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# taz.de -- Max Schrems über Daten und Facebook: „Wir Europäer haben zu vie…
> Max Schrems weiß, welche Infos Facebook von ihm gespeichert hat. Nun will
> er erreichen, dass Europa sich gegen die Sammelwut der Geheimdienste
> wehrt.
Bild: Facebookgründer, schmunzelnd.
taz: Herr Schrems, Sie wehren sich gegen den Umgang von Facebook mit den
Daten seiner Nutzer. Warum sind Sie noch dort?
Max Schrems: Was wäre die Alternative?
Sich abzumelden?
In meiner Generation sind alle bei Facebook. Okay, viele sind auch bei
Whatsapp, aber das gehört zu Facebook. Und das zeigt das Problem: Wir haben
im Netz einen Haufen von Monopolbetrieben. Im Silicon Valley hat das
Monopol System. Wer dort ein Unternehmen gründet, hat in der Regel das
Ziel, eine marktbeherrschende Stellung zu bekommen. So etwas wie
Datenschutz, Privatsphäre, das funktioniert ohne Konkurrenz nicht mehr. Die
können alle einfach machen, was sie wollen. Und dann ist es eben wie jetzt
bei Facebook: Man kann sich beschweren, so viel man will, aber das ist
denen egal. Denn wo soll man sonst hin?
Man könnte, statt gegen Facebook zu kämpfen, selbst eine Alternative
aufbauen.
Google hat es mit seinem Netzwerk Google+ nicht geschafft, da werde ich das
als einzelner Student auch nicht schaffen. Dieses Argument, mach es doch
selbst besser, ist im Online-Bereich und gerade in Deutschland sehr
beliebt. Aber wenn jemand verdorbene Kartoffeln verkauft bekommt und sich
darüber beschwert, würde keiner sagen: Dann bau sie doch selbst an. Und das
Anbauen von Kartoffeln ist nicht annähernd so schwierig wie zum Beispiel
der Aufbau einer Suchmaschine. Man darf sich also durchaus über Sachen
aufregen, ohne sie selbst besser machen zu können.
Sie meinen, das Internet wird nicht ernst genommen?
Ja, ich glaube, das ist ein großes Problem. Bei anderen Monopolen greift
die EU-Kommission sofort ein. Da ist die Politik einfach hinterher. Aber
bei Netz-Konzernen dauert es ewig. Und wenn der Präsident des EU-Parlaments
Martin Schulz – so nett er auch ist – stolz sein altes Nokia-Handy in die
Kamera hält, dann habe ich nicht das Gefühl, dass er weiß, was meine
Generation für Probleme hat.
Gibt es ordentliche Netzpolitik also erst mit der nächsten Generation von
Politikern?
Zumindest erst dann, wenn die Politik verstanden hat, wie relevant der
digitale Markt ist. Und es sind nicht nur die Politiker. Für einen großen
Teil der Gesellschaft ist Google das Internet. Meine Mutter weiß gar nicht,
wie man diese Adresszeile im Browser benutzt. Dass man Webseiten direkt
ansurfen kann, ohne über Google zu gehen. Und Google selbst tut alles
dafür, dass die Leute auch keine anderen Dienste mehr brauchen.
Sie sind gerade vor den EuGH gezogen. Sie wollen verhindern dass die
EU-Kommission die Weitergabe von persönlichen Daten in die USA erlaubt. Das
sogenannte Safe-Harbor-Abkommen. Was passiert, wenn Sie vor Gericht
gewinnen?
Das hängt weniger von der Entscheidung selbst ab, als von der Begründung.
Wenn das Gericht sagt: Massenüberwachung lässt sich grundsätzlich nicht mit
den Grundrechten vereinbaren, dann haben die Googles und Microsofts ein
großes Problem. Dann reißt es ihnen den Arsch auf, wie wir hier in
Österreich sagen. Denn in den USA sind die Konzerne verpflichtet, die Daten
an Geheimdienste rauszurücken. Mit einer entsprechenden Begründung wäre die
Weitergabe in die USA und damit an die Geheimdienste nicht mehr erlaubt.
Und dann?
Brauchen wir eine politische Entscheidung. Eine Einigung zwischen Europa
und den USA.
Die könnte man jetzt auch schon haben.
Ja, aber bislang gibt es keine, weil die Europäer zu viel Schiss haben. Die
halten Wegzuschauen für eine Lösung und sagen höchstens: Ach, wir schreiben
noch ein Briefchen. Sie haben einfach Angst davor, dass die USA sich
kritisiert fühlen, das die transatlantischen Beziehungen Schaden nehmen
könnten. Daher ziehen sie den Schwanz ein. Mit einer deutlichen
EuGH-Entscheidung würde es endlich mal genügend Druck geben. Und so eine
Einigung ist durchaus machbar. Schließlich ist der Datenschutz nicht der
einzige Fall, in dem in zwei Ländern unterschiedliche Regeln gelten. Bei
Steuern zum Beispiel gibt es auch Abkommen. Und es kann nicht sein, dass
die Amis sagen: Unser Recht gilt weltweit und eures nichts.
Die NSA würde aber auch ohne Safe Harbor an das kommen, was sie haben will.
Die US-Regierung nimmt sich beispielsweise das Recht heraus, Ausländer
praktisch ohne Kontrolle zu überwachen.
Die Klage ist nur ein Mosaikstein. Gegen Überwachung mittels Hacking und
staatlicher Trojaner hilft sie gar nicht. Aber immerhin ist jetzt das Thema
mal oben angekommen. Das hat lange genug gedauert.
Sie hatten bei Facebook Ihre Daten angefordert und 1.200 zurück Seiten
bekommen. Wie lange waren Sie zu dem Zeitpunkt schon bei dem Netzwerk
aktiv?
Drei Jahre ungefähr. Aber ich war nicht sehr aktiv, ich hab vielleicht
einmal die Woche was gepostet. Bei richtig aktiven Nutzern muss sich also
ein Vielfaches ansammeln.
Über welchen von Facebook gespeicherte Daten haben Sie sich am meisten
gewundert?
Bei keinen, ich hatte mit allem gerechnet. Was mich eher gewundert hat,
ist, dass Facebook die Daten überhaupt rausgerückt hat. Jedes andere
Unternehmen, das man anfragt, sagt einfach: Wir haben nichts.
Ein Zeichen des guten Willens?
Ich hab später mal nachgefragt – angeblich gab es ein internes
Kommunikationsproblem.
Warum gehen Sie gegen Facebook vor – und nicht gegen Google oder Microsoft,
die ähnlich lax mit der Privatsphäre der Nutzer umgehen?
Das ist Zufall. Ich habe ein Semester im Silicon Valley studiert und dort
ein Seminar zum Thema Privacy besucht. Da haben uns Leute aus großen
US-Konzernen erzählt, wie sie es mit dem Datenschutz halten. Sie machen mit
einer schönen Power-Point-Präsentation eine Runde bei ein paar europäischen
Datenschutzbeauftragten. Die fühlen sich dann gebauchpinselt und beschweren
sich später nicht. Die Unternehmen machen, was sie wollen. Facebook war
damals neu und spannend und ich habe es genutzt und da dachte ich mir: Ich
will wissen, was sie wissen.
3 Apr 2015
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Max Schrems
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