# taz.de -- Kolumne Macht: Ein vorhersehbares Blutbad | |
> Dem kenianischen Präsidenten Uhuru Kenyatta spielte die Trägödie von | |
> Garissa, bei der 147 Menschen starben, in die Hände. Mindestens. | |
Bild: Überlebende des Massakers von Garissa. | |
Bei dem kenianischen Präsidenten Uhuru Kenyatta werden sich in diesen Tagen | |
die Beileidsbekundungen stapeln; es gehört zu den internationalen | |
diplomatischen Gepflogenheiten, einem Staatsoberhaupt zu kondolieren, in | |
dessen Land sich eine Tragödie ereignet hat. Eigentlich ist das eine schöne | |
Geste. Aber in diesem Fall vielleicht doch überflüssig. | |
Es gibt nämlich keinen Hinweis darauf, dass Uhuru Kenyatta traurig, | |
erschüttert oder auch nur betrübt ist über den terroristischen Angriff auf | |
die Universität der ostkenianischen Stadt Garissa, bei dem mindestens 147 | |
Menschen starben, die meisten von ihnen Studenten. | |
Manches deutet darauf hin, dass es dem Präsidenten ziemlich egal ist, was | |
da in der Provinz passiert. Abgesehen von der Tatsache, dass er das | |
Ereignis nutzt, um politische Ziele zu verfolgen und sich über ein | |
wichtiges Gerichtsurteil hinwegzusetzen. | |
Das Blutbad war vorhersehbar. Die Frage war nicht, ob sich etwas Derartiges | |
ereignen würde, sondern nur: wann. Seit die kenianische Armee im Herbst | |
2011 in Somalia einmarschiert ist, um die islamistische Miliz al-Shabaab zu | |
bekämpfen, ist die Bevölkerung in den Regionen unweit der 700 Kilometer | |
langen Grenze dem Terror von Vergeltungsschlägen weitgehend schutzlos | |
ausgeliefert. | |
## Schauplatz von Massakern | |
Vor gerade einmal zwei Wochen haben die Parlamentarier des Grenzdistrikts | |
Mandera, der ebenfalls bereits Schauplatz von Massakern gewesen ist, der | |
Regierung Tatenlosigkeit vorgeworfen und die Stationierung von Truppen | |
entlang der Grenze gefordert. Keine Reaktion. Wenn man davon absieht, dass | |
seltsame Pläne veröffentlicht wurden, denen zufolge die Regierung | |
beabsichtigt, eine Mauer zu bauen und sich dabei an Vorbildern wie den USA | |
und ihrer Grenze zu Mexiko sowie Israel und der Abgrenzung zu Palästina | |
orientieren möchte. Das kann man in einer Gegend ohne Straßen und | |
Stromversorgung eigentlich nur als humoristischen Beitrag zur Debatte | |
verstehen. | |
Natürlich ist eine Universität kein Hochsicherheitstrakt, und | |
selbstverständlich lassen sich Terroranschläge nicht vollständig | |
verhindern. Aber es soll konkrete Warnungen vor einem Anschlag auf die | |
Universität von Garissa gegeben haben. Und selbst wenn es die nicht gegeben | |
hat: Zwei Polizisten waren zum Schutz für die Einrichtung in einer | |
gefährdeten Stadt abgestellt. Zwei! Die beiden sind, wenig überraschend, | |
jetzt tot. | |
Wieso war die Uni nicht besser geschützt? Der Präsident sagt: Es herrscht | |
akuter Personalmangel bei der Polizei. Warum herrscht akuter | |
Personalmangel? Weil ein kenianisches Gericht im letzten Jahr die | |
Immatrikulation von 10.000 Polizeianwärtern mit der Begründung gestoppt | |
hat, das Auswahlverfahren sei korrupt und ein offener Bruch der Verfassung | |
gewesen. Das hat dem Präsidenten nicht gefallen. Und jetzt, nach dem | |
Massaker in Garissa, hat er den Polizeichef angewiesen, mit der Ausbildung | |
der Anwärter sofort zu beginnen – ungeachtet des noch schwebenden | |
Berufungsverfahrens. | |
Nein, ich kann nicht beweisen und will nicht behaupten, dass Uhuru Kenyatta | |
das Massaker in Garissa vorhergesehen hat. Aber es lässt sich kaum leugnen, | |
dass es ihm durchaus gelegen kam. Wenn ich die Mutter einer der Getöteten | |
wäre: Ich wüsste nicht, wohin mit meinem Zorn. Das ist wörtlich zu | |
verstehen. Wer hilft den Opfern in Kenia? | |
3 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
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