# taz.de -- Bombardement in Kundus: Keine Chance auf Entschädigung | |
> Das Kölner Oberlandesgericht verhandelt über die Klagen zweier | |
> afghanischer Angehöriger der Opfer des tödlichen Luftangriffs vom | |
> September 2009. | |
Bild: Afghanische Sicherheitsbeauftragte inspizieren am 4. September 2009 die a… | |
KÖLN taz | Die Hinterbliebenen der Opfer des Bombenangriffs auf zwei | |
Tanklaster im afghanischen Kunduz können weiterhin nicht auf eine | |
Entschädigung von deutscher Seite hoffen. Das Oberlandesgericht Köln (OLG) | |
wird das Urteil des Landgerichts Bonn wohl bestätigen, das | |
Schadenersatzklagen abgewiesen hatte. „Wir messen der Berufung eher geringe | |
Erfolgsaussichten bei“, sagte Richterin Uta Statthalter in der Verhandlung | |
am Donnerstag. Das Urteil soll am 30. April verkündet werden. | |
Die Kläger werfen der Bundesrepublik Verstöße gegen das Völkerrecht vor. In | |
dem Verfahren fordern ein Vater zweier Kinder, die bei dem Angriff getötet | |
wurden, und eine Witwe, die nach dem Tod ihres Mannes sechs Kinder allein | |
versorgen muss, Schadenersatz. „Wir werden bis vor den Europäischen | |
Gerichtshof ziehen“, kündigte ihr Anwalt Karim Popal an. | |
Im September 2009 hatten US-Kampfjets in Kundus auf Befehl des deutschen | |
Obersts Georg Klein zwei Tanklaster bombardiert, die dort im Sand | |
feststeckten. Klein will davon ausgegangen sein, dass es sich bei den | |
Personen an den Lastern um Taliban handelte. Bei dem Angriff wurden 140 | |
Menschen getötet. Nach Angaben von Anwalt Popal waren unter den Opfern | |
mindestens 79 Zivilisten, darunter 28 Kinder. Ermittlungen gegen den Oberst | |
wurden 2010 eingestellt. | |
## Anwalt: Wir sind ausgetrickst worden | |
Popal klagt für insgesamt 79 Hinterbliebene auf Schadenersatz. Bis zur | |
endgültigen Entscheidung der jetzt zweitinstanzlich verhandelten beiden | |
Musterprozesse ruhen die übrigen Verfahren. Nur wenn dem Oberst ein | |
vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln nachzuweisen ist, können | |
Hinterbliebene die Bundesrepublik in Haftung nehmen. Das ist jedoch nach | |
Auffassung des Kölner OLG nicht der Fall. „Wir meinen, dass das Landgericht | |
Bonn eine schuldhafte Amtspflichtverletzung zu recht verneint hat“, sagte | |
Richterin Statthalter. | |
Das sieht Anwalt Popal völlig anders. Grundlage für die Entscheidung des | |
Oberst waren Infrarotaufnahmen aus der Luft und Berichte eines Informanten | |
vor Ort, den Popal für unzuverlässig hält. „Rote Punkte auf Aufnahmen aus | |
einer Höhe von 2.500 Metern als Taliban zu bewerten, ist grob fahrlässig“, | |
sagte er. Klein hatte vorm Landgericht Bonn – anders als von den Anwälten | |
der beklagten Bundesrepublik angekündigt – nicht ausgesagt. Die Bonner | |
Richter hatten die Beweisaufnahme vorher geschlossen. „Wir sind | |
ausgetrickst worden“, sagte Popal. Das OLG beanstandete das Vorgehen der | |
Vorinstanz nicht, weil Klein nicht zu strittigen Fakten hätte aussagen | |
sollen. | |
Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben mittlerweile an 90 Familien | |
aus Kundus 5.000 Dollar als Entschädigung gezahlt. „Sie hat einen | |
unabhängigen Mediator eingesetzt“, sagte Anwalt Mark Zimmer, der den | |
deutschen Staat vertritt. | |
Hinterbliebenenanwalt Popal bestreitet allerdings, dass das Geld bei den | |
Richtigen angekommen ist. „Etwa 20 Prozent der Opfer haben Geld bekommen, | |
80 Prozent nicht“, sagte er. Das Geld sei stattdessen an korrupte | |
afghanische Politiker geflossen. | |
13 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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