# taz.de -- Kommentar Bekennendes Schwarzfahren: Anarchistische Winkeladvokaten | |
> Höchstens ein juristisches Kuriosum: Der offensive Umgang mit der | |
> „Beförderungserschleichung“ wird noch keine politische Debatte auslösen. | |
Bild: Kostenlos im Nahverkehr? Der Zug ist abgefahren. | |
„Ich fahre schwarz.“ Mit derartigen Schildern, T-Shirts und Mützen wollen | |
anarchistische Aktivisten den Verkehrsbetrieben ein juristisches | |
Schnippchen schlagen und sich zugleich für kostenlosen Nahverkehr | |
einsetzen. Das mit dem Schnippchen könnte hier und da vielleicht sogar | |
klappen, ob die Aktionen aber politisch die gewünschte Wirkung haben, ist | |
zweifelhaft. | |
Das Strafgesetzbuch wertet das Schwarzfahren als „Erschleichen von | |
Leistungen“ und die Aktivisten weisen zu Recht darauf hin, dass bei der | |
offensiven Zahlungsverweigerung von einem „Erschleichen“ keine Rede sein | |
kann. Juristisch ist die Argumentation also nicht abwegig. | |
Was aber ist damit gewonnen? Selbst wer strafrechtlich freigesprochen wird, | |
muss trotzdem für die Fahrt das „erhöhte Beförderungsentgelt“ von 40 bis… | |
Euro zahlen. Von kostenlosem Schwarzfahren kann also keine Rede sein. | |
Und selbst wenn einzelne Amtsgerichte den Aktivisten recht geben, so kann | |
das Urteil in der Berufung korrigiert werden. Und sollte am Ende sogar der | |
Bundesgerichtshof eine strafrechtliche Lücke feststellen, wird der | |
Bundestag sie eben alsbald schließen. | |
Das bloße Ausnützen einer Gesetzeslücke löst ja noch keine Diskussion über | |
kostenfreien Nahverkehr aus. Wenn es gut läuft, wird die politische | |
Forderung in den Medien am Rande erwähnt. In der Regel werden solche | |
Aktionen aber eher als „dreistes“ Manöver und juristisches Kuriosum | |
wahrgenommen. | |
Die Aktion ist quasi das Gegenteil von zivilem Ungehorsam. Man trägt nicht | |
stolz die Folgen der Gesetzesübertretung, um auf ungerechte Gesetze | |
hinzuweisen, sondern man greift zu winkeladvokatorischen Argumenten, um | |
sich den Folgen zu entziehen. Der Trick steht im Mittelpunkt, und das ist | |
eher unpolitisch. | |
4 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
ÖPNV | |
Fahren ohne Fahrschein | |
Öffentlicher Nahverkehr | |
Protest | |
Stefan Gelbhaar | |
ÖPNV | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Urteil gegen Schwarzfahrer: Nicht gerade ein billiges Kostüm | |
Ein Kölner Gericht hat entschieden: Eine Mütze, auf der „Ich fahre schwarz�… | |
steht, zählt nicht als Fahrkarte. Nicht mal zum Karneval. | |
Ohne Ticket im Nahverkehr: Schwarzfahrer auf Schleichwegen | |
Statt mit Fahrschein sitzen sie mit großen Schildern in Bus und Bahn. | |
Darauf steht: „Ich fahre schwarz“. Kann jemand, der so ehrlich ist, | |
verurteilt werden? | |
Hohe Schwarzfahrerquote: Kulanz - ein Fremdwort für die BVG? | |
Die BVG hat ihre Kontrollen stark erhöht - und sie erwischt viel mehr | |
Schwarzfahrer als die S-Bahn. Grüne vermuten Mangel an Flexibilität als | |
Ursache. | |
Kommentar Schwarzfahren wird teurer: Komplette Fehlbewertung | |
Der Bundesrat hat eine neue Strafe für Schwarzfahrer beschlossen. | |
Ärgerlich. Schwarzfahrer gefährden niemanden. Da gibt es ganz andere. |