# taz.de -- Buch über Elite in Großbritannien: „Thatcherismus“ als Common… | |
> Owen Jones beschreibt, wie dreist die Mächtigen Großbritanniens ihre | |
> Interessen durchsetzen – auf Kosten derer, die nichts haben. | |
Bild: Antielitär, aber „Establishment pur“: die britischen Rechtpopulisten… | |
„Das Establishment ist entkleidet und ohne Vorwarnung nackt auf die Bühne | |
geschubst worden“, beginnt Owen Jones seine Analyse der Elite in | |
Großbritannien, die Politik, Industrie, Medien und Bürokratie dominiert und | |
diese Sphären der Macht für sich zu nutzen weiß. | |
Gerade die vergangenen Jahre, so Jones, hätten gezeigt, wie dreist Mächtige | |
in Großbritannien agierten: von der selbstverständlichen Forderung von | |
Bankern, dass der Staat für ihre Krise zahlen müsse bis hin zu dem | |
Abhörskandal bei News of the World, der offenbarte, wie eng Medien und | |
Politik verwoben sind. | |
Es geht um Politiker, die später direkt in gut bezahlte Jobs zu | |
Großkonzernen wechseln, Regierungsvertreter, die Banker um deren Gehälter | |
beneiden, und Journalisten, die sich trotz sechsstelliger Jahresgehälter | |
für „middle class“ halten. | |
Jones, der zuletzt das erfolgreiche „Chavs“ über die Diskriminierung der | |
Arbeiterklasse veröffentlichte, zeichnet in „The Establishment“ nach, wie | |
es so weit kommen konnte. Das Establishment beschreibt er als eine gut | |
vernetzte Gruppe von Wohlhabenden, die nicht durch Verschwörung, aber durch | |
„soziale Beziehungen“ für ihren Machterhalt sorgen. | |
## Mindestens Armutslohn | |
Noch in den 1960er Jahren habe das Establishment ganz anders ausgesehen. | |
Der politische Konsens sei ein linker gewesen, die Labour-Partei fest im | |
Sattel, die Gewerkschaften mächtig und das rechte Lager über die eigene | |
Niederlage entmutigt. Doch mit den Krisen in den 1970ern – dem Ende des | |
Goldstandards, dem Vietnamkrieg und einer Reihe von Streiks wegen Inflation | |
– habe es eine koordinierte Kampagne von rechten Ideologen und Thinktanks | |
gegeben, die den politischen Konsens weit nach rechts rückten. | |
Mit Margaret Thatcher sei dieser Rechtsruck in konkrete Politik gegossen | |
worden. So sehr, dass auch spätere Labour-Regierungen nicht aus ihm | |
ausbrechen konnten: Als Tony Blair 1997 die Wahl gewann, versprach er, die | |
Steuern nicht zu erhöhen. Unter „New Labour“ gingen Privatisierungen | |
weiter, der eingeführte Mindestlohn blieb – dank Lobbyisten – ein | |
„Armutslohn“. Gerade weil die Labour-Regierungen unter Blair und Gordon | |
Brown den Thatcherismus nicht infrage gestellt hatten, sei dieser zum neuen | |
„common sense“ geworden, argumentiert Jones. | |
Jones’ Analyse hat ihre Schwächen: Seine These der Komplizenschaft der | |
Medien konzentriert sich fast ausschließlich auf die konservative News | |
Corporation und ist häufig durch Zeitungsartikel belegt – so schlimm kann | |
es um die Medien also nicht bestellt sein. Seine Beschreibung der Polizei | |
als Lakaien ist oft anekdotisch. Stringenter wird es, wenn er zeigt, wie | |
die Privatisierung von Altersheimen, Krankenhäusern und Gefängnissen zu | |
hohen Profiten und schlechten Ergebnissen führt oder wie systematisch | |
Buchhaltungsfirmen Steuergesetze beeinflussen, um später ihren Kunden bei | |
der Steuervermeidung zu helfen. | |
Kann man ein antielitäres Buch schreiben, ohne ins Rechtspopulistische | |
abzudriften? Jones zeigt, dass man das kann. Offensiv setzt er sich mit der | |
[1][rechten Partei Ukip] auseinander, die zugleich antielitär, aber | |
„Establishment pur“ ist: Steuern runter, weniger Geld für Arbeitslose und | |
Einschränkungen bei der Einwanderung. Jones fordert stattdessen eine | |
„demokratische Revolution“, die die Sphären der Macht öffnet und die | |
Umverteilung von Wohlstand zum Kern hat. | |
3 Mar 2015 | |
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## AUTOREN | |
Lalon Sander | |
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