# taz.de -- 7. Interamerikanischer Gipfel: Wendepunkt für eine Weltregion? | |
> Der Handschlag zwischen Castro und Obama wird in die Geschichte eingehen. | |
> Für die USA steht ein Neuanfang an – nicht nur gegenüber Kuba. | |
Bild: Raul Castro und Barack Obama. | |
HAMBURG taz | 80 Minuten, die in die Geschichtsbücher eingehen werden. | |
Solange dauerte das Treffen zwischen Barack Obama und seinem kubanischen | |
Amtskollegen Raúl Castro, das am Samstag am Rande des 7. | |
Interamerikanischen Gipfels in Panama stattfand. | |
Es war das erste direkte Gespräch zwischen einem kubanischen Regierungschef | |
und seinem US-amerikanischen Pendant seit 1956. Da trafen sich, ebenfalls | |
in Panama, Dwight D. Eisenhower und Diktator Fulgencio Batista, der wenige | |
Jahre später von den bärtigen Rebellen um Fidel und Raúl Castro gestürzt | |
wurde. | |
„Ein historisches Treffen“, so Barack Obama, der betonte, dass es Zeit sei | |
etwas Neues auszuprobieren. Dazu ist der US-Präsident bereit – wie die | |
Entscheidung des State Department zeigt, dass dem Kongress kurz vor Beginn | |
des Gipfels in Panama empfahl, Kuba von der Liste der Unterstützerstaaten | |
des Terrorismus zu nehmen. | |
Für Kuba ist das die Voraussetzung, um die diplomatischen Beziehungen | |
wieder aufzunehmen und die Interessensvertretungen in Havanna und | |
Washington wieder zu Botschaften aufzuwerten. Auf der schwarzen Liste der | |
Terrorstaaten, die alljährlich vom Außenministerium erstellt wird, steht | |
Kuba seit 1982 – neben dem Iran, Sudan und Syrien. | |
Zu Unrecht wie Raúl Castro betonte und diese Einschätzung teilt auch das | |
Gros der Experten. 45 Tage hat der US-Kongress nun Zeit, um gegen die | |
Streichung Kubas von der Terrorliste Einspruch zu erheben. Doch Obama kann | |
die historische Entscheidung auch per Veto durchsetzen und so den Weg für | |
die Normalisierung der Beziehungen zwischen den alten Klassenfeinden frei | |
machen. | |
## Zivilisierte Koexistenz und ihre Widersprüche | |
Ein Schritt zur „zivilisierten Koexistenz“, auf die Kubas 83-jähriger | |
Staatschef Raúl Castro in Zukunft hofft. „Wir können über alles reden, aber | |
wir müssen geduldig sein, sehr geduldig“, mahnte er. Dabei werde es auch | |
weiter Differenzen geben, so Obama. Die USA würden weiterhin auf Demokratie | |
und die Einhaltung von Menschenrechten drängen. | |
Dass die beiden Länder in diesem Punkt extrem weit auseinanderliegen, | |
bewies auch der Amerika-Gipfel. So gab es neben dem von beiden Staatschefs | |
bewiesenen Willen zum Dialog und zur Überwindung der Vergangenheit auch | |
handfeste Auseinandersetzungen zwischen der offiziellen kubanischen | |
Delegation und den Vertretern aus dem Exil und der Opposition von der | |
Insel. | |
Beide Seiten sollten am Forum der Zivilgesellschaft teilnehmen, das | |
parallel zum Gipfel der Staatschef stattfand, aber nach handgreiflichen | |
Auseinandersetzungen am Freitag, verließ die offizielle Delegation das | |
Forum unter Protest: „Die revolutionäre kubanische Delegation, die wahre | |
Zivilgesellschaft, verließ den Saal, weil wir nicht in dem gleichen Raum | |
sein können, wie die Terroristen einer mutmaßlichen Zivilgesellschaft, die | |
nicht die unsere ist – die bezahlt und manipuliert ist“, erklärte Luis | |
Morlote, Präsident der offiziellen Kulturstiftung Hermanos Saíz. | |
Als Söldner, mercenarios, werden die oft von den USA unterstützten | |
Oppositionsgruppen im offiziellen Kuba genannt und auch das Wort gusanos, | |
Würmer, machte die Runde. So werden oppositionelle Exilkubaner im | |
offiziellen Kuba abschätzig genannt. | |
## Dialog auch mit Venezuela? | |
Die ideologischen Gräben ziehen sich dabei auch durch die Familien, wie das | |
Beispiel von Silvio Rodríguez zeigt. Der Folksänger, erklärter Anhänger der | |
kubanischen Revolution, trat zum Auftakt des Gipfels an der Universität | |
auf, während sein Sohn Silvito El Libre, ein revolutionskritischer | |
Rap-Sänger, im Rahmenprogramm des Gipfels zu sehen war. Das ist Teil der | |
kubanischen Realität. Und die unterscheidet sich deutlich vom entspannten | |
Ton der beiden Staatschefs. | |
Deren Treffen stand im Mittelpunkt des Gipfels. Doch Obama nutzte die Bühne | |
auch, um offensiv für ein neues Kapitel des US-Engagements in der Region zu | |
werben. Dabei traf er auch Venezuelas Präsident Nicolás Maduro zu einem | |
kurzen Gespräch, wobei es um die von Washington verhängten Sanktionen | |
gegenüber Caracas ging. Dieses Treffen könnte, so die Hoffnungen, den | |
Auftakt für ein Dialog zwischen Washington und Caracas bilden, die sich | |
verbal in den letzten Monaten auf Konfrontationskurs befanden. | |
Die im März erfolgte Entscheidung, Venezuela zu „einer Bedrohung der | |
nationalen Sicherheit der USA“ zu erklären, hatte die US-Delegation schon | |
im Vorfeld des 7. Amerika-Gipfel abzuschwächen versucht. Der Gipfel sollte | |
eigentlich neue Initiativen im Bereich der Bildung und Armutsbekämpfung | |
liefern. Doch konkrete Vereinbarungen wurden nicht verabschiedet. | |
12 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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