# taz.de -- Lufthansa nach dem Flugzeug-Crash: Gute Vorbereitung ist alles | |
> Der Lufthansa-Krisenstab trat schon zusammen, als der Kontakt zu 4U9525 | |
> abbrach. Das macht sich bezahlt: Die Kunden bleiben der Airline treu. | |
Bild: Lufthansa-Chef Spohr macht offenbar einen vertrauensbildenden Eindruck. | |
BERLIN taz | Das Vertrauen der PassagierInnen in die Lufthansa und ihre | |
Tochter Germanwings ist offenbar trotz des vom Kopiloten herbeigeführten | |
Absturzes des Airbusses in den französischen Alpen ungebrochen. „Wir können | |
nicht erkennen, dass es einen Rückgang bei Buchungen oder auffällig viele | |
Stornierungen gegeben hat“, sagte ein Sprecher der Lufthansa. Der Konzern | |
hatte KundInnen von Germanwings kostenloses Umbuchen und Stornieren | |
angeboten. | |
ExpertInnen gehen davon aus, dass KundInnen unabhängig von der Ursache | |
eines Absturzes der betroffenen Linie den Rücken kehren – oft für immer. | |
Dass die Lufthansa darunter nicht leidet, ist auch Ergebnis ihrer | |
Kommunikationsstrategie. | |
Der Fahrplan dafür war akribisch festgelegt. „Alles, was sich vorbereiten | |
lässt, sollte vorbereitet sein“, sagte der Sprecher. Nachdem am vergangenen | |
Dienstag kein Kontakt mehr zu dem Airbus bestand, wurde sofort der | |
Krisenstab zusammengerufen. „Er ist in den Minuten zusammengetreten, in | |
denen die Maschine abgestürzt ist“, sagte der Sprecher. | |
## 170 Seiten Tweets und Bausteine | |
Nur für die Krisenkommunikation hat der Konzern ein Handbuch mit 170 | |
Seiten, in dem etwa vorbereitete Texte für Tweets, Pressetexte, | |
Rollenbeschreibungen für die Besetzung von Pressekonferenzen eine klare | |
Regie vorgeben. Der amerikanische Dienstleister Kenyon unterstützt die | |
Airline dabei. Wie viel die Krisenkommunikation kostet, will der Konzern | |
nicht kommunizieren. „Das ist ein wichtiges Thema, für das wir Geld | |
ausgeben“, sagte der Sprecher nur. | |
Spezialisten für die Bewältigung von Desastern attestieren der Lufthansa | |
eine gute Krisenkommunikation. Das liege nicht nur an der guten | |
Vorbereitung, sagte Frank Roselieb vom Krisennavigator-Institut für | |
Krisenforschung in Kiel. „Es sind auch die richtigen Köpfe am Ruder“, | |
stellte Roselieb mit Blick auf Lufthansa-Chef Carsten Spohr fest. Der ist | |
selbst Pilot und wirkt mit seinen angegrauten Haaren ausgesprochen seriös. | |
„Das schafft Vertrauen“, sagte Roselieb. | |
Richtig war offenbar auch die Entscheidung des Managements, den Absturz | |
nicht auf die Marke Germanwings zu konzentrieren, sondern ihn ohne Wenn und | |
Aber zu einer Angelegenheit des Mutterkonzerns zu machen. „Die Lufthansa | |
setzt ihre starke Marke zur Krisenbewältigung ein“, erklärte Roselieb. Sie | |
habe ein „Reputationspolster“ aus der Vergangenheit, das ihr jetzt nutze. | |
## Nur wer sich lernfähig zeigt, kann nachhaltig punkten | |
Ausgestanden sei die Krise aber nicht, betonte er. „Die Frage ist, was | |
machen Dritte aus dem Absturz?“, sagte Roselieb. Entscheidend sei, wie sich | |
die Lage langfristig entwickelt. Zum Beispiel sei es wichtig, dass der | |
Konzern spätestens am ersten Jahrestag zeige, was es aus dem Ereignis | |
gelernt hat. | |
Krisenkommunikation nach einem Unfall ist nicht selbstverständlich. Der | |
Mineralölkonzern BP hat nach der Havarie der Förderplattform Deepwater | |
Horizon im Golf von Mexiko mit enormen Umweltschäden schleppend reagiert. | |
Das Handbuch zur Krisenbewältigung war mit mehr als 600 Seiten nicht | |
einsetzbar. Nach dem Absturz einer Maschine der Billigfluglinie Birgenair | |
verzichtete die Firma ganz auf Krisenkommunikation. Es ging wenig später | |
pleite. | |
„Wir sehen bei der Lufthansa ein sehr professionelles Abarbeiten der | |
Krise“, sagte auch Thorsten Hofmann, Leiter des Instituts für Krisen- und | |
Konfliktmanagement an der Quadriga Hochschule Berlin. Reiseunternehmen sind | |
in Deutschland Vorreiter einer präventiven Krisenkommunikation, sagt er. | |
Auch die Chemieindustrie gehört zu den Vorreitern der Krisenvorbereitung, | |
denn Unfälle etwa mit Gesundheits- und Umweltgefährdungen schaden dem Image | |
der Branche und den verursachenden Unternehmen enorm. | |
30 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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