# taz.de -- Mysteriöses Massengrab im Kongo: Faule Ausrede für „faulende Le… | |
> Ein Massengrab mit 425 Toten in Kinshasa erregt die Öffentlichkeit. | |
> Handelt es sich um Opfer der Proteste vom Januar? | |
Bild: Während der Januarproteste soll es Dutzende Tote gegeben haben. | |
BERLIN taz | Die Sache stinkt. 425 teils stark verweste Leichen hat die | |
Bevölkerung eines Außenviertels der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa in | |
einem Massengrab entdeckt. Nun tobt der Streit, wer die Toten sind. | |
Nach offiziellen Angaben leerten die Behörden am 19. März die Leichenhalle | |
des städtischen Krankenhauses der 10-Millionen-Stadt Kinshasa, weil sie | |
voll war und „man nicht mehr wusste, wohin damit“, wie es in einem von | |
Zeitungen zitierten Bericht des Innenministers Evariste Boshab heißt. | |
Die Toten, mehrheitlich Totgeburten, aber auch unbekannte Verstorbene, | |
seien in der Nacht zum 20. März nach Maluku gebracht worden, eine Gemeinde | |
am Kongo-Fluss am südöstlichen Rand von Kinshasa, um in einem | |
Gemeinschaftsgrab beigesetzt zu werden. | |
„Zwei große Lastwagen sollen gekommen sein, um faulende Leichen abzuladen, | |
die man dann nachts begraben hat, und der Ort soll seit einigen Tagen | |
schlecht riechen“, sagte der Wahlkreisabgeordnete Martin Fayulu, Leiter der | |
Oppositionspartei Ecide (Bürgerengagement für Entwicklung), am vergangenen | |
Donnerstag im Parlament – erst dadurch wurde die Sache öffentlich. | |
Die Massenbeisetzung erfolgte gegen 4 Uhr morgens ohne Vorwarnung. Den | |
Anwohnern wurde verboten, sich zu nähern. Sie guckten später natürlich | |
nach, bemerkten ein stinkendes umgegrabenes Feld mit Leichenteilen darin | |
und alarmierten die UN-Mission im Kongo (Monusco). Diese bat Kongos | |
Staatsanwaltschaft um Aufklärung; die Bitte ging an das Innenministerium | |
und von dort an Kinshasas Stadtverwaltung. | |
## Massenproteste gegen Wahlverschiebung | |
Die offiziellen Erklärungen, man habe bloß die städtische Leichenhalle | |
geleert, beruhigen die Öffentlichkeit nicht. Normalerweise wartet man damit | |
nicht, bis in der Leichenhalle 400 Tote verfaulen, heißt es; man würde | |
eigentlich rechtzeitig das Rote Kreuz einschalten. Könnte es sich, so wird | |
stattdessen gefragt, um Opfer der Massenproteste vom Januar gegen eine | |
Verschiebung der für 2016 angesetzten Wahlen handeln? | |
Die Regierung hatte damals von 12 Toten gesprochen, Menschenrechtsgruppen | |
von 43, einzelne Oppositionelle von über 140. Das Schicksal einiger damals | |
Festgenommener ist unbekannt, ebenso die Zahl der Opfer von | |
Polizeioperationen gegen Gangs in Kinshasas Slums in den letzten Jahren. | |
„Weisen die Leichen Schussverletzungen oder andere Zeichen von | |
Gewalteinwirkung auf?“, fragt die Gruppe Asadho (Afrikanische Vereinigung | |
zur Verteidigung der Menschenrechte). „Starben die Menschen durch Folter | |
oder unmenschliche Behandlung? Starben sie eines natürlichen Todes?“ | |
Nachdem am vergangenen Freitag Kongos Justizministerium eine Exhumierung | |
der Leichen angeboten hatte, sagte Regierungssprecher Lambert Mende am | |
Montag, dies sei nicht möglich. Derweil sind Ermittler der kongolesischen | |
Polizei und der Armee am Massengrab eingetroffen. | |
7 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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