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# taz.de -- US-Reaktionen auf Israel-Wahl: „SIEG. Sorry, Obama!“
> Nach dem Wahlsieg Benjamin Netanjahus in Israel jubeln in den USA Rechte
> und Neocons. Die Obama-Regierung reagiert ungewohnt lakonisch.
Bild: Kein Obama-Freund: der Republikaner Herman Cain.
WASHINGTON taz | Am Morgen danach hüllt sich das Weiße Haus in Schweigen.
Statt der üblichen Gratulation für den Wahlsieger und der Eloge auf den
„demokratischen Prozess“ verlautet lediglich, Präsident Barack Obama werde
eng mit dem Politiker zusammenarbeiten, den das israelische Volk wählt.
Im Repräsentantenhaus hat die Demokratin Nancy Pelosi, die während
Netanjahus Kampfrede vor dem Kongress vor zwei Wochen mit den Tränen
kämpfte, am Dienstagabend gesagt: „Die Beziehung zu Israel bleibt stark:
intellektuell, sicherheitspolitisch und emotional“. Den Namen des
Wahlsiegers nimmt sie nicht in den Mund.
Jubel kommt hingegen von den Neocons – von jenen Washingtoner
PolitikerInnen, die weder eine Zweistaatenlösung zwischen Israel und
Palästina noch ein Atomabkommen mit dem Iran haben wollen. Der texanische
Senator Ted Cruz nennt Netanjahus Erfolg „umso größer, als das Team von
Obama versucht hat, ihn zu verhindern“.
Cruz ist einer der 47 SenatorInnen, die einen Brief an die Mullahs im Iran
geschrieben haben, um dort – statt in den USA – zu erklären, dass sie ein
internationales Abkommen mit Teheran sabotieren werden. Der republikanische
Expräsidentschaftskandidat Herman Cain twittert nach dem Likud-Erfolg
genüsslich: „SIEG. Sorry, Obama!“
Die linken jüdischen Organisationen in den USA – darunter Jewish Voice for
Peace, J Street und die Studentengruppe Hillel – sind seit dem Gazakrieg in
offene Opposition zur israelische Regierung gegangen. Doch zuletzt mussten
sie feststellen, dass weder Netanjahus Likud noch Herzogs Zionistisches
Lager eine Friedensalternative geboten haben. Während Herzog das Thema der
ökonomischen Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellte, setzten die linken
jüdischen Organisationen in den USA vergeblich auf Frieden mit den
PalästinenserInnen und auf einen Stopp des illegalen Siedlungsbaus.
Während die konservativen jüdischen Gruppen in den USA Netanjahu
unterstützen – die proisraelische Lobbygruppe Aipac bot ihm noch zwei
Wochen vor den Wahlen das übliche Forum vor Tausenden ZuhörerInnen bei
ihrem jährlichen Treffen in Washington – bekam Herzog kaum Unterstützung in
der US-Linken. Die Sympathie der jüdischen Friedensbewegung in den USA galt
der Vereinten Liste, die den dritten Platz erreichte.
## Schwelender Konflikt bricht aus
Am Morgen nach den Wahlen, als viele Organisationen in den USA noch an
ihren Reaktionen feilen, listet Michael Lerner, Chef des linken Tikkun
Magazin in den USA, ernüchtert auf, wer die Gewinner sind: „Netanjahu,
Aipac (die israelische Lobbygruppe in den USA), die Republikaner, Sheldon
Adelson (der Kasinospekulant und republikanische Geldgeber), die Hamas, IS
und die rechten Mullahs im Iran.“
Netanjahu hat in den USA für die bislang tiefsten Spaltungen in der
Geschichte der US-israelischen Beziehungen gesorgt – nicht nur innerhalb
der jüdischen Bevölkerung, sondern auch im politischen Washington. Dort
stehen traditionell beide Parteien aufseiten des „engsten Alliierten“ im
Nahen Osten, der alljährlich mit mehr als drei Milliarden Dollar aus dem
US-Haushalt unterstützt wird.
Der lange schwelende Konflikt brach offen aus, als die RepublikanerInnen im
Kongress den wahlkämpfenden Netanjahu Anfang März zu einer Rede einluden.
Mehr als 50 demokratische Abgeordnete blieben der Veranstaltung fern,
während Netanjahu dort die Tribüne nutzte, um die Nahost- und Iran-Politik
von Präsident Obama zu attackieren und um im israelischen Wahlkampf zu
punkten. Mit seiner rassistischen Warnung am Wahltag, die Linke bringe
„Scharen von Arabern“ an die Urne, vertiefte er die Spaltung noch. Jüdische
WählerInnen in den USA sind selbst eine Minderheit und sie wählen
mehrheitlich demokratisch. Obamas ehemaliger Berater David Axelrod nannte
Netanjahus Wahltag-Demagogie „schändlich“.
Nach Netanjahus Wahlsieg haben Präsident Obama und sein Außenminister John
Kerry nun einen Ansprechpartner in der Region, der ihre kompletten
nahostpolitischen Pläne konterkarieren will. David Makovsky, der für Obama
an den im letzten Jahr gescheiterten israelisch-palästinensischen
Gesprächen beteiligt war, beschreibt die Perspektive mit Netanjahu so: „Er
hat politische Positionen, die für weitere Reibungen mit Washington sorgen
werden.“
18 Mar 2015
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
Parlamentswahl
Likud
Benjamin Netanjahu
Israel
USA
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Iran
Knesset
Zweistaatenlösung
Barack Obama
Grüne
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Israel
Benjamin Netanjahu
Likud
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