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# taz.de -- Kämpfe in Nigeria: Söldnerkrieg gegen Boko Haram
> Ein weißer Exkämpfer der südafrikanischen Apartheid-Streitkräfte starb in
> Nigeria. Er hatte Erfahrung im Kampf gegen „Terroristen“.
Bild: Diese Fahrzeuge bieten zu wenig Deckung: nigerianische Soldaten auf Patro…
BERLIN/JOHANNESBURG taz | Der Krieg gegen die islamistische Rebellenarmee
Boko Haram in Nigeria hat sein bisher schillerndstes Opfer gefordert. Der
weiße Südafrikaner Leon Lotz starb am Montag an einer Straßensperre nahe
der Stadt Maiduguri, als ein nigerianischer Panzer angeblich das Feuer auf
seinen Konvoi eröffnete.
Der Tod des Südafrikaners führt tief in die verborgene Welt privater
Sicherheitsfirmen in Afrika. Nach jahrelangen Niederlagen gegen Boko Haram
hatte Nigerias Armee Mitte Februar eine auf sechs Wochen angesetzte
Offensive gegen die Islamisten gestartet. Sie hat es bisher nach eigenen
Angaben geschafft, 36 Städte zu befreien.
Der plötzliche Erfolg liegt nicht etwa daran, dass die schlecht
organisierten und korrupten Streitkräfte Nigerias plötzlich viel besser
aufgestellt seien. Vielmehr haben sie viel neues Kriegsgerät erworben, vor
allem Kampfhubschrauber und Panzerfahrzeuge, angesichts derer den
Islamisten mit ihren Sturmgewehren auf Pick-ups nur die Flucht bleibt.
Mit den Rüstungsgütern hat Nigeria, wie Präsident Goodluck Jonathan bereits
im Januar ohne Nennung von Einzelheiten bestätigte, private Berater und
Experten eingekauft. Zu den Neuanschaffungen gehört nach Berichten [1][des
Fachblogs „Beegeagle“] der neueste Typ des südafrikanischen gepanzerten
Truppentransporters Reva, der ansonsten auch in Bürgerkriegsländer wie
Jemen, Somalia und Südsudan geliefert wurde. Die Fahrzeuge seien mit einer
„Maximum Training Package“ gekauft worden, also samt Ausbildern.
Lotz war angeblich für Schulung in der Wartung von Panzerfahrzeugen
zuständig. Nach Angaben der südafrikanischen Onlinezeitung Daily Maverick
arbeitete Lotz für die Sicherheitsfirma Pilgrim Africa, die in Nigerias
größter Stadt Lagos ansässig ist. Die Firma wurde 2008 vom Südafrikaner
Cobus Claassens gegründet, wie Leon Lotz ein Veteran des Krieges des
südafrikanischen Apartheidregimes gegen die Befreiungsbewegung Swapo (South
West African People’s Organisation) im heutigen Namibia in den 1980er
Jahren.
## Südafrikas ANC-Regierung hat Söldneraktivitäten untersagt
Claassens kommandierte damals eine südafrikanische
Fallschirmspringereinheit; Lotz diente im Elitebataillon „Koevoet“
(Kuhfuß), eine Sondereinheit der Polizei für verdeckte Operationen gegen
Swapo-Guerillakämpfer. Diese bestand meist aus regimetreuen Schwarzen unter
weißem Kommando und wurde für zahlreiche Morde verantwortlich gemacht.
Lotz wurde 1987 von einem Gericht im damaligen Südwestafrika der Tötung
zweier Häftlinge für schuldig befunden. Damals erfuhr das Gericht, die
weißen Offiziere würden ihren schwarzen Untergebenen eine Prämie von 50
Rand (heute 5 Euro) für jeden getöteten „Terroristen“ zahlen.
Gegen Boko Haram in Nigeria einen ähnlichen Krieg zu führen wie gegen Swapo
im einstigen Südwestafrika vor dreißig Jahren ist nicht undenkbar. Das
weiße Südafrika stellte Swapo damals als einen Haufen aus dem Nachbarland
Angola eindringender Terroristen dar – ähnlich wie heute in Nigeria die
jungen Islamisten von Boko Haram charakterisiert werden. Die Koevoet-Taktik
bestand darin, jenseits klassischer Militäroperationen gezielt verdeckte
Jagd auf einzelne Aufständische zu machen. Für Nigerias Streitkräfte kann
diese Expertise nützlich sein, wenn es darum geht, in frisch eroberten
Gebieten das erneute Eindringen Boko Harams zu verhindern.
Die weißen Apartheid-Spezialkräfte, die einst gegen die
Befreiungsbewegungen im südlichen Afrika kämpften, verwandelten sich nach
Südafrikas Rückzug aus Namibia 1989 und dem Ende der Apartheid in Südafrika
1992–1994 in Unternehmer, die ihre Erfahrung im Kampf gegen Aufständische
in ganz Afrika zu Geld machten. Am berühmtesten wurde die Söldnerfirma
Executive Outcomes, die Angolas Ölindustrie gegen die Unita-Rebellen
verteidigte und später in Sierra Leone dazu beitrug, die Rebellenarmee RUF
(Revolutionary United Front) zu besiegen. Boko Haram ist heute ein
international ähnlich geächteter Gegner wie einst Unita und die RUF. Auch
Claassens arbeitete einst für Executive Outcomes.
Das Problem: Südafrikas ANC-Regierung hat Söldneraktivitäten untersagt.
Verteidigungsministerin Nosisiwe Mapisa-Nqakula warnte jetzt: „Die Polizei
hat die Pflicht, diese Gruppen zu verhaften. Es gibt Konsequenzen für die
Bereitstellung jeglicher Art von militärischer Unterstützung außer Landes
als Söldner, die nicht als Teil einer Regierungstruppe arbeiten“, sagte die
Ministerin am Donnerstag. Ob das für Südafrikaner gilt, die Nigerias Armee
beraten, ist allerdings unklar.
13 Mar 2015
## LINKS
[1] http://beegeagle.wordpress.com/
## AUTOREN
Martina Schwikowski
Dominic Johnson
## TAGS
Apartheid
Südafrika
Nigeria
Boko Haram
Terrorismus
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