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# taz.de -- Geflügelmast in Deutschland: Ökologische Zuchthenne gesucht
> Biobauern nutzen bisher nur Tiere, die für die industrielle Produktion
> herangezogen werden. Bioland und Demeter wollen nun in die Zucht
> einsteigen.
Bild: Männliche Küken haben oft keine Chance zu überleben.
BERLIN taz | Auf eine Sitzstange springen, sich auch darauf halten können
und ohne Angst den Stall verlassen: Das können nur noch wenige Hühner in
Deutschland, denn die Tiere werden seit Jahrzehnten überzüchtet.
Die ökologischen Anbauverbände Bioland und Demeter haben daher in der
vergangenen Woche die Ökologischen Tierzucht gGmbH gegründet. Die neue
Gesellschaft will Tiere züchten, die für den alternativen Landbau geeignet
sind. Später soll die Gesellschaft die neuen Zuchttiere auch an Brütereien
und Biobetriebe vermitteln.
Die Folgen von Überzüchtung werden vor allem bei Geflügel deutlich. So
werden in Geflügelmastbetrieben männliche Küken – die naturgemäß keine E…
legen können – nach dem Schlüpfen meist von den Legehennen getrennt und
direkt vergast oder geschreddert. Auch von Biobetrieben werden sie in der
Regel nicht genutzt, weil sie nicht so fett werden, wie die Tiere von
Mastbetrieben, die speziell für die Schlachtung gezüchtet sind.
## Alternativen fehlen
„Eine Züchtung von ökologischen Zweinutzungsrassen kann das beispielsweise
verhindern“, sagt Alexander Gerber, Vorstand von Demeter. Es soll also eine
Rasse sein, bei der die weiblichen Tiere Eier legen können und die
männlichen Tiere ausreichend fett werden, um für die Mast geeignet zu sein.
„Bislang sind Biobetriebe bei Legehennen und Mastgeflügel weitgehend auf
Tiere angewiesen, die für eine industrielle Intensivproduktion gezüchtet
wurden“, sagt Gerber. Legehennen werden in Deutschland derzeit sogar nur
von einem einzigen Unternehmen gezüchtet: von der Lohmann Tierzucht in
Cuxhaven.
Der Marktführer züchtet Tiere, deren Eier an Brütereien abgegeben werden.
Zu einem Biohuhn werden diese Küken, indem sie mit Biofutter auf einem
Biobetrieb großgezogen werden. Sie sind die Elterngeneration jener Hühner,
die die Bioeier für den Supermarkt legen.
## Biobetriebe sollen unabhängig werden
Die neue Gesellschaft will dafür sorgen, dass die Biobetriebe von den
konventionellen Zuchtfirmen unabhängig werden. „Wir wollen die Tiere der
Spekulation entziehen und Biobetrieben einen Alternative bieten“, sagt
Demeter-Vorstand Gerber.
Die ökologische Tierzucht muss nicht von null anfangen. Sie kann zwei
Projekte zur Weiterzucht von Legehennen- und Masthähnchenlinien übernehmen,
die es bereits seit 25 Jahren gibt. Beide Projekte liefen als
jahrzehntelange Zusammenarbeit des Bioland-Betriebs Domäne Mechtildshausen
in der Nähe von Wiesbaden mit der Universität Halle.
Doch jetzt ist der forschende Professor in Ruhestand gegangen – und die
Hühner benötigen eine neue Heimat, die sie nun bei der Ökologischen
Tierzucht finden sollen. Die genauen Konditionen werden momentan
verhandelt.
## Finanzierung noch unklar
Noch ist allerdings unklar, wie die weitere Forschung finanziert werden
soll. Züchtungen können jeweils Jahrzehnte dauern. Über die Jahre kostet
jedes einzelne Forschungsprojekt mehrere hunderttausend Euro. Und je
schneller es gehen soll, desto teurer ist die Technik.
Neben öffentlichen Forschungsgeldern denken Demeter und Bioland daher auch
über Beteiligungen von Biobetrieben und Crowdfunding-Kampagnen nach. Die
gemeinnützige GmbH darf keinen Gewinn machen, wird aber Lizenzrechte für
die Tiere an die Biobetriebe verkaufen. Auch dieses Geld soll später in die
Forschung fließen.
Alexander Gerber glaubt an einen schnellen Erfolg. Da die neue Gesellschaft
den Genpool aus Halle übernehmen kann, werden bereits in den kommenden zwei
Jahren erste Zuchtprojekte möglich sein. Dann wären Hühner wieder ein
bisschen mehr bio – und damit auch ein bisschen mehr Huhn.
23 Mar 2015
## AUTOREN
Lea Deuber
## TAGS
Bioland
Demeter
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Zucht
Ostern
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Massentierhaltung
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