# taz.de -- Interview zur Berliner SPD: „Müller sollte seinen Weg gehen“ | |
> Kann Berlins SPD vom Erfolg der Hamburger SPD etwas lernen? Nein, sagt | |
> der Politologe Gero Neugebauer - ganz im Gegenteil. | |
Bild: Hätte auch ganz gerne ein Wahlergebnis von 45 Prozent: Berlins Regierend… | |
taz: Herr Neugebauer, sind sich Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz | |
und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (beide SPD) nicht | |
ziemlich ähnlich? | |
Gero Neugebauer: Beide sind Regierungschefs in Stadtstaaten, in denen die | |
SPD Dauerregierungspartei war. Beide versuchen einen Politikertyp zu | |
repräsentieren, der eher kühl und rationell handelt – fast hätte ich | |
bodenständig gesagt. Insofern sind sie sich in der Tat ähnlich. | |
Scholz wird nun zugestanden, er würde Stabilität vermitteln. So gesehen | |
müsste Müller mit dieser Attitüde bei der Abgeordnetenhauswahl 2016 | |
ordentlich punkten können. | |
Nein. Scholz hat vier Jahre Regierungserfahrung. Das sind Meriten, auf die | |
er verweisen kann. Die hat Müller nicht. Müller hat seine Arbeit als | |
Stadtentwicklungssenator redlich erledigt, aber auch Niederlagen einstecken | |
müssen, etwa bei der Abstimmung über die Zukunft des Tempelhofer Feldes. Er | |
findet sich erst jetzt in seine neue Rolle. Deswegen ist es noch zu früh, | |
um Vergleiche zu ziehen. | |
Scholz sollte kein Vorbild sein für Müller? | |
Bitte nicht. Scholz verkörpert wirtschaftspolitische Kompetenz, zumindest | |
erhebt er diesen Anspruch. Das SPD-Konzept für Hamburg ist ein anderes als | |
das SPD-Konzept für Berlin: In Berlin geht es um die soziale Stadt. | |
Also zwei ganz unterschiedliche Ansätze? | |
Ich bin mir nicht sicher, ob man die Herausforderungen für die SPD in | |
Hamburg und Berlin vergleichen kann. Natürlich existieren ähnliche | |
Probleme: die Unterbringung von Flüchtlingen, die Gentrifizierung, in | |
Verkehrsfragen. Aber gerade im letzteren Politikbereich sind wir in Berlin | |
viel weiter: Wer diskutiert hier noch über Busbeschleunigungsspuren? | |
Könnte Müller mit mehr Wirtschaftsliberalität in Berlin punkten? | |
Er kann da keine neuen Äcker bestellen: Die Voraussetzungen dafür hat schon | |
sein Vorgänger Klaus Wowereit geschaffen. Müller kann das nur | |
kontinuierlich fortsetzen, und das tut er ja auch. Allerdings fehlt ihm | |
noch eine Vision der neuen Stadt. | |
Eine wichtige Rolle spielt in Hamburg die Schwäche der CDU. Wie kriegt man | |
die Konservativen so klein? | |
Vom Habitus her ist Olaf Scholz ein Politiker, der auch für CDU-Klientel | |
interessant ist. Die CDU hat in beiden Städten die gleichen Probleme: Sie | |
verkörpert nicht die in den modernen Großstädten existierenden Lebensstile. | |
In Hamburg hat sich die CDU allerdings selbst zerlegt, in Berlin hat sie | |
die Selbstdemontage rechtzeitig stoppen können, auch durch einen | |
Generationenwechsel. | |
Was kann Müller von Scholz lernen? | |
Er sollte gar nichts lernen. Er sollte einfach seinen Weg gehen. Müller ist | |
besser beraten, wenn er sich die Probleme der Stadt aus dem Berliner | |
Blickwinkel anschaut. Hamburg hat mehr Geld, mehr Möglichkeiten. Kopieren | |
sollen Müller Hamburg deshalb nicht. Denn die Kopie ist nie so gut wie das | |
Original. | |
17 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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