmung nicht zu stören. „Der Kurs der SPD ist klar:
Tarifsteigerungen sollen nicht ersetzt werden“, sagt CDU-Spitzenkandidat
Dietrich Wersich. „Wenn sie jetzt kurz vor der Wahl
Verhandlungsbereitschaft zeigt, ist das ein sehr durchsichtiges Manöver.“
Doch die Zuwendungsempfänger sind offenbar darauf angewiesen, nach
Strohhalmen zu greifen. „Wir würden auch gern gerettet“, sagt Petra
Lafferentz vom Beschäftigungsträger Alraune. Das nicht-kommerzielle
Stadtteil-Café in Steilshoop brauche eine Sockelfinanzierung und sei von
Schließung bedroht.
Gerade die armen Stadtteile hätten wenig vom Scholz-Senat gehabt,
kritisierte Oppositionschef Wersich im taz-Interview. „Die Freien Träger
müssen wieder einen Tarifausgleich bekommen, so wie früher üblich“, findet
der Scholz-Herausforderer.
Die Gesundheitsbehörde dementiert die ganze Sache. „Es gibt keine Gespräche
über Tarifsteigerungen“, versichert deren Sprecher Rico Schmidt. Diese
müssten von den Trägern durch Umschichtungen oder Zurückstufen von
Leistungen aufgefangen werden. „Das ist für alle Zuwendungsempfänger
gleich. Da scheren wir nicht aus.“ Dass seine Behörde noch Reste zu
vergeben hat, will er nicht ausschließen. AGFW-Geschäftsführer Stappenbeck
behauptet, er habe auch was Schriftliches.
12 Feb 2015
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Wohlfahrt
Schuldenbremse
Senioren
Umfrage
CDU Hamburg
Schuldenbremse
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