| # taz.de -- Kolumne Die eine Frage: Die linke Madonna | |
| > Ihr neues Buch heißt „Die Entscheidung: Klima vs. Kapitalismus". Warum | |
| > nehmen die Linken den Klimawandel nicht ernst, Naomi Klein? | |
| Bild: Sie muss es ja wissen | |
| Naomi Klein trägt Dreizentimeter-Absätze, schwarzes Jäckchen, blondierte | |
| Haare, randlose Brille. Und rote Socken (No Witz). Es ist kulturell | |
| korrekt, zu beschreiben, was sie trägt, denn es handelt sich eindeutig um | |
| einen nordamerikanischen Popstar. Auf Welttour. | |
| Die Leute im ausverkauften Haus der Kulturen der Welt sind da, um die | |
| Madonna einer gerechteren Welt zu sehen. Und um sagen zu können, dass sie | |
| sie gesehen haben. Bombenstimmung. Da kommt auch die hartnäckigste | |
| Politschnarchi-Moderation nicht gegen an. Und das trotz eines Themas, auf | |
| das weder Bewegungslinke stehen, noch Salon-Linke: Klimawandel. „Linke | |
| Parteien haben ihre Schwierigkeiten damit“, sagt Klein. Da muss man doch | |
| nachhaken. | |
| Nächster Tag in einem Luxus-Boutique-Hotel mit urbanem, paneuropäischem | |
| Ambiente. Klein, 44, und laut Eigendefinition „demokratische Sozialistin“, | |
| spricht darüber, dass die fünfjährige Arbeit an ihrem just in Europa | |
| erschienenen Buch „Die Entscheidung: Klima vs. Kapitalismus“ ihr eigenes | |
| Glaubens- und Überzeugungssystem herausgefordert habe. | |
| Mit „No Logo“ wurde sie 2000 kurz nach den Protesten von Seattle zum | |
| Gesicht der Anti-Globalisierung. Mit „Die Schock-Strategie“ nahm sie 2007 | |
| die Weltfinanzkrise vorweg. Nun sah sie sich durch die Dimension der | |
| Klimawandelbewältigung gezwungen, „neue Wege zu finden, mit denen ich mich | |
| nicht richtig wohlfühle“. Damit ist sie nicht allein. Man muss nur mal mit | |
| linken Grünen über die Ökologische Transformation sprechen. Sofort kriegen | |
| sie rote Flecken und rufen: „Aber die soziale Gerechtigkeit darf nicht | |
| vergessen werden!“ Eben, möchte man rufen. Aber es nutzt nichts. | |
| Noch immer hält manch‘ aufrechter Linker Klimawandel für ein | |
| „Umwelt“-Problem und Chi-Chi für Besserverdienende. Statt den | |
| Solardach-Stromproduzenten als vorbildlichen Protagonisten der dezentralen | |
| Entmachtung der Konzerne zu respektieren, wird er als Abzocker diffamiert. | |
| Das Muster: Neoliberale Entsolidarisierung. Neid und Hass konzentriert sich | |
| auf die, mit denen man sich gegen die wirklichen Gegner verbinden muss. | |
| Klein benutzt im Gespräch das Wort „Climate justice“, Klimagerechtigkeit. | |
| Mal sehen, ob das hilft. „Klimawandel fordert die Linke heraus“, sagt sie. | |
| Um dann schnell nachzuschieben: „Es fordert die Rechte mehr heraus, aber | |
| die Linke ist auch herausgefordert.“ Sie spricht über die | |
| „extraktivistischen linken Regierungen in Lateinamerika“ und ihr | |
| Gerechtigkeitsmodell, das auf der Verteilung von Öl und Gas beruht, dass | |
| aus der Erde extrahiert wird. Sehr viel fairer als die Vorgängermodelle sei | |
| das, aber immer noch kapitalistische Wachstumspolitik, die keine Rücksicht | |
| auf das Ganze nimmt. (Die Kohle-SPD ist so gesehen auch extraktivistisch.) | |
| Bisher wurde die Diskussion ihres neuen Buches von der Frage geprägt, ob | |
| Naomi Klein den Kapitalismus überwinden will, um den Klimawandel meistern | |
| zu können. Wenn man ihr genau zuhört, muss man genauso fragen, ob Naomi | |
| Klein auch den Sozialismus und Teile des klassischen linken Denkens abhaken | |
| will, um eine Allianz für globale Klimagerechtigkeit schmieden zu können. | |
| Es wird von Bedeutung sein, ob die Linken sich auf das Mitdenken einlassen | |
| oder ob sie Klein nach alter Tradition als Abtrünnige verstoßen. | |
| 28 Mar 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Peter Unfried | |
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