| # taz.de -- Vattenfalls Braunkohle-Tagebau: Fatal für das Klima | |
| > Schwedens Grüne geben den Widerstand gegen das Abstoßen des deutschen | |
| > Vattenfall-Tagebaus auf. Ihr Argument: Verantwortung für Steuerzahler. | |
| Bild: Zerfurchte Landschaft: Blick über die Abraumhalden im Vattenfall-Tagebau… | |
| STOCKHOLM taz | Ein Kohlebrocken begleitete Gustav Fridolin in diversen | |
| TV-Auftritten im schwedischen Wahlkampf des vergangenen Jahres. | |
| Demonstrativ legte der Grünen-Vorsitzende diesen vor sich auf den Tisch. | |
| Das Braunkohle-Engagement des Staatskonzerns Vattenfall in Deutschland zu | |
| stoppen, werde das wichtigste Regierungsziel für seine „Miljöpartiet“ sei… | |
| führte Fridolin damals aus. Ein Verkauf der Sparte sei keine Lösung – | |
| klima- und umweltschädliche Aktivitäten würden unter der Regie eines | |
| anderen Unternehmens weitergehen. | |
| Doch die Haltung der Grünen zum Verkauf hat sich offenbar grundlegend | |
| geändert. Ein Verkauf des Braunkohlegeschäfts könne aktuell werden, | |
| erklärte Schwedens grüner Finanzmarktminister Per Bolund am Montag: „Wir | |
| sind in einem Prozess.“ | |
| Und die grüne Umweltministerin Åsa Romsson bereitete die Parteibasis schon | |
| auf den Abschied von einem der grundlegenden Wahlkampfversprechen vor. Die | |
| Begründung: „Verantwortung für das Geld der Steuerzahler“ und damit | |
| Vattenfall eine treibende Kraft bei der Umstellung auf eine | |
| klimafreundliche Wirtschaft und Politik spielen könne. | |
| Prompt folgte Kritik: Der Braunkohle-Verkauf wäre „ein Schlag gegen das | |
| Klima“, kritisiert Lorentz Tovatt, Vorsitzender des grünen Jugendverbands | |
| „Grön Ungdom“. Ein neuer Eigentümer könne neue Tagebaue öffnen. Betreibe | |
| Vattenfall die Geschäfte, könne „zumindest der Status quo“ bewahrt werden. | |
| Annika Jacobsen, Schwedenchefin der Umweltschutzorganisation Greenpeace, | |
| spricht gar vom „vermutlich größten klimapolitischen Fehler, den eine | |
| schwedische Regierung machen kann“. | |
| ## Steuer für Benzin und Diesel erhöht | |
| Jonas Sjöstedt, Parteivorsitzender der oppositionellen Linkspartei | |
| verdammte den jetzigen Schwenk der Grünen per Twitter umgehend als | |
| „Umweltverrat“. Er vermutet einen Kuhhandel in der rot-grünen Regierung. | |
| Vor einigen Tagen konnte die „Miljöpartiet“ stolz vermelden, dass trotz | |
| vorherigen Widerstands der Sozialdemokraten die Steuer auf Benzin und | |
| Diesel um umgerechnet rund 5 Cent angehoben werden soll – das Nachgeben bei | |
| der Braunkohle könnte der Preis dafür gewesen sein. | |
| Die Vorbereitungen für einen Verkauf sind jedenfalls weit fortgeschritten. | |
| Der sozialdemokratische Wirtschaftsminister Mikael Damberg bekräftigte | |
| vergangene Woche, die Regierung begrüße „eine Überprüfung der | |
| Eigentümerstruktur des deutschen Braunkohlegeschäfts“. | |
| Unternehmensrechtlich hat Vattenfall die Braunkohle-Sparte in eine | |
| selbstständige Einheit ausgelagert – formal tritt diese Umstrukturierung am | |
| 1. April in Kraft. Und für diese Sparte sucht man seit Monaten nach einem | |
| Käufer – spekuliert wurde dabei etwa über den polnische Energievorsorger | |
| PGE und den tschechischen Energiekonzern EPH. | |
| ## Kabinett soll allein entscheiden | |
| Was einen baldigen Verkauf wohl noch verhindern könne, sei der Preis, meint | |
| Ingvar Mattson, Finanzanalytiker der „Swedbank“. Wolle Vattenfall schnell | |
| verkaufen – und der Konzern spricht offiziell von einem Zeitrahmen bis zum | |
| Jahresende – würde das wohl einen Schnäppchenpreis für den Käufer bedeute… | |
| Die schwedische Regierung möchte offenbar eine längere Debatte vermeiden | |
| und hat schon angekündigt, dass eine Verkaufsentscheidung keine Frage für | |
| das Parlament sei, sondern allein vom Kabinett abgesegnet werden müsse. | |
| Doch es gibt Grenzen, für wie billig Stockholm das Vermögen der Eigentümer, | |
| also der schwedischen Steuerzahler, verschleudern kann. Zumal diesen in den | |
| letzten Jahren von Vattenfall schon Milliardenverluste über Abschreibungen | |
| aus verfehlten Fossilkraftgeschäften in Polen und den Niederlanden | |
| zugemutet worden waren. | |
| Spekuliert wird über einen Verkaufspreis von umgerechnet nicht mehr als 3 | |
| Milliarden Euro – das wäre ein erneutes Verlustgeschäft für den | |
| schwedischen Staat. Warum nicht gleich behalten und die Braunkohle in den | |
| nächsten Jahren geordnet abwickeln, fragt Linken-Vorsitzender Sjöstedt. Er | |
| hofft, dass öffentliche Kritik einen Verkauf noch stoppen kann. | |
| 1 Apr 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Reinhard Wolff | |
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